Seewölfe Paket 12. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954395019
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Hasard den Schiffszimmermann.

      Ferris Tucker druckste ein wenig herum.

      „Mindestens drei Tage“, murmelte er.

      „Also eineinhalb“, erwiderte Hasard. Er wandte sich an Ben Brighton. „Nimm Kurs auf Anegada“, sagte er. „Ich möchte die Insel möglichst erreicht haben, bevor wir abgesoffen sind.“

      „Aye, aye“, sagte Ben Brighton und dachte still bei sich: Da bist du nicht der einzige, der sich das wünscht, Sir.

      2.

      Sie brüllten sich die Seele aus dem Leib, aber die Entfernung von der kleinen Lichtung auf der Anhöhe, von der sie zum Fluß hinunterblikken konnten, bis zum Schiff war zu groß.

      Matt Davies und die anderen konnten es nicht begreifen, was sie sahen, bis der Kutscher auf die See deutete und sagte: „Deshalb also.“

      Jetzt sahen auch die anderen die schnelle Karacke, die vierkant vor dem Wind segelte, genau auf die Flußmündung zu, in der die „Isabella“ Anker geworfen hatte.

      Sie wußten plötzlich, daß dem Seewolf keine andere Wahl geblieben war, als ankerauf zu gehen und die See zu gewinnen, wenn er nicht ein Opfer von beutehungrigen Piraten werden wollte, von denen es zwischen den Inseln über dem Winde zur Zeit nur so zu wimmeln schien.

      „Sie werden die Hunde zu den Fischen schicken und zurückkehren, um uns zu holen“, sagte Blacky grimmig. „Laßt uns schon mal zum Fluß runtermarschieren, damit wir rechtzeitig beim Boot sind, wenn die ‚Isabella‘ wieder auftaucht.“

      Die anderen nickten.

      Der Kutscher, der den Zwilling Hasard am Schlafittchen hielt und immer noch zur „Isabella“ hinunterschaute, wie sie den Fluß hinuntertrieb und schließlich mit Steuerbordhalsen seewärts lief, schüttelte den Kopf.

      „Vom Ufer aus können wir nicht sehen, was die Piraten vorhaben“, sagte er. „Wir bleiben hier oben und warten ab, was passiert.“

      „Seit wann hast du zu bestimmen, was geschieht?“ Blacky war rot angelaufen vor Zorn. Er konnte es von anderen schon schlecht vertragen, wenn seine Vorschläge nicht akzeptiert wurden, vom Kutscher aber ganz und gar nicht.

      „Hier gibt’s weder einen Kapitän noch einen Bootsmann oder einen Profos“, erwiderte der Kutscher mit erhobenem Kopf. „Also hat der zu bestimmen, der am meisten Grips im Kopf hat.“

      „Dann bestimme ich“, sagte Hasard junior und versuchte, sich mit einer geschickten Körperdrehung aus dem Griff des Kutschers zu befreien. Der Stoff seines Kalikohemdes knirschte, hielt aber dem festen Griff des Kutschers stand.

      „Du hältst die Klappe, du kleiner Stint“, sagte Blacky. Er starrte den Kutscher wütend an. „Ich …“

      Der Schwede Stenmark unterbrach ihn. Seine Hand wies hinaus auf See.

      „Sie wollen die ‚Isabella‘ angreifen“, stieß er hervor. „Mann, seht ihr, wie viele Kerle an Bord der Karacke sind? Das sind mehr als hundert Piraten! Wenn die die ‚Isabella‘ entern, dann gute Nacht.“

      Selbst Blacky vergaß seinen Streit mit dem Kutscher. Gebannt starrte er mit den anderen auf die See hinaus, wo sich für ihr Schiff eine Katastrophe anzubahnen schien. Der Kutscher hatte Hasard losgelassen, der sich sofort mit ein paar Schritten in Sicherheit brachte, dann aber neben seinem Bruder stehenblieb und wie die anderen gespannt das Geschehen beobachtete.

      Batuti, der große, breitschultrige Neger aus Gambia, stöhnte auf, als er sah, wie die „Isabella“ zu halsen begann und plötzlich auf die Karacke der Piraten zuhielt.

      Keiner der Männer sagte ein Wort. Sie wußten, daß die Entscheidung dicht bevorstand. Sie alle glaubten daran, daß der Seewolf wie immer ein Loch finden würde, durch das er noch schlüpfen konnte, aber diesmal sah es verdammt trübe aus.

      Der Kanonendonner hallte über das Meer und erreichte die Ohren der Männer erst, nachdem sie gesehen hatten, wie die Kugeln, die von der „Isabella“ abgefeuert worden waren, in die Takelage der Karacke einschlugen und den Großmast und Besanmast knickten.

      Die Männer auf der Lichtung begannen vor Begeisterung zu brüllen. Sie hieben sich auf die Schultern, als die Karacke aus dem Ruder lief und manövrierunfähig in der aufgewühlten See lag.

      „Dad hat’s geschafft!“ rief Philip mit heller Stimme. „Jetzt wird er sie zur Hölle schicken!“

      Er hatte ausgesprochen, was alle dachten. Doch die „Isabella“ wendete nicht. Sie lief ihren Kurs, den sie nach der Halse eingeschlagen hatte, unbeirrt weiter.

      „Verfluchtes Scheiße!“ sagte Batuti inbrünstig. „Die Piraten haben geschossen Loch in ‚Isabella‘!“

      Jetzt sahen es auch die anderen. Die Krängung der Galeone konnte nicht nur daher rühren, daß sie hart am Wind lief. Eine oder mehrere Kugeln, die von der Karacke aus abgefeuert worden waren, mußten den Rumpf der „Isabella“ getroffen haben. Nur so war es zu erklären, daß der Seewolf abdrehte. Wenn sein Schiff voll Wasser lief, war es bald manövrierunfähiger als die Karakke, wenn die Piraten sich von den abgeknickten Masten befreit hatten.

      „Und wir?“ fragte Philip. „Sie können uns doch nicht einfach hier zurücklassen!“

      „Das hat uns noch gefehlt“, murmelte Matt Davies und wies mit seinem Haken an der rechten Hand zur Karacke hinunter, die vom Wind genau auf die Flußmündung zugetrieben wurde, in der vor einer halben Stunde noch die „Isabella“ vor Anker gelegen hatte.

      „Wenn die hier vor Anker gehen, reißen wir uns das Schiff unter den Nagel und segeln hinter Dad her“, sagte Hasard grimmig.

      Die Männer starrten ihn wütend an. Nur Batuti fragte grinsend: „Willst du ganz allein entern, oder soll Batuti dir helfen?“

      „Pfff“, äußerte sich Hasard, als er die grimmigen Gesichter vom Kutscher, Stenmark, Matt Davies und Blacky sah. „Und ihr wollt Männer sein.“

      Der Kutscher war mit einem Satz wieder bei ihm, und ehe Hasard sich bükken konnte, hatte die Faust des Kochs ihn wieder am Wickel. Er versuchte, sich aus dem Griff des Kutschers herauszuwinden, kassierte dafür aber eine Ohrfeige, die ihn ruhig werden ließ.

      „Jetzt hör mal zu, mein Junge“, sagte der Kutscher mit einer scharfen Stimme, die auch die anderen aufhorchen ließ. „Bis jetzt war für dich alles nur Spaß. Daß du vorhin durch deine vorlaute Klappe das Bergschaf verscheucht hast, das unseren Speisezettel mal wieder ein bißchen abwechslungsreicher hätte aussehen lassen, habe ich noch hingenommen, aber hier und jetzt ist Schluß mit deinen Mätzchen, verstanden? Jetzt geht es um mehr, Freundchen. Du hast gesehen, daß die anderen uns nicht mehr an Bord nehmen konnten. Dein Vater erwartet von uns, daß wir noch am Leben sind, wenn er zurückkehrt, um uns hier abzuholen. Wenn die Piraten hier an Land gehen, werden sie mindestens zwei Tage bleiben, um ihre beiden Masten wieder in Ordnung zu bringen. Das heißt, sie werden die Insel durchstreifen. Wenn sie uns sehen, werden sie uns gefangennehmen, und wenn sie kapieren, daß wir zur ‚Isabella‘ gehören, was wohl nicht schwer zu merken ist, werden sie uns die Hälse durchschneiden, bevor wir einen Ton über die Lippen bringen. Ab sofort haltet ihr beide die Klappe, verstanden? Jetzt reden nur noch die Erwachsenen. Jedesmal, wenn du deine Luke aufreißt, fängst du eine, Hasard, ist das klar?“

      In jeder anderen Situation hätte Hasard die richtige Antwort auf so viele Belehrungen gewußt, aber er spürte, daß es dem Kutscher und auch den anderen Männern ernst war. Wahrscheinlich meinten sie alle, sie müßten auf ihn und Philip aufpassen. Verdammt, wann würden die Kerle endlich begreifen, daß sie keine Kinder mehr waren?

      Ausgepumpt und keuchend lagen sie in Deckung und starrten auf die Karakke, die nur noch die Fock gesetzt hatte und vom stürmischen Wind in die Flußmündung gedrückt wurde.

      Sie hatten es gerade noch geschafft, das Boot stromaufwärts zu schleppen und zu pullen und es zwischen dichten Büschen zu verstekken, nachdem sie es