Seewölfe Paket 13. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954395026
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an Land zu locken.“

      „Aber wie?“ fragte Dobran.

      „Ich weiß es“, sagte Jella. „Ich kann es Selims Zügen ablesen, was er plant.“

      Selim warf ihr einen seltsamen Blick zu. „Du scheinst überhaupt gut in meinen Gedanken lesen zu können, Jella. Nun gut, ich weiß eine List. Jella, du gehst mit Ali zur Bucht hinunter, und ihr holt zehn von unseren Frauen an Land. Ich habe eine feine Aufgabe für sie. Wir werden diesen Spanier – oder wer immer er auch sein mag – in eine tödliche Falle locken.“

      Die Männer, Frauen und Kinder des Dorfes hatten die Olivenhaine erreicht. Jetzt zogen sie sich in die flachen Steinbauten zurück, die sich in einer langen Reihe an einen niedrigen Hang duckten, entfachten die Glut in den Öfen, die sie bei ihrem Aufbruch zurückgelassen hatten, zu Feuern, an denen sie sich wärmten, und weckten die Männer, die sich auf ihren Schlafplätzen niedergelassen hatten, um die Nacht hier zu verbringen.

      So wurde berichtet und beratschlagt, und die Frauen beruhigten ihre Kinder, während die Männer den Piraten bittere Rache schworen.

      „Wenn ihre Schiffe in der Bucht ankern“, sagte einer von Lagios’ Freunden, „brauchen wir doch nur zu unseren in den Grotten versteckten Booten zu schleichen, sie ins Wasser zu schieben und die Schiffe anzugreifen.“

      „Womit?“ fragte Lagios. „Mit den wenigen Flinten, den Messern und den Knüppeln, die wir haben? Sie schießen uns mit ihren Geschützen in Fetzen.“

      „Aber das Pulver ist naß, das Zündkraut nicht zu gebrauchen …“

      „Jetzt nicht mehr“, widersprach Lagios, der nach und nach zum Wortführer der Gruppe geworden war. „Es regnet nicht mehr, und das Pulver trocknet schnell. Nein, wir müssen uns etwas anderes einfallen lassen.“

      „Es ist unsere vordringliche Aufgabe, ins Dorf zu gehen und die jungen Frauen und Mädchen zu befreien“, sagte ein stämmiger Mann mit breitem, herbem Gesicht, der bei dem Kampf im Dorf seinen Vater verloren hatte, wie er durch Melania erfahren hatte. „Es muß uns gelingen, diese gemeine Bande irgendwie abzulenken, ihr in den Rücken zu fallen und sie zu vertreiben. Wir müssen es schaffen! Wenn wir ein paar Wachen zum Schutz unserer Frauen und Kinder hier zurücklassen, können wir immer noch einen Trupp von vierzig oder noch mehr Männern in Bewegung setzen. Das müßte doch genügen.“

      Lagios sprang plötzlich auf. „Du hast recht! Und mir ist eben eingefallen, wie wir es schaffen können. Hört zu.“

      Er beugte sich zu ihnen und sprach schnell und eindringlich auf sie ein. Sofort waren die Männer Feuer und Flamme, sie brannten darauf, ausrücken und losschlagen zu können.

      7.

      Die Seewölfe gingen an Land, rechtzeitig genug, um bei Anbruch des neuen Tages auf den Kuppen der Inselberge sein und mit der Jagd auf das Bodenwild beginnen zu können. Sie stiegen aus der Jolle, die sie zum Übersetzen benutzt hatten, und zogen sie mit vereinten Kräften auf das schmale Stück Strand, das an dieser Stelle die Bucht säumte: Hasard, Ferris Tucker, der Profos, Dan O’Flynn, Big Old Shane, Blacky, Luke Morgan, Gary Andrews, der alte O’Flynn und die Zwillinge.

      Etwas widerstrebend hatte der Seewolf auch seinen Söhnen gestattet, an dem Ausflug teilzunehmen. Einerseits wollte er sie nicht unnötig Gefahren aussetzen, andererseits aber sagte er sich, daß Rhodos wahrscheinlich keine Tücken und Fallen für sie bereithielt und sie längst auch groß genug waren, um an einem Unternehmen wie diesem teilzunehmen.

      Im übrigen lockte die Aussicht, an der Jagd auf Fasanen, Rebhühner, Hasen, Wachteln und Schnepfen teilzunehmen, allzu sehr. Jetzt, Anfang des Monats Dezember, war es in diesen Breiten genau die richtige Zeit, auf die Pirsch zu gehen, und es war auch nicht ausgeschlossen, daß ihnen größere Tiere über den Weg liefen, Wildschweine oder Wildziegen beispielsweise.

      Philip junior und Hasard junior hatten zu diesem Zweck Schrotflinten mitgenommen. Ferris Tucker, Shane, Blacky und Dan O’Flynn hingegen schleppten zusätzlich zu ihren Waffen Beile, Äxte und Sägen mit, um einen Baum zu fällen, der sich für die Herstellung eines neuen Bugspriets eignete.

      Ferris hoffte darauf, eine Pinie zu finden. Pinienholz war hart und widerstandsfähig und pflegte auf See nicht zu faulen, in den Mittelmeerländern wurden sogar Schiffe daraus gebaut.

      Sie stiegen in die Berge auf und wandten sich ein letztes Mal zur „Isabella“ um. Ruhig lag die Galeone jetzt vor Anker. So rasch der Sturm über sie hereingebrochen war, so schnell schien er jetzt auch wieder abzuflauen. Ein Phänomen, das den Männern nicht neu war – Stürme konnten Tage, manchmal aber auch nur Stunden dauern. Das Wetter war unberechenbar.

      Ben Brighton hatte für die Zeit von Hasards Abwesenheit das Kommando an Bord der „Isabella“ übernommen. Für den Fall, daß irgend etwas geschah, hatte er von Hasard genaue Anweisungen erhalten. Mit den restlichen Männern, die an Bord blieben, vertrieb er sich die Wartezeit: Sie tauschten die Sturmsegel gegen das normale Zeug aus, lösten die Verschalkungen und bargen die Manntaue, die alle sorgfältig aufgeschossen und ins Kabelgatt zurückgebracht wurden.

      Bald langten Hasard und seine Gruppe auf einer Anhöhe an, die über Baumbestand verfügte. Ferris lief an Hasard vorbei, hob den Kopf und nahm zwei hohe Schirmpinien in Augenschein, die sich – von den Winden geneigt – leicht nach Norden lehnten.

      Er blieb stehen und klopfte mit der Hand an den Stamm der einen Pinie.

      „Die hier ist richtig, Sir“, sagte er lachend. „Daraus bastle ich unserer Lady einen feinen Bugspriet und behalte noch Holz über.“

      „Fangen wir gleich an“, sagte der Seewolf. „Wir fällen und zerlegen den Baum und tragen ihn Stück für Stück zur Bucht hinunter. Ed, Luke und Gary, packt ihr auch mit an, um so schneller sind wir mit der Arbeit fertig. Donegal, du könntest mit den Zwillingen die nähere Umgebung auskundschaften. Wenn ihr auf Wild stoßt, schießt ihr.“

      „Aye, Sir“, brummte der Alte. Er sah die Zwillinge an und hob mahnend den Zeigefinger. „Aber aufgepaßt, ihr Flöhe. Ich habe mir nicht auf den Leib geschrieben, daß ich kein Fasan bin. Deshalb gebt acht, wohin ihr schießt. Ich versohle euch mit meinem Holzbein den Hintern, wenn ihr meinen Achtersteven trefft.“

      Philip und Hasard lachten.

      „Aber wir können doch schon gut genug mit Waffen umgehen“, sagte Philip junior.

      „Das haben schon ganz andere Leute als ihr behauptet“, versetzte Old O’Flynn mit säuerlicher Miene. „Und was dann dabei passiert ist, erzählt man sich heute noch. Ich erinnere mich da an eine Geschichte …“

      „Nun mal los“, sagte Carberry, der gerade an ihnen vorbeischritt, um sich von Ferris ein Beil geben zu lassen. „Dein Seemannsgarn kannst du immer noch zum besten geben, Donegal, aber wenn hier irgendwo auch nur ein halbverhungerter Hase sitzt, dann geht er euch wegen deines Geredes durch die Lappen.“

      „So?“ Der Alte stieß ein grimmiges Schnauben aus. „Das werden wir dir gleich mal zeigen, du Angeber. Los, Jungs, auf geht’s. He, Ed, merk dir das eine. Ich habe in meiner Jugendzeit in Cornwall mehr wilde Eber, Hirsche und Rehböcke zur Strecke gebracht als du in deinem ganzen nichtsnutzigen Leben.“

      „Auch Elefanten?“ fragte der Profos. „Von denen soll es in den Wäldern Backbord von Falmouth ja geradezu wimmeln. Wenn du mal eine Weile still bist und lauschst, kannst du ihr Trampeln bis hierher hören.“

      Die Zwillinge stießen sich an und lachten, setzten aber sofort wieder bierernste Mienen auf, als sich Old O’Flynn zu ihnen umwandte und hinter ihnen herstapfte. Sie wollten sich ihren Streifzug nicht dadurch verscherzen, daß sie den Alten wütend stimmten.

      Hasard, Ferris, Shane und die anderen begannen, den ersten Keil aus dem Stamm der Pinie zu schlagen. Die harten, pochenden Geräusche begleiteten Old O’Flynn und die Jungen, als sie sich jetzt durch eine kleine Senke gehend dem nächsten Hang näherten.

      „Sir“, sagte Hasard junior so leise