Seewölfe Paket 7. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954394968
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vielleicht voller Leben war, bevor die „Isabella“ vor Anker ging. Das hatte sich auf die Tierwelt störend ausgewirkt, aber jetzt empfanden sie das Schiff nicht mehr als Eindringling. Es gehörte ganz einfach zu der Bucht.

      Kreischende Vögel zogen vorüber, noch bevor die Sonne richtig aufgegangen war, eine ganze Affenhorde brüllte und schrie, und aus dem Wasser schnellten Fische in hohem Bogen empor.

      In den Mangrovendickichten zeterte und schrillte es, dazwischen zirpten Zikaden, schrien unbekannte Tiere und keckerten kleine Affen derart laut, daß sich dem Schimpansen Arwenack die Haare aufrichteten.

      Carberry und Tucker brüllten die Männer buchstäblich aus dem Schlaf, und wer noch einmal einnickte, den rissen Tuckers sinnige Sprüche hoch.

      „Acht Glasen hat’s geschlagen, hört ihr nicht den Holzwurm nagen!“

      Luke Morgan, auf dessen fast kahlem Schädel die ersten spärlichen Borsten seit dem Unfall sprossen, hielt sich die Ohren zu.

      „Ich kann Tuckers blöden Holzwurm nicht mehr hören“, beschwerte er sich laut. „Hat der denn nichts anderes mehr unter seinem rothaarigen Urwald?“

      „Der steckt selber voller Holzbohrwürmer“, sagte Jeff Bowie.

      Selbst beim Essen trieb Tucker die Leute an, und den kalten Tee stürzten sie im Stehen hinunter.

      Dabei hatte Ferris nur sehr kurze Zeit geschlafen, denn alle Augenblikke war er aufgestanden, um nach dem Wasser zu sehen, damit er einen geeigneten Platz fand.

      Jetzt kannte er ihn und erklärte dem Seewolf ausführlich, wie er sich das vorstellte.

      Aber Hasard winkte ab.

      „Das ist ja alles schön und gut, Ferris“, sagte er ungeduldig, „aber in erster Linie suchen wir nach Wasser, frischen Früchten und Wild oder Schildkröten, damit wir Abwechslung in unseren Speisezettel kriegen. Erst wenn wir Wasser gefunden haben, ist der Holzwurm an der Reihe. Ich werde jetzt einen Trupp zusammenstellen, mit den restlichen Männern kannst du dann beginnen, das Schiff zu krängen.“

      „Der Kahn fault uns unter dem Hintern weg“, jammerte der Zimmermann besorgt, doch damit konnte er Hasard nicht beirren.

      Das zweite Boot wurde ebenfalls abgefiert. Tucker lief händeringend in der Kuhl auf und ab.

      „Wir kriegen Ebbe“, teilte er jedem mit, und sah den Seewolf beschwörend an. „Laß uns wenigstens die Lady auf jene Stelle dort setzen, dadurch versäumen wir doch nichts, außer ein paar Stunden. Finden wir kein Wasser, brauchen wir nur die Flut wieder abzuwarten und sind flott. Ist das ein Vorschlag, Sir?“

      „Du bist ein Quälgeist, Ferris. Aber gut, ich sehe es ein. Wir verlieren dadurch tatsächlich nichts, denn die Suche wird einige Zeit in Anspruch nehmen.“

      „Einige Zeit?“ empörte sich der Kutscher, der unruhig genau wie Ferris auf und ab lief. „Ich habe mehr als zwanzig Mäuler zu stopfen. Bis wir Fleisch und Beeren und Wasser haben, vergeht schon eine verdammte Weile. Dieser Holzbohrer treibt mich noch zum Wahnsinn, wenn das so weitergeht, werde ich zum Urmenschen mit zuckenden Reflexen. Von den Biestern wird keiner satt.“

      „Wenn dir das Schiff unter dem Achtersteven absäuft, brauchst du sowieso nichts mehr!“ schrie Tucker ihn an.

      Es sah nach einem handfesten Streit aus, bis Hasard die beiden Kampfhähne freundlich anblickte und seine Stimme noch sanfter wurde als das unmerkliche Säuseln des Windes.

      Da zog der Kutscher den Kopf zwischen die Schultern, Ferris kratzte sich seine stoppelbärtige Wange und setzte ein friedliches Gesicht auf, und die anderen, die herumstanden und palaverten, wurden plötzlich klein und häßlich.

      Hasards knappe Gestik wirkte wie ein Taifun, der im nächsten Augenblick das Schiff einschließlich der Crew erbarmungslos zerschmettern konnte.

      „Wenn ich dazu freundlicherweise auch etwas bemerken darf“, sagte er sarkastisch, „dann schlage ich vor, ich übernehme das Kommando wieder, falls keiner der ehrenwerten Gentlemen Einwände dagegen hat. Oder hat jemand welche?“ erkundigte er sich scharf.

      „Sie vielleicht, Mister Tucker, oder Sie, Mister Kutscher?“

      „Tut mir leid, Sir“, brummte der Kutscher.

      „Keine Einwände, Sir“, beeilte sich Tucker zu sagen.

      „Früher hätte man euch wegen dieser Respektlosigkeit an den Rahen aufgehängt!“ schrie der alte O’Flynn dazwischen und pochte mit seinem Holzbein hart auf die Planken.

      „Holt den Anker ein“, sagte Hasard. „Sobald er oben ist, steigen acht Mann in das Boot und ziehen das Schiff zu der von Ferris bezeichneten Stelle. Dort wird der Anker erneut gesetzt. Wenn das geschehen ist, teile ich die Gruppen ein. Los, hoch mit euren müden Knochen, Ferris übernimmt das Kommando zusammen mit Shane. Und wenn ich in euren Triefaugen auch nur ein ungläubiges Blinzeln entdecke, dann fährt der Teufel unter euch Halunken, und dieser Teufel heißt immer noch Killigrew. Merkt euch das!“

      An Deck schien irgend etwas zu liegen, denn jeder starrte nach diesen Worten angestrengt auf die Planken.

      Dann waren sie am Ankerspill, und weil immer noch alle schwiegen, rief der Profos: „Wollt ihr lausigen Schimpansenärsche wohl fröhlich singen, wenn das Spill knarrt, was, wie? Auf, ihr Rübenschweine, ein Lied. Was sollen die Affen im Urwald von uns denken? Wir fuhren im Sturm durch die Südsee, die Nacht war schwärzer als Teer.“

      Gleich darauf fiel der ganze Chor ein, und schlagartig war die Stimmung so gut wie lange nicht mehr, als sie das Lied von der Südsee sangen, wo der Teufel, die Ratten und der Rum eine große Rolle spielten.

      Sogar der Kutscher hatte sich an eine Spillspake geklammert und trabte im Kreis herum, aus vollem Hals singend.

      Im Urwald erlosch das Gezeter, das Geschrei verstummte, und die Affen hatten sich verstört ins Buschwerk zurückgezogen. Selbst die Zikaden hörten auf zu sägen.

      Mit langsamen Ruderschlägen wurde die „Isabella“ vorangetrieben.

      Tucker ließ noch einmal loten und war zufrieden.

      „Fiert den Anker ins Boot ab und bringt ihn weiter nach Backbord aus“, sagte er. „Wieviel Wasser haben wir jetzt unter dem Kiel, Donegal?“

      „Nicht mehr als einen halben Faden“, meldete der Alte.

      Das Ankerausbringen vom Boot aus war immer eine lausige Knochenarbeit, und oft war dabei schon ein Beiboot gekentert, wenn es von dem Gewicht des Ankers befreit war.

      Aber diesmal sprangen zwölf Mann ins Wasser und hievten das unförmige Monstrum auf den Grund. Anschließend kehrten sie an Bord zurück.

      Tucker besah sich das Werk noch einmal. Die „Isabella“ lag nun goldrichtig, fand er. Der Anker lag nach Backbord aus. Schon allein mit seiner Hilfe konnten sie das Schiff leicht zur Seite krängen, wenn sich die Flunken richtig in den Sand wühlten. Gab man aber dem Anker genügend Lose und setzte die Gold- und Silberbarren um und schaufelte auch noch den Reis hinüber, dann konnte man auch auf der anderen Seite am Rumpf arbeiten und den größten Teil des Rumpfes erreichen.

      Hasard stellte das Landkommando zusammen, dessen Führung diesmal der Kutscher übernahm, weil er sich am besten mit fremdländischen Gewächsen auskannte, und der außerdem noch hoffte, seinen Vorrat an übelriechenden und stinkenden Heilkräutern zu ergänzen, denn auch seine Salben und Wundermittel waren fast aufgebraucht.

      Er teilte dem Kutscher Gary Andrews, Batuti, Blacky, Sam Roskill und Luke Morgan zu.

      Sämtliche Leute ließ er bewaffnen, mit Pistolen, Schiffshauern und ihren Messern. Jeder schleppte Holzkisten, kleine Fässer und Leinensäcke mit sich. Sie sollten Ausschau halten nach Kokosnüssen, Früchten, Beeren, Kräutern, Wurzeln und Schildkröten.

      Der nächste Trupp, den Carberry anführte, und der aus dem jungen Dan O’Flynn, Stenmark und Conroy bestand, hatte die Aufgabe, nach Wasser zu suchen und, falls es hier welche gab, auch jagdbare Tiere zu erlegen.