Seewölfe Paket 12. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954395019
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Licht über die Insel Martinique ausgoß. Die anderen Überlebenden des Untergangs der „Novara“ umringten sie, und auch die Seewölfe und die Senegalesen hatten sich mit zu der Runde gesellt, die beinah andächtig dem von Hasard auf spanisch geführten Bericht über die blutigen Vorfälle gelauscht hatte.

      Sampiero streckte die Hand aus. Hasard ergriff sie und drückte sie fest.

      „Ich danke Ihnen von Herzen, Signor Killigrew“, sagte der Mann aus Genua. „Sie haben uns vor einem großen Unheil bewahrt. Dieser La Menthe hätte uns zweifellos überfallen, wie er auch Sie und Ihre Männer getötet hätte.“

      „Ja. Er war von seiner Selbstherrlichkeit verblendet und schreckte vor keiner Grausamkeit zurück. Sein Tod hat Martinique von einer Geißel befreit.“

      „Und Sie haben uns die Arbeit abgenommen, die Meuterer zu bestrafen“, sagte Sampiero.

      „Sie haben sich selbst ihr Grab geschaufelt.“

      „Werden Sie noch eine Weile bei uns bleiben, Signor Killigrew?“ wollte Bianca Sampiero wissen.

      „Nein. Wir gehen im Morgengrauen wieder in See. Wir werden noch heute nacht die Wasserfässer füllen und an Bord mannen.“

      „Ich denke, wir werden auf dieser Insel leben können, bis ein Schiff aufkreuzt, das uns aufnimmt und zurück in die Heimat bringt“, sagte der Kapitän der „Novara“. „Und wir werden auch mit diesen Männern und Frauen aus Afrika auskommen, das verspreche ich Ihnen. Aber wie steht es mit der Vulkantätigkeit auf Martinique?“

      „Die Krater sind vorläufig erloschen. Das haben unsere schwarzen Freunde uns erzählt“, erklärte Hasard lächelnd. „Sie sprechen recht gut französisch. Sie werden sich mit ihnen unterhalten können.“

      „Martinique ist also doch nicht so gefährlich, wie man allgemein annimmt“, sagte Emilio Venturi, der Erste Offizier. „Aber vielleicht sind wir gut beraten, wenn wir es nicht weitererzählen, sondern als unser Geheimnis hüten.“

      „Ja. So bleibt ein Paradies bestehen“, erwiderte der Seewolf. „Denn diese Insel kann ein Paradies sein, dessen bin ich sicher. Es hängt von Ihnen ab, Señores.“

      Carberry trat einen Schritt vor und fragte: „Was ist mit dem verletzten Mann, den Sie mit an Land gebracht haben, Capitán? Sollten wir ihn nicht lieber von unserem Feldscher, dem Kutscher, untersuchen lassen?“

      „Danke, aber das ist nicht nötig. Vittorio Medola ist bereits von unserem Feldscher versorgt worden. Er wird überleben, das wissen wir jetzt.“

      „Das beruhigt mich“, sagte der Profos. „Ganz ehrlich. Von den Quertreibern abgesehen, die Ihr schönes Schiff versenkt haben, Capitán, scheinen Sie eine anständige Mannschaft unter sich zu haben.“

      „Eines Tages wird sie wieder ein Schiff steuern“, sagte der Seewolf. „Davon bin ich überzeugt.“

      „Fein“, ließ sich jetzt Old O’Flynn vernehmen. „Wir alle sind mit einem blauen Auge davongekommen, und die Zukunft wird dafür sorgen, daß Sie, Señor Sampiero, und Ihre Leute die Wunden der Vergangenheit vergessen. Aber wissen Sie, über was ich ganz besonders froh bin?“

      „Nein“, antwortete der Italiener überrascht. „Wirklich nicht. Über was denn?“

      „Daß ich nicht den Sand zu fressen brauche, der am Ufer der Westbucht liegt“, erwiderte der Alte. Er sah zu Big Old Shane, und der Schmied von Arwenack begann dröhnend zu lachen …

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      1.

      Es war, als hätte der Teufel selbst seine Hand im Spiel. Im selben Augenblick, als Dan O’Flynns Ruf aus dem Fockmars schallte, daß sich das Schiff, dessen Masten er vor einer Stunde über der Kimm hatte auftauchen sehen, schnurstracks der Mündung des breiten Flusses näherte, in dem sie vor Anker gegangen waren, drehte der Wind schlagartig und begann, das ablaufende Wasser zu peitschen.

      Ben Brighton trat unruhig von einem Bein aufs andere. Er sah, daß Pete Ballie im Ruderhaus auf seine Anweisungen wartete, genau wie die anderen unten in der Kuhl, die voller Spannung zum Achterdeck hinaufstarrten. Bens Blick glitt zwischen dem Ufer der breiten Flußmündung und Hasard hin und her.

      Der Seewolf stand am Backbordschanzkleid des Achterdecks neben der Drehbasse. Er ließ die Bresche des Trockenwaldes, in dem seine Männer vor mehr als eineinhalb Stunden verschwunden waren, um den Frischfleischvorrat der „Isabella VIII.“ aufzufüllen, nicht aus den Augen.

      Verdammt, warum ließen sich die Kerle so lange Zeit? Hasard drehte den Kopf und hob das Spektiv. Er kniff das linke Auge zusammen. Das Schiff, das sich der Insel näherte, war schon deutlich zu erkennen. Es war eine Karacke, die vor dem Wind mit Steuerbordhalsen segelte. Die Fock war teilweise abgedeckt. Es stand außer Zweifel, daß es sich um Piraten handelte, und Hasard wußte, was das bedeutete.

      Er fluchte leise auf den Wind, der sich so plötzlich gedreht hatte. Er war es, der die Piraten so schnell heranführte. Vom Kutscher, Matt Davies, Batuti, Blacky und Stenmark war immer noch nichts zu sehen. Ebensowenig wie von den Zwillingen, die ihn, Hasard, so lange gelöchert hatten, bis er ihnen die Erlaubnis gegeben hatte, mit den fünf Männern an Land zu gehen.

      Hasard nahm das Spektiv vom Auge und drehte sich ruckartig zu Ben Brighton herum. Seine Stimme war leise, aber fest, als er sagte: „Los, Ben, raus hier! Wenn wir länger warten, schießen sie uns in aller Ruhe zusammen und setzen uns auf Grund.“

      Ben Brighton reagierte sofort. Seine laute Stimme hallte über Deck und brachte die Männer in Bewegung. Der Anker wurde gelichtet, Carberry scheuchte die Männer in die Wanten, und nur wenig später waren beide Marssegel gesetzt, die sich knatternd mit Wind füllten.

      Die „Isabella“ drehte sich in der Strömung des ablaufenden Wassers, und mit Fahrt voraus trieb sie die Flußmündung hinunter.

      „Braßt die Großmarsrah back!“ brüllte Carberry, nachdem er Ben Brightons Zeichen gesehen hatte.

      Die Großmarsrah schwang herum, das Großmarssegel wurde vom immer mehr auffrischenden Wind gegen den Mast gedrückt, und die „Isabella“ trieb dwars weiter stromab. Ben Brighton ließ eine Minute später auch die Vormarsrah backbrassen, und mit Fahrt achteraus nahm die „Isabella“ den Bogen der Flußmündung, quer zwischen den Ufern stehend.

      Hasard wußte, daß er sich nicht um seine Mannschaft zu kümmern brauchte. Ben Brighton würde die „Isabella“ heil aus der Flußmündung manövrieren. Aus den Augenwinkeln sah er, daß Al Conroy und Ferris Tucker schon dabei waren, das Schiff gefechtsbereit zu machen.

      Hasards Blick klebte an der Bresche, die in den dichten Wald führte. Noch immer war niemand zu sehen. Er hoffte inständig, daß dieses kleine Eiland von den Jungferninseln unbewohnt war, so daß die Männer und die Zwillinge nichts von kriegerischen Eingeborenen zu befürchten hatten. Wenn sie den Piraten aus dem Weg gegangen waren oder sie im Kampf bezwungen hatten, würden sie in die Flußmündung zurückkehren, um die Männer und die Zwillinge wieder an Bord zu nehmen.

      Er schaute nach oben, als das Knattern der Segel in seinen Ohren dröhnte. Ben Brighton hatte die Rahen lebendbrassen lassen. Die „Isabella“ verlor an Fahrt und trieb mit dem Strom.

      „Braßt die Vormarsrah!“ brüllte Carberry.

      Das Vormarssegel füllte sich und zog die „Isabella“ voraus. Nach dem Brassen der Großmarsrah vermehrte sich die Fahrt. Nachdem Ben Brighton das Schiff hatte abfallen lassen, weitere Segel gesetzt hatte und die Rahen am Wind getrimmt wurden, waren sie klar von der Flußmündung und liefen mit Steuerbordhalsen unter Vollzeug seewärts.

      Ben Brighton trat neben Hasard ans Schanzkleid und blickte der Karacke entgegen, die keinen Zweifel daran ließ, welche Absichten ihr Kapitän hatte. Eine schwarze Flagge mit einem hellen Punkt in der Mitte flatterte am Topp. Sowohl Hasard als auch Ben Brighton