Seewölfe Paket 22. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397815
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noch immer aus Nordosten!“

      „Du bist ein blöder Hund und willst mich an der Nase herumführen!“ zischte der zweite Kerl. „Aber ich kriege einen Silberling von dir, und nicht du von mir!“

      „Soweit kommt’s noch, du Geizhals!“

      „Wie hast du mich genannt?“

      „Einen dummen Sack!“

      Gleich prügeln sie sich herum, dachte der Ausguckposten, und mit höhnischem Grinsen sah er ihnen zu, wie sie drohend ihre Fäuste bewegten. Der Schaluppenführer sah zwar auf und begann zu fluchen, aber das schien auch nicht mehr viel zu nutzen. Die beiden Streithähne waren voll in Fahrt und schickten sich an, aufeinander loszugehen.

      Inzwischen waren auch die Männer an Bord der Campos-Schaluppe auf die Auseinandersetzung aufmerksam geworden und reckten die Hälse. Der Ausguck im Bug versuchte immer wieder, sich durch Seitenblicke ein Bild von der Lage drüben zu verschaffen.

      Mann, die hauen sich gegenseitig die Jacke voll! dachte er.

      Der Admiral fuhr hoch. „Was ist da drüben los?“ schrie er. „Was zum Teufel hat das zu bedeuten?“

      „Du Schwein!“ schrie der erste Streithahn. „Dir geb’ ich was aufs Auge, und dann hole ich die Silberlinge aus dir raus, einen nach dem anderen!“

      „Du kannst mich kreuzweise!“ brüllte der zweite. „Keine müde Münze kriegst du von mir!“

      „Aufhören!“ schrie der Admiral. „Seid ihr verrückt? Ich peitsche euch aus, ihr Hunde!“

      Sie schienen es nicht zu hören. Der erste hieb seinem Kumpanen was an die Ohren, und dieser begann zu wanken, quittierte den Ausfall aber mit einem Haken, der ebenfalls traf, und zwar die Bauchgegend des Kerls. Beide fluchten und stöhnten, aber dann brach das Unheil über die Schaluppen her, und die Wette und der Streit und alles andere waren mit einem Schlag vergessen.

      Beide Ausgucks hatten nicht bemerkt, daß man inzwischen dem Zweidecker aufzusegeln begann, weil bei diesem die Segel nicht mehr voll zogen. Sie killten zwar noch nicht, waren jedoch so gestellt, daß sich ihre Vortriebskraft beträchtlich verminderte. Und jetzt, in diesem Moment, stieg der erste Pulverpfeil von Big Old Shane und Batuti vom Heck der „Caribian Queen“ auf und senkte sich im wahrsten Sinne des Wortes aus heiterem Himmel auf die Schaluppe von Luis Campos.

      Der Pfeil sauste fast senkrecht von oben zwischen Vormast und Großmast nach unten, durchschlug ein Stück gewachstes Segeltuch, mit der die Mittschiffsluke abgedeckt war, und explodierte im mittleren Laderaum. Campos selbst und ein paar andere Kerle hatten lediglich etwas Huschendes gesehen, und bevor sie begriffen, um was es sich handelte, war die Hölle los.

      Die Detonation ließ die Schaluppe erzittern, ein Feuerblitz schoß aus der Luke hoch, und eine fette Qualmwolke stieg auf. Die Männer brüllten und fluchten durcheinander, rempelten sich gegenseitig an und stolperten über ihre eigenen Füße. Ein dicker Kerl, der auf den Namen El Gordo hörte, wurde glatt umgerissen und landete mit hörbarem Krachen und Poltern auf den Planken.

      „Dämonen!“ schrie einer von ihnen. „Das geht nicht mit rechten Dingen zu!“

      „Ja, hier spukt’s!“ brüllte ein anderer.

      Die entsetzte Überraschung war im Explodieren der Pulverladung vollkommen. Die Kerle glaubten tatsächlich an ein Werk des Teufels, und für kurze Zeit war die Wuhling total. Verblüfft blickten auch die Männer der zweiten Schaluppe zu Campos’ Zweimaster, und fragende Rufe wehten zum Admiral und dessen Meute hinüber.

      „Was ist los?“

      „Was ist passiert? Was hat das zu bedeuten?“

      Campos, El Gordo und die anderen waren inzwischen wie gelähmt und richteten ihre starren, entgeisterten Blicke auf die noch qualmende Luke.

      „Das ist die Rache der Wasserdämonen“, murmelte einer von ihnen.

      „Hör mit diesem dämlichen Quatsch auf!“ fuhr der Admiral ihn an. „Wer glaubt denn an so was? Wir …“

      Weiter gelangte er nicht, denn genau in diesem Moment huschte das Unheil erneut heran. Ein zweiter Pfeil raste zischend und qualmend auf den Zweimaster nieder und verschwand im Laderaum.

      „Nein!“ brüllte der Admiral. „Aufhören!“

      Dann explodierte auch dieser Pfeil, und wieder herrschte Zustand. Die Kerle stießen die übelsten Verwünschungen aus, und El Gordo rammte den ihm am nächsten Stehenden die Ellenbogen in den Leib, so daß es dieses Mal sie waren, nicht er, die zu Boden gingen.

      Inzwischen war es Luis Campos, der als erster begriff, was sich abspielte. Er ballte die Hände zu Fäusten und zerdrückte einen Fluch auf den Lippen. Ja, jetzt sah er es: Mit einem Blick voraus zur „Caribian Queen“ erkannte er, daß sie ihr aufgesegelt waren. Gleichzeitig gewahrte er auch, daß an ihrem Heck etwas in die Luft aufstieg – ein Pfeil, der in einer Kurve in den Himmel raste, seinen Scheitelpunkt erreichte und sich dann wieder senkte.

      „Hölle!“ Mit diesem Aufschrei und einem einzigen Satz war Campos bei seinem Rudergänger, stieß ihn zur Seite, legte Ruder und fiel mit der Schaluppe ab. Sehr schnell gehorchte sie dem Manöver und drehte den Bug nach Südwesten. Fast glaubte Campos, aufatmen zu dürfen. Und doch gab es keinen Grund dafür.

      Denn der dritte Pulverpfeil, der von Big Old Shane und Batuti abgefeuert worden war, war dieses Mal für die andere Schaluppe bestimmt, auf der man die beiden Explosionen an Bord der Admiralsschaluppe zwar gehört hatte, sie aber nach wie vor nicht zu deuten wußte. Während diese Kerle noch zu ihrem Anführer und dessen Mannschaft blickten, zischte der Pfeil in die Back ihrer Schaluppe und flog dort mit einem heftigen Knall auseinander.

      „Nein!“ Einer der beiden Kerle, die sich vorher miteinander gestritten hatten, schrie es und stürzte nach achtern. Sein Kumpan folgte ihm. Aber der Ausguck hüpfte brüllend herum, weil ihm etwas glühend Heißes ans Bein geflogen war.

      „Abfallen!“ brüllte Campos zu seiner Schaluppe Nummer zwei hinüber. „Raus aus der Schußrichtung, ihr Idioten! Das sind Pfeile!“

      Pfeile? Erst jetzt begriff der Schaluppenführer, was los war. Er wollte das Ruder packen und das Manöver nachvollziehen, das der Admiral gerade durchführte, aber er hatte nicht die geringste Chance, dadurch Pfeil vier zu entgehen.

      Der nämlich surrte gerade von der Sehne des Eibenbogens. Dieses Mal handelte es sich um einen Brandpfeil. Er näherte sich mit hoher Geschwindigkeit und traf mit geradezu unheimlicher Präzision sein Ziel. Er schlug in den Großmast der Schaluppe zwei, blieb stecken und brachte das Holz zum Schwelen und Kokeln.

      „Es brennt!“ schrie einer der Streithähne.

      „Hilfe, ich bin verwundet!“ brüllte der Ausguck, der immer noch Schwierigkeiten mit seinem Bein hatte.

      Aber jetzt raste schon wieder ein Pulverpfeil vom Heck der „Caribian Queen“ auf die Schaluppe zwei zu. Er stieß auf ihren achteren Bereich hinunter und explodierte genau neben dem Rudergänger.

      Ein gellender Schrei wehte über die See. Die Explosion hieb den Kerl um. Augenblicklich lief die Schaluppe aus dem Ruder und schoß in den Wind. Ja, sie drehte nach Luv hoch, statt abzufallen, und das Geschrei und das Fluchen an Bord wollte nicht mehr aufhören.

      „Ihr blöden Hunde!“ brüllte Campos zu ihnen hinüber. „Bringt euch in Sicherheit!“

      Campos hatte beim Abfallen unterdessen halsen lassen und gab Fersengeld nach Osten. So entfernte er sich rasch wieder aus der gefährlichen Nähe des Zweideckers, die Pfeile konnten ihn nicht mehr erreichen.

      „Pützen her!“ schrie er. „Wasser schöpfen! Schüttet es in den Laderaum! Beeilung! Wird’s bald?“

      Allmählich kehrte die Disziplin an Bord zurück, und die Kerle führten seine Befehle aus. Es zischte im Laderaum, als das Wasser in das entstandene Feuer klatschte. Ein scharfer, beißender Geruch breitete sich aus.

      Auf der Schaluppe