Seewölfe Paket 21. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397808
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auf Dankesfloskeln kann man im Bund der Korsaren auch verzichten, wie?“

      Der Seewolf mußte zustimmen. Ihm erging es nicht anders als Ben Brighton: Trotz der gefährlichen Lage, in der sie sich alle befanden, erfüllte sie der Bericht ihres neuen Gefährten mit einer Stimmung von fast beschwingter Heiterkeit. Sicherlich lag es an dem wohltuenden Gefühl, mitzuerleben, wie sehr dieser aufrechte Mann ihre eigenen Idealvorstellungen zu schätzen gelernt hatte.

      „Und anschließend hat auch euch der Nebel einen Strich durch die Rechnung gemacht“, sagte Ben Brighton nachdenklich. „War es nicht so?“

      Don Juan nickte.

      „Erst dieser Wolkenbruch in den Nachtstunden und dann der Nebel. Es war zum Verrücktwerden.“ Kurz und bündig schilderte er das Geschehen, das schließlich zu seinem Entschluß geführt hatte, auf Gegenkurs zu gehen.

      Zur augenblicklichen Situation brauchten die Männer nicht viele Worte zu verlieren. Die „Isabella“ und die „Le Vengeur“ mußten jetzt alles daran setzen, den Kampfverband zu erreichen und in Gefechte zu verwickeln. Aufgabe der „Tortuga“ würde es zunächst sein, zurückzufallen und die Verbindung zu den langsameren Schiffen des Bundes der Korsaren aufrechtzuerhalten.

      „Es ist die einzig denkbare Taktik“, sagte Don Juan zustimmend. „Wenn ihr einverstanden seid, werde ich meinen bisherigen Kurs wieder aufnehmen und eure nachfolgenden Schiffe verständigen.“

      „Sehr gut“, sagte Hasard und nickte, „für Siri-Tong, Thorfin und die anderen ist es ebenfalls wichtig, auf dem laufenden zu sein. Das gilt vor allem für die neue Zusammensetzung des Kampfverbandes. Von den sechs Schaluppen hätten wir natürlich nichts geahnt.“

      „Laß dir von unserem Nordmann keinen Schreck einjagen“, sagte Ben Brighton lächelnd. „Thorfin sieht schlimmer aus, als er ist. Und wenn er herumbrüllt, ist das nur die rauhe Schale über dem weichen Kern.“

      „Ich werde es mir merken“, versprach Don Juan. „Sobald alle Kapitäne informiert sind, gehen wir mit der Schebecke wieder auf Gegenkurs und versuchen, so schnell wie möglich aufzuschließen, damit wir aktiv eingreifen können.“

      „Bei den guten Segeleigenschaften eures Dreimasters dürftet ihr das spielend schaffen“, sagte Hasard.

      Don Juan winkte ab. „Deine ‚Isabella‘ und die beiden Schwesterschiffe sind auch nicht zu verachten.“

      Sie verloren keine weiteren Worte. Don Juan verabschiedete sich, setzte wieder über und jagte kurz darauf mit der Schebecke weiter nach Nordwesten. Hasard übernahm es, Jean Ribault anzupreien und ihn über die Neuigkeiten zu informieren.

      Mit nur zwei Schiffen würden sie gegen neun ebenbürtige Gegner zu kämpfen haben. Allen Männern auf der „Isabella“ und der „Le Vengeur“ war klar, was ihnen damit bevorstand.

      Es entsprach ihrem eisernen Willen, die Schlangen-Insel zu verteidigen, daß sie dem Augenblick der Konfrontation um so mehr entgegenfieberten.

       5.

      Fast genau vierundzwanzig Stunden später, am Nachmittag des 24. Juni, war es für die Crews der „Isabella“ und der „Le Vengeur“ mit der Anspannung vorbei.

      Klar und durchdringend erklang Dan O’Flynns Stimme aus dem Vormars. Er hatte es sich nicht nehmen lassen, erneut als Ausguck zu fungieren.

      „Feind in Sicht! Mastspitzen voraus!“

      Die Männer an Deck gerieten in Bewegung, als hätte der Blitz aus wolkenlos blauem Himmel eingeschlagen. In Sekundenschnelle befanden sie sich allesamt auf Gefechtsstation, ohne daß auch nur ein entsprechendes Kommando des Seewolfs erfolgt war. Jeder einzelne wußte nur zu gut, daß noch geraume Zeit vergehen würde, bis man dem Feind auf den Pelz gerückt war. Aber es tat gut, nicht mehr tatenlos herumlungern zu müssen. Den Arwenacks juckte es mächtig in den Fäusten. Welches Höllenfeuer sie entfachen konnten, das sollten die Dons sehr schnell erleben.

      Auch die Männer auf der „Le Vengeur“ waren aufmerksam geworden, und ebenso wie Hasard und Ben Brighton beobachtete auch Jean Ribault die südöstliche Kimm mit dem Spektiv.

      In der Tat gab es dort Mastspitzen – selbst mit dem Spektiv jedoch nur hauchdünn zu erkennen.

      Die „Isabella“ und die „Le Vengeur“ standen inzwischen nördlich querab der Bahia de Nipe, der letzten größeren Bucht im östlichen Teil Kubas. Nach der zeitlichen Berechnung war es durchaus möglich, daß Dan den spanischen Kampfverband gesichtet hatte.

      Dennoch blieb Hasard skeptisch.

      „Ich weiß nicht recht“, sagte er und ließ das Spektiv sinken, „für einen Verband sieht mir das ziemlich dünn aus.“

      Ben Brighton furchte die Stirn.

      „Könnte sein, daß es die Schaluppen sind, von denen Don Juan gesprochen hat. Eine Art Nachhut vielleicht. Wenn Cubera ähnliche Überlegungen angestellt hat wie wir, könnte er doch damit rechnen, daß wir ihm jetzt im Nacken sitzen.“

      Der Seewolf antwortete nicht. Statt dessen spähte er erneut durch das Spektiv.

      Bereits eine halbe Stunde später zeigte sich, daß er recht gehabt hatte.

      Abermals ertönte Dan O’Flynns Stimme aus dem Vormars, merklich dumpfer diesmal.

      „Deck! Es ist nicht der Feind! Es sind – Fischerboote!“

      Ein paar Atemzüge lang standen die Männer auf der Kuhl und auf der Back wie erstarrt. Kein Laut war zu hören, nur das Singen des Windes in Wanten und Pardunen.

      Dann war es Ed Carberrys Stimme, die mit einem tiefen Grollen einsetzte und sich langsam zu einem Donnergebrüll steigerte.

      „O Himmel, Arsch und Hagelwetter! Das ist denn doch zum Mäusemelken! Man könnte sich selbst in den Hintern beißen! Was für einen Affenarsch von Ausguck haben wir bloß? Einen mit Plattfischen auf den Augen, was, wie?“

      „Reg dich ab, Mister Carberry!“ brüllte Dan aus dem Mars zurück. „Auf die Entfernung hättest du mit deinen Matschklüsen nicht mal einen Pottwal erkannt.“

      Ed Carberry schluckte trocken hinunter, und sein Rammkinn geriet in mahlende Bewegungen. Er warf den Kopf in den Nacken und stemmte die Fäuste in die Hüften. Seine Donnerstimme hallte in der steif gebauchten Fläche des Focksegels und erreichte den Ausguck mit voller Lautstärke.

      „Ho, ho, du vorwitzige Hanflaus! Paß auf, daß ich dich nicht aus dem Mars pflückte, Mister O’Flynn! Könnte sein, daß deine schönen Kulleraugen dick und blau werden!“

      Dan kam zu keiner Antwort mehr. Denn in diesem Moment waren es die anderen, die ebenfalls ihrem Unmut Luft verschafften.

      „Runter mit dir, Dan O’Flynn! Dann merkst du, was wir von deinen lausigen Fischerbooten halten!“

      „Bei der Gelegenheit können wir dich gleich ein bißchen kielholen!“

      „Aber vorher teeren und federn!“

      „Oder unangespitzt zwischen die Planken rammen!“

      Das Gebrüll schwoll zu einem wirren Durcheinander an. Alles, was sich in den vergangenen Stunden in den Männern aufgestaut hatte, platzte jetzt lautstark heraus. Und der Zufall wollte es eben, daß ausgerechnet der bedauernswerte Dan O’Flynn wegen seiner Sichtmeldung zum Prügelknaben wurde. Viel hätte nicht gefehlt, und ein paar von den Arwenacks wären in den Fockwanten aufgeentert, um ihn tatsächlich aus dem Mars zu zupfen.

      Hasard hatte es sich eine Weile angehört. Gemeinsam mit Ben Brighton verfolgte er das Geschehen von der Querbalustrade des Achterdecks aus.

      „Die kriegen sich nicht mehr ein“, sagte Ben trocken.

      Der Seewolf nickte. Er packte die Balustrade und beugte sich vor. Mit metallischem Klang hieb seine Stimme in das Gebrüll.

      „Ruhe,