Seewölfe Paket 12. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954395019
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waren durch die Explosion des Pulverpfeils verletzt. Stöhnend erhoben sie sich aus ihrer Deckung. Sie dachten jetzt nicht mehr an Widerstand, sondern nur noch an Flucht, und trafen keine Anstalten mehr, auf die Seewölfe zu schießen.

      Für Hasard und seine Männer boten sie ein recht deutliches Ziel in der Nacht, doch der Seewolf gab den Befehl, keinen Schuß auf sie abzugeben.

      La Menthe starrte wie in Trance auf die Flaschenbombe in seiner Hand. Die Lunte brannte doch, Duplessis hatte es noch geschafft, sie zum Glühen zu bringen – das merkte der Glatzkopf erst jetzt. Entsetzt und verwirrt zugleich warf er sie fort, aber nicht weit genug, um seinen Feinden damit zuzusetzen.

      Die Flasche fiel auf das Plateau, zerbrach jedoch nicht, denn sie war aus sehr starkem, dickwandigem Glas gefertigt. Sie rollte auf die beiden verletzten Franzosen zu, und ihre Lunte brannte weiter.

      „He!“ schrie La Menthe. „Paßt auf! Lauft weg! Die Flasche!“

      Blutüberströmt taumelten die Männer auf ihren Anführer zu. Sie waren hart angeschlagen und schienen kaum noch etwas von ihrer Umgebung wahrzunehmen. Der eine sank plötzlich auf die Knie. Der andere blieb unschlüssig stehen und gab einen röchelnden Laut von sich.

      Die Flasche rollte dem ersten gegen das linke Knie, dann ging sie hoch.

      Erschüttert verfolgten Hasard und seine Männer die Wirkung dieser vierten Explosion. Der Donnerhall verebbte. Sie richteten sich auf, um das Plateau zu stürmen und La Menthe, den einzigen Überlebenden, zu schnappen, doch jetzt konnten sie seine Schritte vernehmen, die davonhasteten.

      La Menthe ergriff die Flucht. Er wollte zurück ins Tal laufen, sein Anwesen erreichen und sich dort, innerhalb der weißen Mauern, verbarrikadieren.

      Hasard stürmte den Hang hinauf. Er wollte La Menthe, der das Leben seiner Gefährten so leichtfertig aufs Spiel gesetzt und seine Leute buchstäblich verheizt hatte, nicht so billig davonkommen lassen. Er wollte ihn um jeden Preis fassen.

      Big Old Shane zielte mit dem Revolverstutzen in den Nachthimmel und gab drei Schüsse ab. Das war das Zeichen für Ben Brighton, daß er mit der „Isabella“ nicht ankerauf zu gehen und in den Kampf einzugreifen brauchte.

      Ben hatte beim Dröhnen der ersten Flaschenbomben-Explosion den Anker lichten lassen, doch jetzt atmete er auf und rief Smoky, Blacky, Al Conroy und Will Thorne, die auf der Back am Gangspill standen, zu: „Fallen Anker, wir werden offenbar doch nicht gebraucht!“

      „Na, so ein Glück“, sagte Blacky. „Viel hätten wir ja ohnehin nicht unternehmen können, denn wer kann in der Dunkelheit schon Freund und Feind unterscheiden und auf die richtige Stelle feuern?“

      Der Kutscher, der neben den Zwillingen am Schanzkleid der Kuhl stand, sagte: „Ich würde was drum geben, wenn ich erfahren könnte, was überhaupt los ist. Himmel, in was für ein Schlangennest sind wir hier nur getreten?“

      „Giftige Schlangen sind’s bestimmt“, meinte Philip junior. „Sonst hätten Dad und die anderen wohl nicht so kräftig hingelangt.“

      „Gebe der Himmel, daß keiner der Unseren verletzt ist“, sagte der Kutscher, und dann schlug er das Zeichen des Kreuzes, denn es war ihm sehr ernst mit diesem Wunsch.

      9.

      Lodovisi, Zorzo, Prevost und die fünf anderen ehemaligen Decksleute der „Novara“ hatten eine lichtere Region des Dschungels erreicht, von der aus sie das Aufblitzen der Explosionen in den Bergen sehen konnten. Das Grollen war so deutlich zu hören, als wären die Ladungen in ihrer unmittelbaren Nähe hochgegangen.

      „Ich werd’ nicht wieder“, sagte Zorzo. „Da müssen ja ganze Pulverfässer in die Luft geflogen sein. Wer ist denn so verrückt, das zu tun?“

      „Keine Ahnung“, erwiderte Roi Lodovisi. „Aber eins steht fest. Zwei gegnerische Gruppen schlagen sich da drüben die Köpfe ein.“

      „Und wir wollen uns in diesen Teufelskreis wagen?“ fragte Prevost. „Das gefällt mir nicht. Das geht nicht gut für uns aus, sage ich.“

      Einer seiner Kumpane, der sich etwas weiter vorgearbeitet hatte, sagte plötzlich: „Kommt mal her – hier herüber! Ich sehe ein paar Lichter. Da muß ein Dorf oder so was Ähnliches sein.“

      Sie wandten sich um und eilten ihm nach. Wenige Augenblicke später konnten auch sie die glitzernden Punkte sehen, die unzweifelhaft die Beleuchtung mehrerer Häuser darstellten. Die Bauten schienen in einer Senke oder einem Tal zu stehen. Sie lagen auf jeden Fall unterhalb des Platzes, wo der Urwald sich öffnete und Lodovisi und seine Kerle jetzt standen.

      Lodovisi lächelte mit einemmal.

      „Sehr gut“, sagte er. „Jetzt wissen wir, wo unser Ziel liegt. Wie heißt es doch so schön? Wenn zwei sich streiten, freut sich der dritte.“

      „Und jeder ist sich selbst der Nächste“, warf Mario Zorzo ein.

      „Ja, das natürlich auch. Dort unten finden wir mit Sicherheit alles, was wir brauchen“, sagte Lodovisi. „Waffen, Pulver, Kugeln – alles. Wenn wir Glück haben, gibt es nur ein paar Wachen, die wir leicht überwältigen können. Los, beeilen wir uns.“

      Sie begannen den Abstieg ins Tal.

      Sie ahnten nicht, daß jemand anders bereits im Begriff war, ihnen ein wichtiges Stück Arbeit abzunehmen.

      Die beiden Franzosen, die als Posten bei den Steinhäusern zurückgeblieben waren, sahen sich besorgt an. Sie fragten sich, was oben in den Bergen an der Westbucht wohl vorgehen mochte und welche Art Kampf La Menthe gegen die, die den Frieden der Insel Martinique gestört hatten, führen mußte.

      Sie standen nicht weit vom Sklavenhaus entfernt und hielten ihre Musketen im Anschlag. Ihre Anweisungen waren klar. Sie sollten sich nicht vom Fleck rühren, eventuelle Angriffe von außen abwehren, vor allem aber darauf achten, daß die Senegalesen – vier Männer und sechs Frauen – nicht die allgemeine Unruhe ausnutzten und einen Ausbruchsversuch unternahmen.

      Im Sklavenhaus wurden hin und wieder Rufe laut, manchmal waren polternde Laute zu vernehmen.

      „Verdammter Mist“, sagte der eine Posten. „Jetzt werden sie doch aufsässig. Wir hätten sie besser gleich angekettet.“

      „Das ließe sich nachholen“, erwiderte der zweite Mann. „Wir riegeln die Tür auf, du hältst sie in Schach, und ich fessle sie mit den Ketten an die Mauer. Dann haben wir unsere Ruhe.“

      „Warte“, sagte der erste. „Ich habe ein Geräusch gehört.“

      „Ja, natürlich. Sie werden immer wilder und haben die Peitsche verdient.“

      „Nein, das ist es nicht.“

      „Doch. Und soll ich dir was sagen? Es sind die Weiber, die ihre Kerle aufhetzen. Sie wissen, daß wir nur noch zu zweit sind, und wittern ihre Chance. Sie …“

      „Nein“, unterbrach ihn der andere. „Das Geräusch klang von La Menthes Haus her. So ein Kratzen oder Schaben – als ob jemand an der Hintertür herumhantiert.“

      „Jetzt phantasierst du. Das schwarze Pack kann nicht ausgebrochen sein. Noch ist die Tür zu, und die Fenster sind alle vergittert. Wo sollen sie denn wohl ’rausschlüpfen, wenn nicht aus der Tür?“

      Der andere ließ sich nicht beirren. „Ich will nicht sagen, daß es einer der Neger ist, der da im Dunkeln herumschleicht. La Menthe hat uns vorhin zugerufen, der Aufstand sei ausgebrochen. Irgend jemand ist auf der Insel gelandet und bedroht uns, oder wie stellst du dir das sonst vor? Ich meine, irgend so ein Bastard könnte doch zu uns heruntergeschlichen sein, ohne daß La Menthe es bemerkt hat, und es dürfte ihm nicht schwergefallen sein, über die Mauer zu klettern.“

      „Sei still“, zischte sein Kamerad. „Ich wage mir das gar nicht auszumalen.“

      „Hast du die Hosen schon voll?“

      „Unsinn.“

      „Ich