Seewölfe Paket 30. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783966881043
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ernennen.“

      Die beiden Kerle versanken fast in den Planken, so angetan waren sie von der Ehre, jetzt Geheimnisträger zu sein.

      Der Alcalde nahm sich heimlich vor, dieses Ereignis sogleich nach der Abreise laut hinauszuposaunen, denn da konnte er mit einem Titel glänzen, den niemand aufzuweisen hatte.

      Geheimnisträger Seiner Allerkatholischsten Majestät, des Königs Philipp II. von Spanien!

      Das ging runter wie warmes Öl und bedeutete den absoluten Höhepunkt in seinem ereignislosen Leben.

      Aber er hatte noch einen Konkurrenten, der ebenso dachte und dessen Kopf mittlerweile so knallig angelaufen war, als würde er jeden Augenblick platzen.

      Das gleiche nahm sich nämlich Don Martin ebenfalls vor, kaum, daß er zum Geheimnisträger ernannt worden war. Das mußte natürlich alle Welt erfahren, und man würde ihn wie einen Helden feiern. Er war so aufgeregt, daß er mühsam nach Luft schnappen mußte.

      Hasard entging nichts, keine Regung, keine Bewegung, und so stellte er amüsiert fest, daß die beiden Kerle ob der unvergleichlichen Ehre, die ihnen soeben zuteil geworden war, fassungslos nach Luft rangen.

      Eine breite Hand klopfte Don Martin leutselig auf den Rücken. Sie gehörte dem freundlichen breitschultrigen und etwas dicklichen Padre mit der Knubbelnase.

      „Haltet ein mit dem Wein“, sagte Paddy Rogers salbungsvoll. „Der Wein macht lose Leute, und starkes Getränk macht wild; wer dazu Lust hat, wird nimmer weise. Eine Mahnung aus dem zwanzigsten Kapitel der Sprüche.“

      Der Hafenmensch zuckte verstört zusammen. War dem Padre also doch nicht entgangen, daß sie zuvor einen gezwitschert hatten!

      „So isses, so isses, verehrungswürdiger Padre“, sagte Don Martin voller Eifer.

      Und der Alcalde blies verzweifelt die Wangen auf, damit seine Weinfahne etwas Milderung erfuhr.

      Der gute Padre hatte noch mehr Sprüche auf Lager, die sich auf die Völlerei bezogen. Sie bewirkten bei den beiden fromme Schauer, denn die Sprüche paßten wie die Faust aufs Auge.

      An der Pier hatten sich mittlerweile immer mehr Gaffer eingefunden. Keiner traute sich jedoch in unmittelbare Nähe der Schebecke, dafür sorgten schon die wichtigtuerischen Blicke des Alcalden und Hafenmeisters, die eifersüchtig darüber wachten, daß der Pöbel nicht mit den Hohen Señores in Berührung geriet.

      „Sicher benötigen die ehrenwerten Señores frisches Trinkwasser und Proviant“, sagte Don Martin untertänigst. Dabei dienerte er unisono demütig mit dem Alcalden.

      Ein Monstrum von Kerl, mit einer riesigen Kürbishose bekleidet und zahlreichen Narben in dem kantigen Gesicht, schob sein gewaltiges Kinn vor und zog indigniert eine Augenbraue hoch.

      „Wasser?“ fragte er gedehnt. Er sann dem Wort nach, als hätte er es noch nie gehört. „Nein, so was brauchen wir vorerst nicht.“

      „Ich meinte natürlich Wein“, sagte der Alcalde hastig. „Don Martin hat sich nur versprochen. Wir haben hier ein vorzügliches Weinchen, es gedeiht an den Hängen von Denia. Es wäre uns eine Ehre, wenn wir es den ehrenwerten Señores anbieten dürften.“

      „Nun ja, das dürfen Sie schon“, sagte der mit der gewaltigen Kürbishose Bekleidete gnädig und herablassend. „Wir können ja mal ein paar Fässer von dem Zeug probieren, für Ihre Seligkeit.“

      Hasard wollte den Profos erst bremsen, doch dann ließ er den Dingen einfach freien Lauf und amüsierte sich insgeheim weiter. Außerdem mußte Paddy gerade in diesem Augenblick wieder einen seiner passenden Sprüche absetzen.

      „Selig sind, die da geistig arm sind, denn das Himmelreich ist ihr“, tönte er salbungsvoll, wobei er die beiden durchdringend ansah.

      Der Kutscher biß sich fast auf die Lippen, um nicht herauszuplatzen. Hasards Gesicht wurde starr, und Old O’Flynn ruckte mit seiner weißen Halskrause herum, weil er glaubte, sich verhört zu haben.

      „… die da geistlich arm sind, heißt das“, raunte der Kutscher Paddy zu, „nicht geistig arm. Sieh dich bloß vor!“

      „So isses“, sagten die beiden nickend. Sie hatten die gravierende Verwechslung der beiden Worte nicht mitgekriegt oder überhaupt nicht kapiert, denn ein Geistlicher konnte sich ja nicht irren.

      Paddy war es furchtbar peinlich, sich so verhauen zu haben. Auch sein Kopf nahm langsam vor Verlegenheit eine rote Farbe an.

      Aber die Scharte wollte er unbedingt wieder auswetzen, und so sagte er noch einen weiteren Vers auf: „Selig sind, die da Leid tragen, denn sie sollen geröstet werden. Matthäus, fünftes Kapitel, Vers vier.“

      „So isses“, sagte der Alcalde.

      Und auch der Hafenmeister sagte wie ein Papagei: „So isses, so isses.“

      Hasard hatte das Gefühl, als bahne sich ein Debakel an, und so schob er den dicken Paddy unauffällig zur Seite. Den nahm sich auch gleich darauf wieder der Kutscher vor.

      „Mann“, sagte er erschüttert. „Die da Leid tragen, werden keinesfalls geröstet, Paddy, sie werden getröstet, und das ist immerhin ein himmelweiter Unterschied.“

      „Ich bin so aufgeregt“, murmelte Paddy, „soviel auf einmal habe ich noch nie in meinem ganzen Leben gesagt. Da kann man doch schon mal was verwechseln, Mister Kutscher, nicht wahr?“

      „Ja, natürlich. Es ist zum Glück ja auch nicht aufgefallen. Die beiden Kerle sind selbst viel zu aufgeregt, und im übrigen scheinen sie ihre Nasen häufiger in die Weinhumpen als in die Bibel zu stecken.“

      „Da bin ich aber froh“, sagte Paddy erleichtert.

      Unterdessen hatte Hasard immer noch alle Mühe, sein Lachen zu verbeißen. Er riß sich zusammen und klopfte dem Alcalden wohlwollend auf die Schulter.

      „Das Angebot nehmen wir natürlich gern an“, sagte er. „Wir haben jedoch einen anderen Grund, warum wir Ihren Hafen anliefen. Uns fehlen zwei Anker. Wir haben sie in einem Sturm verloren und brauchen dringend dafür Ersatz.“ Er blinzelte den beiden vertraulich zu und zog sie etwas beiseite. „Wir haben eine sehr hochgestellte Persönlichkeit an Bord, wie Sie sicher schon bemerkt haben.“

      Die beiden nickten ehrfürchtig und warfen einen heimlichen Blick zu Old O’Flynn.

      „Wir glaubten schon, es sei Seine Allerkatholischste Majestät höchstpersönlich“, flüsterte Don Martin.

      „Fast ist es so“, raunte Hasard. „Da Sie nun ja Geheimnisträger Erster Klasse sind, kann ich es Ihnen ruhig sagen. Jener überaus ehrenwerte Grande dort ist Don Egalo Alvarez de Segovia. Wer hätte nicht schon von ihm gehört! Er ist eine der höchstgestelltesten Persönlichkeiten der spanischen Krone und ein Edelmann durch und durch.“

      Die beiden erschauerten bis ins Mark.

      „Ja ja“, sagte der Hafenmensch eifrig, „wir haben schon viel von seinen Taten gehört, sehr viel.“

      „Ja, wirklich sehr viel“, sagte auch der Alcalde, damit man ihn nicht für einen Dummkopf hielt, der keine Ahnung hatte. „Seine Taten werden im ganzen Lande gerühmt.“

      „So ist es“, sagte Hasard. Er sah die beiden an und forschte in ihren Gesichtern, aber da lag kein Erkennen und auch kein Argwohn. So konnte er unbesorgt noch weiter reizen. Mal sehen, wie sie reagieren, dachte er. Sein Gesicht nahm einen verschwörerischen Ausdruck an.

      „Don Egalo hat den berüchtigten El Lobo del Mar zur Strecke gebracht“, vertraute er ihnen leise an. „Jenen Korsaren, auf den die Krone eine hohe Kopfprämie ausgesetzt hat.“

      Er sah, wie die beiden zusammenzuckten, als hätte man ihnen etwas auf die Schädel geschlagen.

      „Lobo del Mar ist endlich gefangen?“ fragte der Alcalde fassungslos. „Wir haben viel von ihm gehört. Er trieb ja seit Jahren sein Unwesen und hat der Krone unermeßlichen Schaden zugefügt.“

      „Das