Seewölfe Paket 13. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954395026
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daß wir ruhig bleiben müssen? Hör zu. Sie werden zumindest die Nacht noch auf der Insel verbringen, denn es ist viel zu stürmisch, um an ein Auslaufen aus der Bucht zu denken. Bringen wir zuerst die Frauen und Kinder in den Häusern der Olivenhügel in Sicherheit.“

      „Und dann?“

      „Dann beratschlagen wir, was zu tun ist.“

      „Du meinst, wir sollten uns eine List einfallen lassen?“ fragte Lagios.

      „Wir müssen sehr klug sein. Diese Türken schrecken vor nichts zurück, sie bringen uns alle um, wenn wir auch nur einen Fehler begehen.“

      „Ja. Du hast recht.“ Lagios blickte zu den Frauen und Kindern. „Also, gehen wir jetzt zu den Olivenhainen. Wir wärmen uns auf und stellen Wachen auf. Melania, was ist aus Antos geworden? Wird er noch mehr Torheiten anstellen?“

      Sie schüttelte den Kopf. „Ich glaube, er ist tot. Ich wollte ihn zu mir heranziehen, doch Iris riß mich mit sich fort. Seine Hand entglitt mir, dann sah ich ihn zusammensinken. Mehr habe ich nicht gesehen.“

      „Nun wird er wohl wirklich zu den Seinen reisen – ins Reich der Toten“, murmelte Lagios, dann drehte er sich um und zog seine junge Frau mit sich fort.

      5.

      In Todesangst wich der Levantiner zurück. Die Leichen seiner Männer lagen zwischen den Trümmern an Deck, die Rufe der Verletzten gellten in seinen Ohren. Eben war durch einen Kanonenschuß der Fockmast geknickt worden, die Rah war hinuntergestürzt und hatte drei oder vier Männer erschlagen. Erschrekkend schnell hatte sich die fremde Galeone neben die Bordwand geschoben, die Enterhaken flogen und krallten sich an den Rest des Schanzkleides fest. Die Piraten enterten, und es gab niemanden mehr, der die Geschütze des Kauffahrers zu bedienen vermochte.

      Ein Riese von Mann, blond und mit hellem Zeug bekleidet, stürmte quer über das Hauptdeck auf den Levantiner zu und hielt ihm seinen Schiffshauer vor die Gurgel.

      „Streich die Flagge, Dickwanst!“ rief er auf spanisch. „Für dich ist die Partie verloren! Wo hast du dein Geld versteckt?“

      Der Levantiner beherrschte die spanische Sprache recht gut, weil er schon des öfteren bis nach Italien gefahren war und mit den Kontoren der spanischen Handelshäuser in Palermo und Neapel zu tun gehabt hatte.

      „Wer bist du?“ fragte er heiser.

      „Mein Name ist Lord Henry.“

      „Töte mich nicht! Hab Erbarmen mit mir! Ich gebe dir alles, was ich besitze!“

      Henry lachte, wandte den Kopf und rief über die Schulter zurück: „Tim! Joe! Kommt her und hört euch an, wie dieser Hund um Gnade bettelt!“

      Tim Scoby, der schnauzbärtige Sechs-Fuß-Mann mit den Ohrringen und dem roten Kopftuch, und Dark Joe, der kleine Schwarzhaarige mit den krummen Beinen, stiegen über die Körper der Toten und die Planken- und Balkenreste. Grinsend näherten sie sich ihrem Kapitän.

      Henry drängte den Levantiner bis an die Querwand des Achterkastells zurück. Der Mann rang die Hände, seine Augen schienen aus ihren Höhlen hervortreten zu wollen.

      „Auf die Knie!“ schrie Henry ihn an.

      Der Mann sank auf die Knie und stammelte Worte in seiner Muttersprache, die sie nicht verstanden.

      „Sprich Spanisch!“ herrschte Lord Henry ihn an. „Was hast du gesagt? Willst du mir wohl dein Geldversteck verraten?“

      „Ja, ja – gewiß. Läßt du mich dann leben?“

      „Du hast meine Frage noch nicht beantwortet.“

      „Unter meiner Koje in der Kapitänskammer läßt sich eine Planke lösen und herausnehmen.“ Der Levantiner schluckte heftig, er war den Tränen nahe. „Darunter liegen all meine Münzen und mein Schmuck in Leinenbeuteln versteckt.“

      „Sehr gut. Nun weiter. Deine Ladung?“

      „Sie besteht aus Stoffen und Gewändern, aus Duftsalben und Spezereien des Vorderen Orients.“

      „Zum Teufel damit“, sagte Henry. „Damit können wir nichts anfangen. Tim, du gehst sofort in die Kapitänskammer und holst diese Leinenbeutel. Joe, du steigst in den Frachtraum runter und siehst nach, ob er uns angelogen hat.“

      „In Ordnung“, sagten die Männer und wandten sich ab.

      „Ich lüge nicht“, stammelte der Levantiner. „Ich spreche die Wahrheit.“ Seine Miene veränderte sich, er hatte die Frau bemerkt, die neben Henry aufgetaucht war.

      Sie war nicht sehr groß und auch nicht sehr schlank, ihre üppigen Brüste zeichneten sich deutlich unter ihrem Gewand ab. Ihre schwarzen Haare reichten ihr bis auf die Schultern. Der Physiognomie nach zu urteilen, mußte sie eine Orientalin sein.

      Kalt blickte sie auf den knienden Kapitän.

      „Steh auf“, sagte sie auf arabisch. „Es geziemt sich nicht für einen Mann deiner Herkunft, einem Ungläubigen die Füße zu küssen.“

      Er musterte sie aus seinen geweiteten Augen, halb furchtsam, halb erstaunt.

      „Kannst du mir nicht helfen?“ fragte er schließlich, ebenfalls auf arabisch. „Du kommst aus Ägypten, nicht wahr?“

      „Ja.“

      „Ich werde dich mit Geschenken überhäufen, wenn du ihm sagst, daß er mich nicht töten soll.“ Der Levantiner wurde aus der Frau nicht klug, aber er begriff, daß sie die Geliebte dieses Lord Henry sein mußte. Aus welchem anderen Grund wohl hielt sich sonst eine Frau wie sie auf einem Piratenschiff auf, dazu noch unverschleiert, was gegen die Gesetze des Korans verstieß?

      „Sprecht gefälligst Spanisch“, sagte Henry. „Was will er von dir, Dalida?“

      „Nichts, was dich dazu verleiten sollte, ihm den Kopf abzuschlagen“, versetzte sie mit hämischem Lächeln. „Er bangt nur um sein Leben. Siehst du nicht, wie er zittert?“ Sie sah wieder den Levantiner an. „Du – steh auf. Ich befehle es dir!“

      Der Mann erhob sich, aber seine Knie waren so weich, daß er jeden Moment wieder hinzusinken drohte.

      „Ich gehe jetzt auch in den Laderaum hinunter“, sagte Dalida. „Ich will mir ein paar hübsche Sachen aussuchen. Wehe, wenn mir keines der Gewänder paßt, mein Freund.“

      „Es sind alle Größen darunter“, beeilte sich der Levantiner zu versichern. „Du wirst deine helle Freude daran haben, schöne Königin von Ägypten.“

      Sie lachte und stemmte die Fäuste in die Seiten. „Hörst du, wie er mir schmeichelt, Henry? Endlich mal ein Kavalier.“

      Lord Henry warf ihr einen wütenden Seitenblick zu. „Verschwinde. Ich kann dich hier nicht gebrauchen. Nimm dir, was du willst, aber laß uns in Ruhe.“

      Sie zuckte mit den Schultern, verschwand im Achterkastell und kletterte über die schwankenden Niedergänge tief in den Schiffsrumpf hinunter – zu Dark Joe, der bereits dabei war, die Stoffballen mit dem Messer aufzuschlitzen.

      „Ich bin ein Narr gewesen“, sagte der Levantiner hastig. „Ich hätte mich dir gleich ausliefern sollen, Lord Henry. Ich bin keine Kämpfernatur. Ich liebe den Frieden und bin nur ein armer Handelsmann.“

      „So arm nun auch wieder nicht!“ rief Tim Scoby, der soeben aus der Hütte zurückkehrte und die Leinenbeutel mit den Besitztümern des Levantiners schwenkte. „Mir scheint, daß in diesen Säcken mehr steckt als im ganzen Laderaum des Kahns, Henry!“

      „Ich hätte mich schon bei unserer ersten Begegnung ergeben sollen“, sagte der Levantiner unterwürfig. „Das wäre vernünftiger gewesen. Aber ich habe nicht richtig verstanden, was ihr eigentlich …“

      „Augenblick“, unterbrach ihn Henry. „Von was für einer Begegnung sprichst du, zum Teufel?“

      „Du