Seewölfe Paket 17. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397754
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Ohren. Der gefährliche Rammsporn war plötzlich verschwunden, und von dem gesamten Backaufbau waren nur noch Bruchstücke zu erkennen.

      Die Galeere geriet augenblicklich aus dem Kurs, denn die Ruderknechte dachten nicht mehr daran, als Kugelfang zu dienen. Sie ließen die Riemen fahren und versuchten, in Dekkung zu gehen.

      „Und jetzt geben wir ihnen den Rest!“ befahl der Seewolf. „Paßt auf, daß die Schüsse nicht zu hoch liegen, sonst blasen wir am Ende noch Arne einige Pfunde Eisen zwischen die Rippen. Steuerbordseite Kuhl – Feuer!“

      Sofort senkten die Männer an den vier 25pfündern die Zündschnüre auf die Bodenstücke der Geschütze, dann drückten sie die Luntenstöcke fest auf die Öffnungen der Zündkanäle. Mit einem gewaltigen Fauchen rasten die Kugeln aus den Rohren, die Kanonen rollten in den Holzlafetten zurück und wurden von den Brooktauen abgebremst.

      Das Inferno ließ das ganze Schiff erzittern. Dunkler, fetter Qualm stieg auf, während die Kugeln über die See orgelten und wie Blitzschläge in die Galeere hieben.

      Kaum war der Donner verstummt, mischte sich die „Wappen von Kolberg“ ein. Die Mündungsflammen ihrer Backbordgeschütze stachen grell aus den Rohren und jagten ihre Kugeln von der anderen Seite her in den Leib der Galeere.

      Das höllische Bersten und Krachen dauerte nur einen Augenblick. Das Flaggschiff war buchstäblich in Stücke gerissen worden. Trümmer flogen durch die Luft, Masten splitterten und stürzten ins Wasser, Planken wirbelten durch die Gegend. Das Gebrüll der Besatzung verriet totale Panik. Wer noch konnte, sprang über Bord, um wie vom Teufel gejagt davonzuschwimmen. Niemand wollte von dem sinkenden Wrack in die Tiefe gerissen werden.

      „Die haben ihr Fett!“ stellte der Profos überflüssigerweise fest. „Sie wollten es ja nicht anders haben.“

      Inzwischen waren die drei anderen Galeeren ziemlich nahe heran und begannen, aus ihren Buggeschützen zu feuern. Eine Kugel raste gefährlich dicht über die Galion der „Isabella“ weg und schlug in die sinkenden Trümmer des ehemaligen Flaggschiffs. Ein weiteres Geschoß streifte die Querbalustrade, die die Back zur Galion hin abgrenzte.

      Dan und Gary, die sich wegen der Drehbassen in unmittelbarer Nähe befanden, kriegten einige Splitter um die Ohren. Aber sie hatten Glück, die Sache war mit einigen Kratzern abgetan. Auch am Schiff entstand kein größerer Schaden.

      Die Galeeren griffen mit dem Mut der Verzweiflung an, denn für einen Rückzug war es jetzt zu spät. Außerdem fühlten sie sich ja immer noch in der Überzahl – trotz der Vernichtung ihres Flaggschiffs.

      „Die Lücken sind noch immer groß genug!“ rief der Seewolf. „Los, wir segeln hinein, und dann feuern wir aus allen Knopflöchern!“

      Rasch winkte Hasard zu Arne hinüber. Seine Geste wurde sofort beantwortet. Beide Galeonen liefen direkt auf die Linie der herankrebsenden Galeeren zu, auf denen man in Windeseile die Segel barg.

      Die Kommandanten der polnischen Schiffe durchschauten die Absicht der Galeonen-Kapitäne und versuchten eilig, ihren Kurs zu ändern. Aber es war bereits zu spät dazu, die beiden Schiffe auf die „Hörner“ zu nehmen. Die Polen hatten, wie der Seewolf schon einmal festgestellt hatte, ihre Linie zu weit ineinandergezogen.

      Bevor die Galeeren mit ihren Rammsporen irgendwelchen Schaden anrichten konnten, befanden sich die Galeonen auf gleicher Höhe mit ihnen.

      Das Donnern der Drehbassen, Musketen und Tromblons, die auch auf der „Isabella“ und der „Wappen von Kolberg“ voll im Einsatz waren, rollte wie ein Gewitter über die Wasserfläche.

      Dann schien sich urplötzlich erneut der Schlund der Hölle zu öffnen und alles an Feuer, Tod und Verwüstung auszuspeien, was in ihm war.

      Auf beiden Seiten der „Isabella“ brüllten je drei 17pfünder des Vordecks und vier 25pfünder der Kuhl auf. Von Steuerbord und Backbord aus rasten je sieben schwere Kanonenkugeln fauchend und zischend auf die Galeeren zu und verwandelten sie in Wracks. Dabei hatte die „Isabella“ ihre Culverinen oberhalb und unterhalb des Quarterdecks noch gar nicht zum Einsatz gebracht. Wie es schien, war dies auch nicht mehr nötig, denn das Schiff der Seewölfe hatte sich auch mit einem Teil seiner Stücke schon in eine feuerspeiende Festung verwandelt.

      Auf der „Wappen von Kolberg“ wummerten die Culverinen ebenfalls. Die Galeone hatte sich zur selben Zeit wie die „Isabella“ in die feindliche Linie geschoben.

      Naturgemäß erwischte es die mittlere der drei Galeeren am härtesten, da sie je eine Breitseite von beiden Galeonen empfing. Die Treffer hieben sie in Stükke, der Besatzung blieb nur noch der Sprung über Bord.

      Von den beiden letzten polnischen Schiffen stand eins in Flammen und sackte über das Heck weg, das andere krängte durch die Einschläge unterhalb der Wasserlinie so stark nach Steuerbord, daß sein Sinken nur eine Zeitfrage war.

      Überall sprangen Soldaten, Ruderknechte und Besatzungsmitglieder über Bord. Niemand dachte mehr daran, die beiden Segler zu beschießen.

      „Die Küste ist nicht weit entfernt, sie werden sie schwimmend erreichen können“, sagte Ben. Seine Blikke wanderten über das Bild der Verwüstung. Wohin man blickte, sah man Menschen, die um ihr Leben schwammen, dazwischen trieben Planken, Maststücke, Segelfetzen, Stengen, Fässer und Holzteile.

      Old O’Flynn räusperte sich.

      „Ich schätze, die Bernsteinjäger haben vorerst die Nase voll.“

      „Das ist anzunehmen“, sagte Hasard. „Wir haben schließlich auch noch eine andere Aufgabe, als uns ständig mit polnischen Verbänden herumzuschlagen.“

      Der alte O’Flynn rieb sich zufrieden die Hände.

      „Weißt du, auf was ich jetzt Lust habe, Sir?“

      Der Seewolf sah ihn abwartend an.

      „Zwei Wünsche habe ich“, fuhr Old Donegal fort. „Zuerst einmal möchte ich zur Vorpiek gehen, um dem Generalkapitän zu berichten, warum es hier so gewaltig gekracht und gedonnert hat. Sein Gesicht würde mich schon im voraus für allen zukünftigen Ärger entschädigen. Und dann – äh – möchte ich mir noch einen Schlag Erbsensuppe aus der Kombüse holen.“

      Die Seewölfe brachen in schallendes Gelächter aus ob der seltsamen Gelüste des alten O’Flynn. Die Mittagszeit war zwar erreicht, aber das Backen und Banken hatte heute, bedingt durch die turbulenten Ereignisse, etwas früher stattgefunden. Alle fühlten sich noch satt, nur Old Donegal schien dieses Mal ein Loch im Magen zu haben.

      Die Lage an Bord der „Isabella“ normalisierte sich rasch wieder, und beide Galeonen verließen schon kurze Zeit nach dem Gefecht die samländischen Küstengewässer mit Kreuzschlägen westwärts …

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      1.

      Hundewache!

      Beliebt war sie nicht an Bord der „Isabella“, aber ebenso zwingend notwendig wie alle anderen Wachen.

      Damit es dem Decksältesten Smoky nicht so schwerfiel, aus der Koje zu klettern, purrte ihn der belesene Kutscher mit einem aus Wismar überlieferten, aber humorvoll abgewandelten Text hoch. Der Kutscher stellte sich vor Smokys Koje und sang getreu nach der alten Überlieferung:

      „Reise, Quartier, in Gottesnaam, Kain hett sien Broder Abel dootslahn,

      Wenn ji nich ut de Koj rutkam, dann ward ji dat nich bäter gahn.“

      Smoky erhob sich gähnend und sah den Kutscher mißmutig an.

      „Darüber soll ich wohl auch noch lachen, was?“ brummte er etwas schlaftrunken.

      „Mußt du nicht, das überlasse ich dir.“

      „Ah, verdammt, Hundewache. Wie spät ist es, Kutscher?“

      „Logischerweise