»Träum weiter, Süße. Das wird nichts mehr mit Richard und Britta. Hast du gerade nicht richtig hingehört? Unsere Britta hat sich offensichtlich verliebt.«
»Ich bitte dich, Gundi, mehr als ein kleiner Urlaubsflirt wird sicher nicht daraus werden. Warte nur ab, sobald sie Richard wieder sieht und er sie um Verzeihung bittet, wird sie ihm vergeben.«
»Wunschdenken.«
»Er ist mein Zwillingsbruder, ich leide mit ihm.«
»Hör auf, Rieke, er ist erwachsen, er wusste, was er tat, als er Britta den Laufpass gab. Und jetzt ist sie endlich über ihn hinweg.«
»Wir werden sehen, was passiert«, erklärte Ulrike trotzig.
»Wann willst du ihr sagen, dass er zurückkommt?«
»Ich weiß es noch nicht. Vielleicht sage ich ihr gar nichts und lade die beiden einfach gleichzeitig zu mir ein, wenn wir wieder zu Hause sind.«
»Du solltest sie nicht unvorbereitet aufeinander treffen lassen.«
»Mal sehen, wie ich es mache. Kann ich mich darauf verlassen, dass du erst einmal nichts zu ihr sagst?«
»Ich soll sie anlügen?«
»Wieso denn anlügen? Sie wird dich kaum nach Richard fragen. Warum solltest du sie anlügen?«
»Gut, ich halte mich raus, aber du solltest dir wirklich gut überlegen, was du tust.«
»Keine Sorge, sie liegen mir beide sehr am Herzen. Ich habe nicht vor, ihnen wehzutun.«
»Gut, dann gehen wir Kaffee trinken«, sagte Gundula. Was auch immer Ulrike und Richard planten, wie die Sache letztendlich ausging, das lag allein an Britta.
*
Der Biergarten der Brauerei war wie jeden Abend gut besucht. Die Tische und Bänke standen im Hof des roten Backsteingebäudes direkt neben dem Bach, in dem sich schon so mancher nach einem langen Abend abgekühlt hatte. Die Kellnerinnen in ihren dunkelroten Dirndln waren mit schwer beladenen Tabletts unterwegs oder hatten die Arme voller Maßkrüge, die sie zu den Tischen brachten.
Kai saß an einem der kleinen Vierertische, die direkt am Bachufer standen, als Britta den Biergarten betrat. Er winkte ihr fröhlich zu und kam ihr entgegen.
»Wie geht es deiner Hand?«, erkundigte er sich.
»Schon besser, es ist nur eine leichte Verstauchung.«
»Tut mir leid, ich glaube, ich habe Sie gerade geduzt«, entschuldigte sich Kai.
»Kein Problem, wir können gern beim Du bleiben«, sagte Britta. Für sie hatte es ganz selbstverständlich geklungen. Sie hatte sich nicht einmal etwas dabei gedacht. »Ist das eine Imkerei?«, wollte sie wissen, nachdem sie sich an ihren Tisch gesetzt hatten und sie das weiße Haus entdeckte, das auf der anderen Uferseite am Rande der Rapsfelder stand.
Es war ein Flachbau mit hohen Fenstern, und die Lüftlmalerei, die seine Fassade schmückte, zeigte einen Imker, der sich um einen Bienenstock kümmert.
»Die Imkerei gehört zur Brauerei. Sie verwenden ihren eigenen Honig für ihr Honigbier.«
»Honigbier habe ich bisher noch nie getrunken.«
»Dann hast du jetzt die Chance, es zu probieren. Möchtest du eins?«
»Ja, gern.«
»Irmi, zwei Honigbier, bitte«, wandte sich Kai an die ältere Bedienung, die gerade mit den Armen voller Maßkrüge an ihnen vorbeimarschierte.
»Geh her, ihr bekommt sie gleich. Die anderen können ruhig noch ein bissel warten, die haben schon ein recht ordentliches Quantum intus«, erzählte Irmi, die dienstälteste Bedienung der Brauerei Schwartz, und stellte zwei der gläsernen Maßkrüge auf ihren Tisch. »Soll’s auch was zum Essen sein?«, fragte sie.
»Ja, wir wollten etwas essen«, sagte Kai.
»Ist recht, ich komm dann gleich wieder«, antwortete Irmi und marschierte forsch weiter zu einem der langen Tische, an dem sie von einer Gruppe junger Männer schon sehnsüchtig erwartet wurde.
»Auf unseren ersten gemeinsamen Abend«, sagte Kai, als er den Maßkrug anhob.
»Dann gehst du davon aus, dass weitere folgen werden?«
»Ich hoffe es. Oder denkst du, dass ein Abend mit mir genug ist?«, fragte er lächelnd.
»Ich denke, ich könnte noch einen weiteren folgen lassen oder vielleicht auch zwei. Mal sehen.«
»Du meinst, wenn ich mich gut benehme, dann treffen wir uns wieder?«
»Wäre möglich.«
»So, was darf ich denn zum Essen bringen?«, fragte Irmi, die ihre Bierkrüge abgeladen hatte und wieder an ihren Tisch kam.
»Ich nehme die Schupfnudeln mit Paprika und Käse«, sagte Britta. Sie hatte inzwischen einen Blick auf die Schiefertafel mit den Tagesangeboten geworfen, die neben dem Eingang des Bräustübels hing.
»Für mich auch die Schupfnudeln«, schloss sich Kai an.
»In Ordnung, zweimal Schupfnudeln«, sagte Irmi und huschte in das rote Backsteinhaus, um in der Küche des Bräustübels ihre Bestellungen aufzugeben.
»Und jetzt probiere ich das Bier«, sagte Britta, als Kai sie anschaute und sein Blick sie auf einmal nervös machte.
»Wie schmeckt es dir?«, wollte er wissen, nachdem sie von ihrem Bier getrunken hatte.
»Echt gut«, sagte sie und trank gleich noch einen großen Schluck, bevor sie das Glas wieder auf den Tisch stellte. Was soll das denn?, dachte sie, als sie die SMS von Ulrike las, die auf ihrem Handy eintraf, das sie auf den Tisch gelegt hatte.
»Vorsicht, Alkohol macht gefügig«, hatte sie geschrieben.
Das bedeutete, sie musste sie beobachten, sonst hätte sie das mit dem Bier nicht wissen können.
»Stimmt etwas nicht?«, fragte Kai, als sich Britta plötzlich in alle Richtungen umsah.
»Wir werden beobachtet«, flüsterte sie.
»Wirklich? Und von wem?«, fragte er schmunzelnd.
»Von meinen neugierigen Freundinnen. Darf ich vorstellen, Gundula, das ist die zierliche Blonde, und die andere ist Ulrike«, sagte Britta, als sie die beiden auf der anderen Seite des Baches entdeckte. Sie saßen auf einem Felsen, der dort am Ufer lag, und schauten ganz unverblümt zu ihnen herüber.
»Vielleicht sind sie nur zufällig hier vorbeigekommen.«
»Das glaube ich eher nicht.«
»Dann gilt ihr Interesse mir?«
»So ist es.«
»Sie werden mich beurteilen.«
»Das werden sie auf jeden Fall tun, allerdings wird sich das allein auf dein Aussehen beschränken.«
»Wenn wir sie zu uns herüber bitten, dann könnten sie mehr über mich erfahren«, sagte Kai, als Britta den beiden winkte und sie fröhlich lachend zurückwinkten.
»Nein, auf keinen Fall. Ich werde sie nicht dafür belohnen, dass sie mir nachspionieren.«
»Wie eng seid ihr befreundet?«
»Wir kennen uns seit dem Kindergarten. Genau wie ich wohnen sie noch immer in Monreal.«
»Wenn du sagst, wo du wohnst, kommt es doch sicher hin und wieder vor, dass jemand glaubt, du kämst aus Montreal in Kanada. Ich meine, Monreal in der Eifel ist nicht unbedingt jedem bekannt.«
»Das ist sogar meistens so. Sogar Doktor Seefeld war heute Morgen plötzlich ganz nachdenklich, als ich ihm sagte, woher ich komme.«
»Seine verstorbene Frau stammte aus Montreal. Emilia ist in Kanada geboren und aufgewachsen. Sie und ihr Vater sind erst