Seewölfe Paket 13. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954395026
Скачать книгу
war, daß alles, was er ihnen erzählt und prophezeit hatte, der Wahrheit entsprach – und die Zweifler würden erröten und betreten zu Boden blicken. Diesen Triumph ließ er sich nicht nehmen!

      „Gut“, sagte Selim. „Dagegen habe ich nichts einzuwenden. Aber warte, wir nehmen noch ein paar Begleiter mehr mit.“

      Antos hob überrascht die Augenbrauen. „Warum?“

      „Sie freuen sich darauf, ein so schönes Dorf wie Pigadia zu sehen.“

      „Ja? Oh – Pigadia ist sehr, sehr schön.“

      „Eben.“ Selim drehte sich wieder zu seinen Spießgesellen um und sagte auf türkisch: „Ali und Firuz, kehrt zu den Schiffen zurück und holt dreißig schwerbewaffnete Männer. Dobran soll selbst mit herüberkommen, ich brauche ihn jetzt. Erklärt ihm, daß es Gold für uns zu holen gibt.“

      „Ja“, sagte Ali. Dann lief er mit Firuz, der sich schon in Bewegung gesetzt hatte, fort.

      Dobran war der Kapitän der Ghanja und Selims Unterführer.

      „Sohn des Poseidon“, sagte Antos. „Was ist das für eine seltsame Sprache, die du gebrauchst?“

      Selim war um die Antwort nicht verlegen. „Es ist die Sprache der Götter.“

      „Ich verstehe sie nicht.“

      Selim lächelte ihm zu. „Das ist nicht weiter schlimm. Mach dir darüber nur keine Gedanken.“

      3.

      Erste orkanartige Böen tobten über die See und ließen die „Isabella VIII.“ bedrohlich nach Backbord krängen. In immer kürzeren Abständen stachen Blitze von den niedrighängenden Wolken zur See nieder, und das Donnergrollen wälzte sich über die Wogen, als lägen irgendwo – gar nicht mehr weit entfernt – Schiffe im Gefecht miteinander.

      Die „Isabella“ segelte vor dem Wetter her, doch sie konnte ihm nicht davoneilen. Keiner der Männer gab sich in dieser Beziehung Illusionen hin. Zu groß war ihre Erfahrung, die sie in vielen Situationen wie dieser gesammelt hatten, zu abgerundet ihr seemännisches Wissen.

      Der Sturm würde sie einholen, daran gab es keinen Zweifel.

      Big Old Shane, der mit Ferris Tukker zusammen gerade das letzte Schott des Vordecks verschalkt hatte, drehte sich zu Hasard um und rief ihm zu: „Das wird ein feiner Tanz!“

      „Wir werden ihn schon überstehen!“ schrie der Seewolf gegen das Heulen und Tosen an. „Spätestens um Mitternacht sind wir auf Rhodos!“

      „Aber bis dahin hat es unserer Old Lady schon den halben Hintern weggerissen!“

      „Bist du nicht mehr ganz dicht?“ rief Ferris erbost. „Der Hintern ist aus solider englischer Eiche! Der hält!“

      „Denk daran, daß die ‚Isabella‘ nicht mehr die Jüngste ist!“

      „Also, da hört sich doch alles auf!“ brüllte der rothaarige Riese. „Fängst du jetzt auch schon so an wie Old O’Flynn? Mann, dieser Kahn reitet noch so manchen Sturm ab, glaub’s mir!“

      Hasard hangelte zu Shane und half ihnen dabei, die letzten Latten und Keile anzubringen. „Shane, du hättest wohl gern ein neues Schiff, was?“

      „Herrgott, das wollte ich damit nicht sagen! Nur müßte unsere werte Dame mal wieder gründlich von oben bis unten und von vorn bis hinten überholt werden!“

      Ein Brecher rollte heran, sprang an der Bordwand hoch und rauschte über Deck. Hasard, Shane und Ferris mußten sich wie alle anderen, die sich jetzt noch auf dem Oberdeck befanden, festhalten, um nicht fortgespült zu werden.

      Durchnäßt richteten sie sich wieder auf. Hasard grinste den Graubärtigen grimmig an und rief: „Mit Aufslippen ist aber vorläufig nichts, mein Bester! Damit warten wir, bis wir in Ägypten sind!“

      „Na ja, sicher“, sagte Shane einlenkend. „Bis dahin wird sie’s wohl auch noch durchstehen. Schließlich kann ja nicht das ganze östliche Mittelmeer sturmverseucht sein.“

      „Um diese Jahreszeit vielleicht doch“, meinte Ferris. „Wer kann das schon genau wissen?“

      „Sag lieber, ob du die Ladung überprüft hast, Shane!“ rief Hasard gegen das Orgeln der nächsten Bö an.

      „Und ob! Die Schatzkisten und Truhen liegen da unten so sicher wie in Abrahams Schoß!“

      Big Old Shane wollte noch etwas hinzufügen, aber jetzt brauste ein neuer Brecher heran, türmte sich an der Bordwand hoch und ergoß sich sprühend und gischtend über das Deck.

      Dann war ein bedenkliches Knakken zu vernehmen – und die Männer sahen sich im Gischtnebel des Wassers verblüfft an.

      „Das war vorn!“ schrie Ferris. „Hölle, Shane, also gibt es doch Ärger, aber nicht im Achtersteven, sondern an der Brust der Lady!“

      „Der Teufel soll sie holen!“ brüllte der Schmied von Arwenack. „Wenn sie ihre verdammte Brust nicht mehr halten kann, dann lernt sie mich kennen!“

      „Hör doch auf“, sagte Hasard. „Das Fluchen hilft auch nichts.“

      Wieder knackte es.

      „Der Bugspriet!“ rief Ferris.

      „Los, auf die Galionsplattform!“ befahl der Seewolf. Er kletterte als erster auf die Back, hangelte in den Manntauen nach vorn und schwang sich über die vordere Balustrade. Ferris und Shane folgten ihm, Smoky, der sie vom Kombüsenschott aus beobachtet hatte, schloß sich ihnen an.

      Hasard glitt fast aus, als er auf der Plattform der Galion landete, konnte sich aber an einem Tau festhalten. Erschüttert blickte er auf den Bugspriet, der auf und ab wippte und so beängstigend knarrte und knackte, als wolle er jeden Augenblick abbrechen. Die Blinde taumelte ebenfalls hin und her und riß an den Brassen und Schoten, mit denen sie getrimmt wurde.

      Hasard wandte sich zu den Männern um, die von der Back zu ihm hinunterblickten.

      „Setzt das Stag durch!“ schrie er. „Ferris, hol deine Werkzeuge! Wir müssen den Bugspriet sichern, sonst verlieren wir ihn!“

      „Aye, Sir!“ brüllten Ferris, Shane und Smoky gleichzeitig.

      Ein gewaltiger Knall ließ jedes weitere Wort untergehen. Ein greller Blitz erhellte die Nacht, begleitet von dem Donnerschlag, und für einen Moment konnten die Männer der „Isabella“ gegenseitig ihre besorgten Mienen sehen.

      Fast zur selben Zeit erreichte der Levantiner – er kam tatsächlich aus Tripoli, wie Dan O’Flynn vermutet hatte – die Insel Karpathos und verholte hinter eine gekrümmte Landzunge, die sich wie eine zum Zupakken bereite Klaue um einen Teil des südlichen Ufers schloß.

      Der Kapitän, ein beleibter Mann mit glattem, wohlgefälligem Gesicht, ließ die Segel aufgeien und den Anker werfen. Er ging in seine Kammer hinunter, kniete sich auf seinen Gebetsteppich und verneigte sich nach Osten. Er dankte Allah dafür, daß er ihn vor dem schlimmsten Wüten des Sturmes bewahrte und ihm den Weg in die geschützte Bucht gewiesen hatte.

      Er betete darum, daß er seine Ladung, die aus Stoffen, Gewändern und Spezereien des Orients bestand, noch sicher bis nach Piräus, seinem Ziel, bringen konnte.

      Was dies betraf, so war er äußerst zuversichtlich. Er hatte keine Hast und konnte ein, zwei oder auch drei Tage in der Bucht verbringen, bis das Wetter wieder besser wurde und ihm die Weiterreise gestattete.

      Hätte er zu diesem Zeitpunkt geahnt, was ihn vor den Gestaden der Insel noch erwartete, wäre er sicher weniger glücklich gewesen und hätte die Hände gerungen und zu fluchen begonnen, statt immer neue Gebete zu Allah zu schicken.

      Doch keinem Mann war es vergönnt, in die nahe Zukunft zu blikken, auch einem gläubigen Moslem nicht.

      Es hatte zu regnen begonnen, der Inselpfad war schlüpfrig geworden. Doch Sturmwind und