Seewölfe Paket 12. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954395019
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Hoffnungen verleiten. Er hatte La Menthe noch schreien hören und jedes Wort verstanden: Der Kahlkopf trommelte einen Teil seiner Hausstreitmacht zusammen und nahm die Verfolgung auf. Es würde eine gnadenlose Hatz durch die Inselsavanne werden. Dabei war der „Herrscher von Martinique“ gleich zweifach im Vorteil. Er hatte Feuerwaffen, und er kannte sich vorzüglich aus, so daß er jede Möglichkeit der Abkürzung im Gelände nutzen konnte, um seinen entflohenen Gefangen den Weg zur „Isabella“ abzuschneiden.

      Die Steigung nahm zu, und bald mußten die vier Männer sich auf alle viere niederlassen, um nicht auszurutschen. Gesträuch und hohes Uvagras deckten ihre Gestalten zu, und die fallenden Schatten der Nacht taten ein weiteres, doch unter sich vernahmen die Seewölfe jetzt die halblauten Rufe, mit denen sich die Verfolger untereinander verständigten.

      „Hasard!“ zischte Big Old Shane. „Warum legen wir diesen Bastarden keinen Hinterhalt?“

      „Das hat keinen Zweck“, gab der Seewolf zurück. „Sie würden uns ja doch zu früh bemerken und einfach ins Gebüsch feuern. Dann sind wir endgültig geliefert.“

      „Aber wir können unsere Messer nach ihnen werfen“, raunte der Profos. „Glaubst du wirklich, ich würde diesen La Menthe oder diesen Duplessis verfehlen? Der Teufel soll mich holen, wenn ich’s täte.“

      „Sie haben auch die Höllenflaschen“, flüsterte Hasard. „Es hat keinen Zweck, unsere einzige Chance ist die Flucht zur ‚Isabella‘.“

      „Vielleicht haben Donegal und die anderen bei der Quelle die Schüsse gehört“, sagte Shane. „Es waren drei Schüsse, sie müssen also auf jeden Fall Unrat wittern, denn nur ein einziger hätte bedeutet, daß alles in Ordnung ist. Vermutlich haben auch Ben und die Kameraden auf der ‚Isabella‘ die Knallerei gehört – Mann, sie müssen doch was unternehmen!“

      „Hoffen wir’s“, zischte der Seewolf. „Still jetzt, sonst verraten wir La Menthe noch, wo wir sind.“

      Die Männer schwiegen und setzten den Aufstieg fort, so schnell sie konnten. Dan fiel jetzt doch etwas zurück, aber Carberry bemerkte es, drehte sich um und streckte die Hand nach ihm aus. Grinsend nahm Dan die Hilfe an. Mit dem Profos zankte er sich gern mal herum, aber in der Not hielten sie zusammen wie Pech und Schwefel.

      Regis La Menthe hatte ungeduldig auf die drei Männer gewartet, die von dem Anwesen zu ihm und Duplessis heraufgestiegen waren, dann hatte er die kleine Gruppe ausschwärmen lassen und streifte jetzt mit ihr durch das Buschwerk.

      Er konnte nicht wissen, wohin sich Hasard und seine drei Männer genau wenden würden, doch er konnte es sich in etwa ausrechnen, denn er nahm an, daß dem Seewolf die Beschaffenheit des Geländes nicht entgangen war. Ja, er war ein schlauer Hund, dieser Killigrew! Etwas schlauer noch, als La Menthe ihn eingeschätzt hatte, und genau das war der Fehler des Glatzkopfs gewesen. Er hatte es versäumt, die vier Gefangenen gleich auf dem Plateau zu fesseln. Hätte er es getan, hätten sie ihm einen derart üblen Streich nicht spielen können.

      La Menthes Männer hatten die Anweisung, auf jede im Gebüsch auftauchende Gestalt sofort zu schießen, ganz gleich, ob es sich um die Männer der „Isabella“ oder um die entflohenen Senegalesen handelte.

      Daß auch die zwei Sklaven die einmalige Gelegenheit zur Flucht ergriffen hatten, brachte La Menthes Wut zum Überschäumen. Er hatte immer damit gerechnet, daß der eine oder andere Schwarze eines Tages versuchen würde, sich gegen ihn aufzulehnen, und deshalb hatte er sie stets streng unter Bewachung gehalten. Doch jetzt, da es tatsächlich geschehen war, war er vor Zorn außer sich. Nur eine Strafe konnte es für die „dreckigen schwarzen Hunde“ geben, wie er sie nannte: den Tod.

      Er schloß zu Duplessis auf und stieg mit ihm zusammen den Hang hoch.

      „Wir kriegen sie“, sagte er schwer atmend. „Spätestens auf dem Plateau haben wir sie vor uns wie auf einem Präsentierteller. Dorthin flüchten sie, wohin sollten sie sonst laufen, ohne sich zu verirren?“

      „Wir töten sie mit ihren eigenen Waffen“, sagte der bullige Mann.

      „Ja, und vielleicht jage ich sie mit einer dieser Flaschenbomben in die Luft, die ich mir an den Gürtel gebunden habe. Hast du Feuerstein und Feuerstahl dabei, Duplessis?“

      „Ja.“

      „Sehr gut“, sagte der Glatzkopf. „Eine hübsche, laute Explosion hört sich gut an und wird auch die anderen Hurensöhne von Bord der Galeone anlocken. Sobald sie an Land sind, blasen wir auch ihnen das Lebenslicht aus.“

      Seine Rechnung mußte aufgehen, nur in einem Punkt hatte er sich getäuscht: die anderen „Hurensöhne“ befanden sich bereits auf der Insel und schickten sich an, unter der Führung von Old O’Flynn und Ferris Tucker, dem rothaarigen Schiffszimmermann der „Isabella“, das Aussichtsplateau zu stürmen.

      Old Donegal Daniel O’Flynn hatte ganz richtig gehandelt, wenn seine Entscheidung auch nicht mit den Befehlen des Seewolfes konform ging. Statt die Nacht abzuwarten, hatte er Matt Davies und Bob Grey zurück zur Ankerbucht der „Isabella“ geschickt, damit sie Ben Brighton und die anderen alarmierten und entsprechend unterrichteten.

      Ben Brighton hatte daraufhin auch nicht zu handeln gezaudert. Er hatte Verstärkung an Land geschickt: Ferris Tucker. Bob, Matt, Batuti, den schwarzen Herkules aus Gambia, Stenmark und Jeff Bowie. Diese sechs waren im Trab zu Old O’Flynn, Luke, Sam und Bill geeilt, dann hatte sich der ganze zehnköpfige Trupp zu den Bergen nördlich der Bucht in Bewegung gesetzt.

      An Bord der „Isabella“ befanden sich somit nur noch Ben Brighton, der Kutscher, Smoky, Blacky, Pete Ballie, Gary Andrews, Al Conroy, Will Thorne und die Söhne des Seewolfs – acht Männer und zwei Jungen also, die aber doch immer noch eine zahlenmäßig ausreichende Crew abgaben für den Fall, daß die „Isabella“ auslaufen und in einen möglichen Kampf eingreifen mußte.

      Was immer auf dem Plateau geschehen sein mochte, Ben hatte sowieso gefechtsklar machen lassen und beobachtete die Berge im Norden, von denen aus Old O’Flynn und Ferris Tucker ein Zeichen geben wollten, falls sie Unterstützung durch die Schiffsgeschütze brauchten.

      Mit wem Hasard, Shane, Ed und Dan auf dem Plateau zusammengetroffen waren und was sich dort ereignet hatte, war für den zehnköpfigen Einsatztrupp immer noch ein Rätsel, als die Felsenplattform nun erreicht war. Sie blickten sich nach allen Seiten um, entdeckten aber keinen Menschen. Der Seewolf und die anderen Kameraden waren verschwunden.

      „Verdammt und zugenäht“, sagte der alte O’Flynn. „Das geht doch nicht mit rechten Dingen zu. Hölle, wenn es bloß nicht schon so dunkel wäre.“

      „Sprich nicht so laut“, zischte der rothaarige Riese. „Es könnten Hekkenschützen in den Felsen sitzen.“

      „Wenn, dann hätten sie schon längst auf uns gefeuert“, sagte der Alte knurrig. „Beim Henker, wo sollen wir jetzt nach unseren Männern suchen? Und warum gibt Hasard uns kein Zeichen?“

      „Hier bin ich!“ ertönte plötzlich von rechts her ein schwacher Ruf, der ihre Köpfe herumrucken ließ. „Achtung, sie sind hinter uns her!“

      „In Deckung!“ raunte Old O’Flynn seinen Begleitern zu. „Hinlegen, ehe sie uns einheizen!“ Er ging selbst als erster zu Boden, hielt angestrengt Ausschau in die Richtung, aus der die Stimme des Seewolfs ertönt war, und sagte: „Kannst du uns überhaupt sehen, Sir?“

      „Ja, soweit alles in Ordnung, Donegal. Aber die Hunde sind uns dicht auf den Fersen.“

      „Denen bereiten wir eine nette Begrüßung!“ stieß Ferris Tucker grimmig aus. „Was sind denn das für Bastarde und Höllenhunde, daß sie sich einbilden, sie könnten sich ernsthaft mit uns anlegen?“

      Hasards Gestalt erschien in der Dunkelheit. Hinter ihm tauchten die Konturen von Carberry, Shane und Dan O’Flynn aus dem letzten verblassenden Schimmer der Dämmerung auf.

      Hasard ließ sich neben Old O’Flynn und Ferris nieder und sagte: „Ein paar halbverrückte Franzosen, die die Insel unter ihrer Fuchtel haben. Wir dürfen sie aber nicht unterschätzen. Sie haben unsere