Seewölfe Paket 7. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954394968
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kurze Sätze und schloß mit den Worten: „Gott empfohlen, der seiner Seele gnädig sei. Amen!“

      „Amen“, antwortete dumpf der ganze Chor harter Seeleute.

      Die Rutsche wurde geneigt. Der verhüllte Körper glitt in die blaugrüne See, als hätte er es eilig, den Grund zu erreichen.

      Eine Weile konnten sie das Bündel verfolgen, dann deckte die See es zu und ließ es verschwinden.

      Die ins Gei gehängten Segel wurden gesetzt, und die „Tierra“ nahm wieder Fahrt auf.

      Erst am nächsten Tag meldete der Ausguck das Dorf, das sich in einer kleinen Bucht versteckt zwischen Mangrovendickichten befand. Es waren Hütten, die teilweise auf langen Stämmen im Wasser standen, aber es gab auch andere, die man an Land in das Dickicht hineingebaut hatte.

      Capitan De Aragon ließ beidrehen und ging in den Wind. Dabei beobachtete er das Dorf, sah aber keinen einzigen Eingeborenen.

      „Es muß das Dorf sein, von dem Virgil erzählte“, sagte er zu Lopez. „Sind die Culverinen geladen, sind an alle Männer genügend Waffen verteilt worden?“

      „Si, Senor Capitan. Ich erwarte Ihre Befehle.“

      Die „Tierra“ hatte auf jeder Seite drei Siebzehn-Pfünder-Culverinen, an denen die Männer standen. Die Stückpforten waren hochgezogen, doch noch bevor De Aragon näher an die Bucht heranmanövrieren konnte, sahen sich die Männer besorgt und erstaunt zugleich an.

      Es war wie verhext. Der Wind begann zu drehen und wurde böig. Kleine harte Wellen entstanden im Wasser. Der ablandige Wind drückte die Galeone sanft, aber unnachgiebig wieder vom Land fort.

      De Aragon fluchte unterdrückt. Er biß die Zähne zusammen und wartete. Sie hatten Zeit.

      4.

      Es war der erste März 1585, als die „Isabella VIII.“ unter dem Seewolf Philip Hasard Killigrew nach fast tausend Meilen, die sie von Manila über Palawan geführt hatten, die Rieseninsel Kalimantan erreichte.

      An diesem frühen Morgen hockte der schwarzhaarige, schlaksige Moses Bill im Ausguck, der Bengel, wie er an Bord von allen genannt wurde.

      Außer Wasser hatte er tagelang nichts gesehen, und so war er für jede noch so kleine Abwechslung dankbar, die diesmal in Gestalt des Kutschers erschien.

      Er schlurfte aus dem Mannschaftsraum an Deck, gähnte laut und ausgiebig, reckte seine magere Brust heraus und angelte dann mit einer Lederpütz nach Wasser.

      Bill schaute ihm aus seiner luftigen Höhe zu und grinste, als der Kutscher zum zweiten Mal gewaltig das Maul aufriß und gähnte, als wolle er die „Isabella“ einschließlich der überlangen Masten verschlingen.

      Er trug nur eine Hose, und die wurde jetzt klatschnaß, als er sich die Pütz mit Meerwasser kurzerhand über den Schädel stülpte, daß es an allen Seiten von ihm hinuntertroff. Danach schüttelte er sich wie ein nasser Hund und verschwand in der Kombüse, wobei er das Schott offenließ.

      Bill fand Gefallen daran, die Seewölfe zu mustern, wenn sie an Deck erschienen, manche frisch und ausgeschlafen, andere knurrig und verpennt. Inzwischen kannte er von jedem einzelnen die morgendlichen Angewohnheiten.

      Batuti, der alte O’Flynn, Gary Andrews, der ehemalige Schmied von Arwenack, Big Old Shane und Al Conroy schliefen in diesen tropischen Breiten bei ruhiger See meist an Deck, und als der Kutscher jetzt in seiner Kombüse verschwunden war, schliefen sie alle noch weiter.

      Der Schiffszimmermann Ferris Tucker, zum Beispiel, überlegte Bill gerade, hatte immer die Angewohnheit nach dem Aufstehen zuerst eine ganze Weile schweigend am Schanzkleid zu stehen und ziemlich grimmig auf das Wasser zu blicken.

      Matt Davies und Pete Ballie begrüßten sich meist immer mit: „Na, du alter Affenarsch!“ Smoky verschwand regelmäßig und ziemlich schnell auf dem Bordklo.

      Carberry hingegen, der Zuchtmeister und Profos, ließ meist gewaltige Blähungen ab und unternahm nach der Morgenwäsche seine Wanderung durch das Schiff.

      Land war immer noch nicht zu sehen, als der Kutscher mit einem Abfallkübel auf dem Deck erschien.

      Entweder hatte er noch nicht ausgeschlafen, oder er war in Gedanken versunken, denn er wanderte mit dem Eimer direkt nach Luv, um ihn auszuleeren.

      Der Kutscher würde den ganzen Dreck um die Ohren kriegen, überlegte der Bengel, denn er kannte den Bordspruch der „Isabella“, der von Big Old Shane stammte, und den auch der Profos gern gebrauchte, und der da hieß: „Wer gegen den Wind pißt, kriegt nasse Hosen.“

      Das wollte er dem Kutscher gerade zurufen, doch der hatte es jetzt ebenfalls bemerkt, schüttelte den Kopf und ging nach Lee hinüber.

      Er holte weit aus – und warf den Abfallkübel einschließlich Inhalt über Bord. Dann beugte er sich ungläubig über das Schanzkleid, blickte dem entschwindenden Kübel nach und begann laut und lästerlich zu fluchen.

      Der Bengel amüsierte sich köstlich, denn nach dem lautstarken Gefluche des Kutschers erwachten Batuti und ein paar andere.

      „Was is, Kutscher“, schrie der Gambia-Neger, „warum groß schreien mitten in Nacht? Du besoffen, he?“

      „Quatsch keinen Quatsch, du triefäugige Miesmuschel!“ rief der Kutscher erbost. „Es ist heller Tag, Zeit, daß du endlich mal ausgepennt hast und die anderen auch.“

      „Müßt ihr lausigen Meermänner morgens immer so schreien?“ begann der alte O’Flynn zu wettern und erhob sich grummelnd. Er hatte ebenfalls ziemlich laut geschrien, und so blieb es nicht aus, daß auch die letzten Schläfer erwachten und sich gegenseitig anbrüllten, was denn los sei und weshalb es, verdammt noch mal, schon wieder Krach gäbe.

      Das lockte schließlich den Profos an Deck, Edwin Carberry, der sein gewaltiges Amboßkinn vorreckte und die Kerle einen nach dem anderen, ungnädig musterte.

      „Hoppauf, ihr karierten Affenärsche“, sagte er und blickte nach oben, dem grinsenden Bengel genau in das Gesicht.

      „Hast du im Ausguck auch nicht gepennt?“ rief er hinauf.

      „Nein, Mister Carberry!“

      Bill wartete darauf, daß der Profos das übliche Geräusch von sich gab, doch diesmal gähnte er nur, begann seinen Inspektionsgang und ging nach achtern.

      „Die Schoten etwas dichter holen“, sagte er kurz, als er zurückkehrte. „Seht ihr das denn nicht von selbst, ihr lausigen Kanalratten, was, wie?“

      Die Schoten, das am meisten beanspruchte Tauwerk an Bord, wurden dichter geholt, und der Profos nickte zufrieden. Er vergaß auch nicht, einen Blick in die Kombüse zu werfen, wo der Kutscher in zwei riesigen eisernen Pfannen Speck ausbriet.

      „Ist dir eine Laus über die Leber gekrochen?“ fragte Carberry, als er des Kutschers mißmutiges Gesicht sah.

      „Nee, aber ich habe aus Versehen den Abfallkübel über Bord geschmissen.“

      „Das tust du doch jeden Tag.“

      „Dann würde ich jeden Tag einen neuen Kübel brauchen. Nicht den Inhalt, doch den auch, aber den Kübel gleich mit.“

      „Sei froh, daß du an dem Kübel nicht auch noch mit drangehangen hast“, sagte Ed grinsend. „Sonst brauchen wir jeden Tag einen neuen Kutscher.“

      Der Kutscher, dessen eigentlicher Name der ganzen Crew bis heute ein ungelöstes Rätsel war, fand das gar nicht witzig.

      „Kein Mensch versteht mich“, beklagte er sich, „von euch lausigen Kerlen kriegt man nur dämliche Antworten. Wo, zum Teufel, soll ich denn jetzt den Abfall aufbewahren? Ich kann doch nicht mit jeder Handvoll Dreck über das Schiff laufen.“

      Carberry klopfte ihm mit seiner mächtigen Pranke auf die Schulter, daß der Kutscher fast in die Knie ging.

      „Ferris