Seewölfe Paket 12. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954395019
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überlebenden Sklaven zusammen, schlugen uns durch den Dschungel und fanden schließlich dieses Tal. Wir beschlossen, uns hier niederzulassen, und das haben wir seit jenem Tag nicht bereut.“

      „Und was soll jetzt aus uns werden?“ fragte der Seewolf. „Sollen wir euch auch als Leibeigene dienen?“

      „Vielleicht.“

      „Unsere Kameraden werden bald nach uns suchen.“

      „Das kann ich mir denken“, sagte der Franzose.

      „Es sind viele Männer, La Menthe, sehr viele.“

      „Stört mich das?“ Der Glatzkopf ließ wieder sein unangenehmes Lachen vernehmen. „Nein, nicht im geringsten. Natürlich finden sie uns, aber sie werden es nicht wagen, euer Leben aufs Spiel zu setzen.“

      „Aber sie werden auf meinen Befehl hören.“

      „Du würdest zum Angriff blasen und selbst den Märtyrer spielen? Ich glaube nicht, daß du dich von mir erschießen lassen würdest. Schon gar nicht würdest du zulassen, daß ich vor deinen Augen deine drei Spießgesellen hier langsam zu Tode quäle.“

      „Was bezweckst du mit alledem?“ fragte Hasard, ohne sich nach ihm umzudrehen.

      „Ich will, daß du mir einen kleinen Gefallen tust“, antwortete La Menthe. „Dein Schiff gefällt mir. Du wirst es mir durch eine Schenkungsurkunde vermachen. Ich setze den Text auf, und du unterschreibst einfach. Das ist alles.“

      „Mit meinem Schiff wirst du keine Freude haben.“

      „O doch. Ich will damit kleine Abstecher in die Umgebung von Martinique unternehmen, zum Beispiel nach Dominica hinauf, wo ich dich und deine Mannschaft von Schnapphähnen und Schlagetots auch aussetzen werde.“

      „Und dann? Willst du dich der Freibeuterei verschreiben, die du doch so sehr verabscheust, Sklavenjäger?“

      „Ich könnte mir vorstellen, daß ich vorbeisegelnden Spaniern und Portugiesen ein wenig von dem Reichtum abnehme, den sie unverdienterweise zusammenraffen und nach Spanien verschiffen“, erwiderte La Menthe höhnisch lächelnd. „Wer weiß, vielleicht kehre ich eines Tages als reicher Mann in meine Heimat zurück.“

      „Du bist ein Narr, Sklavenjäger“, sagte Hasard.

      La Menthes Züge verzerrten sich. „Wenn du mich noch einmal so nennst, dann ziehe ich dir den Knauf deiner eigenen Pistole über den Schädel, du Hund.“

      „Wie soll ich dich denn sonst bezeichnen? Als Leuteschinder? Als Galgenstrick? Als hirnrissigen Prügelknecht, der ein Dutzend armer Neger quält?“

      „Hör auf!“ schrie La Menthe.

      „Was sagt der Hund, was sagt er?“ fragte Duplessis, der hinter seinem Herrn hermarschierte.

      Dan, Shane und Carberry, die hinter Hasard schritten, begriffen jetzt, was ihr Kapitän plante, und mit einemmal waren ihre Sinne bis zum äußersten geschärft. Dan humpelte ein wenig stärker und gab ein unterdrücktes Stöhnen von sich, womit er dem Seewolf signalisierte, daß er zur Aktion bereit war.

      Weiterer Absprachen, die ohnehin von dem Franzosen unterbunden worden wären, bedurfte es nicht. Hasard und seine Männer waren hervorragend aufeinander eingespielt. Hundert Abenteuer hatten sie so fest zusammengeschmiedet wie keine andere Schiffsmannschaft.

      „La Menthe“, sagte Hasard voll Verachtung. „Du beschimpfst uns, weil du uns für Seeräuber hältst, aber du vergißt dabei, was für eine niedere Kreatur du selbst bist. Es gibt nichts Erbärmlicheres auf dieser Welt als einen Sklaventreiber, das weiß doch jedes Kind.“

      „Sei still!“ fuhr der Glatzkopf ihn an. „Warte, dich bringe ich zum Schweigen, dir stopfe ich das Maul!“

      Er überholte mit zwei schnellen Schritten Big Old Shane, strebte dann an Carberry und Dan O’Flynn vorbei und hob die erbeutete Reiterpistole, um sie auf den Kopf des Seewolfs niedersausen zu lassen.

      Dan brach plötzlich in den Knien zusammen und ließ sich auf die rechte Körperseite sinken. Er stöhnte noch einmal und tat so, als wolle er sich das schmerzende Bein halten. In Wirklichkeit aber griff er nach einem der faustgroßen Steine, die am Rand des Pfades lagen.

      Wie auf ein vorher vereinbartes Zeichen hin schnellte Carberry unvermittelt vor – zu schnell für Duplessis, der zwar feuern wollte, jedoch durch die erstaunliche Gewandtheit des Profos’ irritiert war. Nur einen Atemzug lang – dieser Zeitraum genügte Carberry, dem Glatzkopf einen heftigen Schlag in den Rücken zu geben.

      Hasard sprang zur Seite, hielt sein linkes Bein aber so, daß La Menthe darüber stolperte. Der Franzose schlug der Länge nach hin, überrollte sich und verlor die Doppelläufige aus der Hand.

      Dan hatte den Stein in der Faust, fuhr auf dem Boden herum und schleuderte ihn nach Duplessis. Big Old Shane duckte sich gedankenschnell und drehte sich dabei um, um den Bullen angreifen zu können.

      Gut gezielt prallte der Stein gegen Duplessis’ Stirn, und der begann zu wanken wie ein Betrunkener. Er ging aber nicht zu Boden, sondern riß seine beiden Pistolen hoch und feuerte die rechte auf Dan ab. Der Schuß krachte, der Stein polterte zu Boden. Dan wälzte sich seitlich ins Dickicht und entging der Kugel um Haaresbreite.

      Shane wich ebenfalls aus, weil Duplessis fluchend mit der anderen Pistole fuchtelte und Anstalten traf, damit genau auf seine breite Brust abzudrücken.

      „Weg!“ rief der Seewolf. „Abhauen! Los, beeilt euch!“

      Carberry hatte zwar vorgehabt, sich mit dem ganzen Gewicht seines Körpers auf La Menthe zu werfen, doch dieser hatte sich inzwischen halb aufgerichtet und zielte mit seiner zweiten Pistole auf den Narbenmann. Rechtzeitig hatte Hasard erkannt, daß sie auch zu viert keine reelle Chance hatten, die Franzosen zu überwältigen, ganz ohne Waffen war es ein hoffnungsloses Unterfangen.

      Aber fliehen konnten sie – und das taten sie jetzt, indem sie sich zu Dan hinüber ins Gebüsch warfen, sich schnell wieder aufrappelten und davonliefen.

      La Menthe feuerte, aber die Kugel lag zu hoch und pfiff über die Köpfe der vier weg. La Menthe sprang auf, fluchte auf mörderischste Weise in seiner Muttersprache und hob die Doppelläufige, die er wieder an sich gebracht hatte, aber die Gestalten, die jetzt im Dickicht verschwunden waren, boten ihm kein Ziel mehr.

      Duplessis stand zornbebend da und wollte sich mit der einen Hand die schmerzende Stirn reiben, doch jäh traf ihn von hinten ein Stoß. Er flog gegen seinen Willen auf seinen Herrn zu, konnte ihm nicht mehr ausweichen, prallte mit ihm zusammen und ging mit ihm zu Boden.

      Einer der beiden schwarzen Männer hatte die Gelegenheit ergriffen und Duplessis mit seinem nackten Fuß kräftig gegen das Rückgrat getreten. Jetzt wandte er sich nach rechts und tauchte im Gebüsch unter, und sein Stammesbruder folgte dem Beispiel.

      La Menthe befreite sich von der Last des Bullen Duplessis, erhob sich und sandte den Negern eine Kugel nach, doch auch diese traf nicht.

      Aus Richtung der Häuser erklangen helle, fragende Rufe. Sie wurden von La Menthes und Duplessis’ französischen Landsleuten ausgestoßen, die beim Aufpeitschen der Pistolenschüsse die Häuser verlassen hatten und sich jetzt erschrocken nach allen Seiten umsahen.

      „Drei Mann zu mir herauf!“ schrie La Menthe mit überkippender Stimme. „Die beiden anderen bleiben unten und passen auf die verfluchte schwarze Brut auf! Der Aufstand ist ausgebrochen, Martinique ist in Gefahr! Aber wir werden sie alle töten, diese Hunde, töten, töten!“

      7.

      Roi Lodovisi, Corrado Prevost, Mario Zorzo und die fünf anderen Meuterer der „Novara“ hatten auf einem aus dem Wasser ragenden Teil der Korallenbänke eine kurze Verschnaufpause eingelegt, dann waren sie weitergeschwommen. Sie befanden sich jetzt auf der Landzunge und blickten zurück zu der Untergangsstelle der Galeone.

      „Zur Hölle!“ stieß Lodovisi aus. „Sie sind nicht alle ersoffen.