Seewölfe Paket 22. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397815
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war wieder da, steigerte sich und suchte nach einer Gelegenheit zum Ausbruch. Campos wußte – er mußte sich irgendwie abreagieren.

      „Ich? Gepennt?“ Der Ire schüttelte wild den Kopf. „Das kannst du mir nicht anhängen! Ich hatte die Augen offen!“

      Campos war bei ihm und versetzte ihm einen Stoß vor die Brust. Der Ire prallte mit dem Rücken gegen das Schanzkleid und verzog das Gesicht zu einer Grimasse des Schmerzes und des Hasses.

      „Das laß ich mir von dir nicht gefallen!“ brüllte er. „Wir wären fast alle verreckt – aber das ist nicht meine Schuld gewesen!“

       5.

      Rasend vor Wut stürzte sich der Admiral wieder auf den Iren und trieb ihn mit zwei wuchtigen Hieben bis zum Bug. Er hatte seine Beherrschung verloren und sah rot.

      „Du hast mit offenen Augen geschlafen, du Hund!“ schrie er ihn an. „Du hättest sonst merken müssen, daß der verfluchte Zweidecker seine Fahrt verlangsamt hatte und wir ihm aufsegelten!“

      „Nein!“

      „Und du hättest auch den ersten Pfeilschuß sehen und melden müssen!“

      „Ist nicht wahr!“ schrie der Ire. „Das ging alles viel zu schnell!“

      „Ich bring dich um!“ brüllte Campos und schlug noch einmal mit der Faust zu.

      Der Ire kippte um und wollte sich wieder aufrappeln, schaffte es aber nicht. Plötzlich war sein Widerstand dahin – und er hatte Angst vor Campos, der sein Messer zückte. Warum hatte er sich überhaupt mit ihm angelegt? Hätte er nicht kuschen sollen, wie er es sonst tat? Welcher Teufel ritt ihn?

      „Jetzt paß mal auf“, sagte der Admiral eiskalt. „Ich stopf dir ein für allemal dein loses Maul, und dann ist es aus mit der Meckerei und dem Fluchen, du Drecksack.“

      „Moment!“ sagte El Gordo hinter seinem Rücken. „Ganz so ein blöder Hund ist der Ire nun auch wieder nicht. Das mit den Pfeilen ging nicht mit rechten Dingen zu. Die Chinesenhure hat einen Hexenmeister an Bord. Wie sonst könnte ein Pfeil derart weit fliegen und auch noch explodieren? Brandpfeile explodieren nicht.“

      „Das stimmt“, sagte der Kreole. „Die brennen nur.“

      „Vielleicht waren die Schäfte der Pfeile mit Pulver gefüllt“, sagte einer, den sie nur Cimarron nannten. „Das heißt, sie mußten vorher ausgehöhlt werden. Ja, so könnte es gewesen sein.“

      Aber auf ihn hörte niemand. Die Kerle waren mehr oder weniger davon überzeugt, daß „was Übersinnliches“ und ein „Teufelsspuk“ mit im Spiel gewesen wären.

      Auch Campos war die Reichweite des Bogenschusses nicht geheuer, denn die hätte er nie und nimmer für möglich gehalten. Dennoch stand für ihn fest, daß der Ire geschlafen hatte. Er trat mit dem Fuß nach ihm und schwang das Messer drohend in der Luft.

      „Nein!“ schrie der Ire.

      „Laß ihn in Ruhe, Admiral“, sagte El Gordo. „Alles hat er verdient, nur das nicht.“

      Campos fuhr zu ihm herum. „Halt du dich raus, verstanden?“

      „Warum sollte ich?“ fragte El Gordo.

      Der Kreole fragte: „Wieso kann unsereins hier nicht mal seine Meinung sagen?“

      „Der ganze Dreck wäre auch passiert, wenn der Ire aufmerksamer gewesen wäre“, sagte einer der Kerle.

      Der Ire witterte eine Chance. Er richtete sich jetzt doch wieder auf, hielt sich am Vormast fest und atmete ein paarmal tief durch. Nein, er gab sich noch nicht geschlagen! Diesem aufgeblasenen Hurensohn Campos mußte einmal gründlich der Marsch geblasen werden.

      „Warum muß es denn immer an uns liegen?“ stieß er hervor. „He? Sollen wir immer die Schuld haben? Nur wir? Du nicht?“

      Campos drehte sich langsam wieder zu ihm um. „Sprichst du mit mir?“

      „Ja.“

      „Weißt du, was du bist? Ein renitentes Schwein. Was du hier anzettelst, ist Meuterei“, sagte Campos. „Dafür hänge ich dich auf.“

      „Kritik kannst du wohl nicht vertragen“, sagte El Gordo.

      „Willst du neben ihm baumeln?“ fragte Campos, ohne den Kopf zu wenden und den Blick von dem Iren zu nehmen.

      El Gordo lachte glucksend. „Das dürfte schwierig werden. Ich bin zu schwer. Ich fall’ überall runter, von Rahen, Gaffeln und Baumästen.“

      Die anderen lachten ebenfalls. Der Ire, durch die unerwartete Rückendeckung seiner Kumpane wieder mutig geworden, schrie Campos entgegen: „Die Chinesenhure und ihre Bande sind zu stark! Die sind ein paar Nummern zu groß für uns! Das sind ganz ausgekochte Kämpfer, denen man besser aus dem Wege geht!“

      „Hast du die Hosen voll?“ brüllte Campos. „Wie voll? Bis zum Gürtel? Ja, das merke ich. Du stinkst! Vor Angst!“

      „Dann stinken wir alle“, sagte El Gordo. „Denn keiner von uns hat vor, sich noch mal mit dem Weib anzulegen.“

      „Lieber hauen wir ab“, sagte der Kreole.

      „Bevor wir alle krepieren“, fügte Cimarron hinzu.

      Luis Campos ruckte bei diesen Worten zusammen. Was er bereits geahnt hatte, trat jetzt ein. Sie waren sich einig und lehnten sich gegen ihn auf. Das war tatsächlich Meuterei, die er im Keim ersticken mußte. Er mußte um jeden Preis seine Autorität wahren, sonst war er verloren. Sie würden ihn über Bord werfen und selbst das Kommando übernehmen.

      Campos wich einen Schritt zurück, drehte halb den Kopf und richtete den Zeigefinger seiner freien Hand auf El Gordo.

      „Vorsicht“, warnte er ihn. „Du spielst mit deinem Leben. Ihr anderen auch. Seid ihr denn alle des Teufels, euch so aufzuführen?“

      „Nein“, erwiderte El Gordo. „Wir haben bloß die Schnauze voll, nicht nur die Hosen.“

      „Sieh mal an“, sagte der Admiral höhnisch. „Aber zu Anfang, als alles noch so leicht aussah, wart ihr mit Feuer und Flamme dabei.“

      „Ja, stimmt“, sagte der Kreole. „Aber jetzt nicht mehr.“

      „Und doch werden wir wieder angreifen“, sagte Campos. „So schnell gebe ich eine Beute nicht auf.“

      „Ohne uns!“ schrie der Ire.

      „Zur Hölle mit der Chinesenhure“, sagte El Gordo.

      Den Kerlen waren inzwischen auch klar geworden, daß ihr Admiral nicht nur auf den Zweidecker, sondern insbesondere auf das teuflische Weib mit den schwarzen Haaren scharf war. Zwar würde er das Weib dann auch ihnen – dessen waren sie ziemlich sicher – zum Zeitvertreib überlassen, wenn er erst einmal mit ihr fertig war und es tüchtig mit ihr getrieben hatte. Doch bei der Alternative Zeitvertreib oder sehr schneller Tod zogen sie es doch vor, einem recht langen Leben den Vorrang zu geben.

      „Der Preis ist zu hoch“, sagte Cimarron. „Wir können auf das Weib verzichten.“

      „Ich nicht“, sagte Campos. Er wunderte sich selbst darüber, wie ruhig er in diesem Moment war. „Ich will sie haben. Sie gehört mir.“

      „Das ist doch Quatsch“, sagte El Gordo.

      „Ich höre jedes Wort, das du sagst“, erwiderte der Admiral. „Und ich merke mir alles, verlaß dich drauf.“

      „Ohne uns!“ schrie der Ire noch einmal. „Wir segeln nach Tortuga zurück!“

      „Kein Zeitvertreib mit einem noch so rassigen Weib ist es wert, dafür Kopf und Kragen zu riskieren“, sagte der Kreole. „Das ist hier die allgemeine Ansicht, Admiral, will dir das nicht in den Kopf?“

      „Gib es auf!“ brüllte