Ich werfe ihr einen Blick zu. Mit ihren feengleichen Zügen, ihrem Übermaß an Sommersprossen und ihren weit auseinander liegenden grünen Augen, ist sie fast schon zu niedlich, um irgendetwas vor ihr geheim zu halten.
„Wie war dein Date mit Roberto?“, frage ich und neige meinen Kopf zur Seite. Milo hüpft auf die Theke und ich scheuche ihn automatisch wieder runter.
Sie bedeutet mir, ihr die Gebäckschachtel zu bringen, und sucht sich eines aus. „Es war okay. Es war erst das dritte Date. Also habe ich noch nichts Neues zu berichten.“
Sie bedenkt mich mit einem bedeutungsvollen Blick und beißt von ihrem Croissant ab.
„Du willst wegen gestern Abend Bescheid wissen?“, seufze ich.
„Oh mein Gott, das möchte ich wirklich, ganz unbedingt“, sagt sie, während sie sich auf einen der Hocker müht, die auf der anderen Seite der Kücheninsel stehen.
Ich ziehe das Gesicht zusammen. „Sein Name war Jett, er war wahnsinnig heiß und er hat mein Sexangebot ausgeschlagen.“
„Er hat was?“, fragt sie empört.
„Es war super peinlich“, erzähle ich mit einem weiteren Seufzen. „Obwohl er sichergestellt hat, meine Nummer zu bekommen…“
„Warte, hat er das getan, bevor oder nachdem er dich abblitzen hat lassen?“
„Ähmmm… danach“, gestehe ich, während ich mich daran mache, zwei Tassen runterzuholen.
„Mädel! Das ist verdammt heiß“, sagt sie. Sie beißt abermals von ihrem Croissant ab und stöhnt zufrieden. „Gott, das ist so gut.“
„Du krümelst dein kleines Schwarzes ganz voll“, merke ich an.
Sie streicht die Krümel von ihrem ärmellosen Chiffon-Jumpsuit und zuckt mit den Achseln. „Also, welche Sorte heiß war er? Beschreib ihn.“
„Mmmh…“ Ich denke darüber nach, während ich die Milch aus dem Kühlschrank hole. Der Kaffee ist durchgelaufen und ich gieße uns zwei dampfende, wunderbar riechende Tassen ein. „Er war wirklich groß. Er hatte kurze, dunkle Haare und ein Hammerlächeln. Und er hatte wahnsinnig viele Tattoos.“
„Meinst du damit, auf dem kompletten Arm?“, fragt sie und nimmt den Kaffee von mir entgegen. „Danke.“
„Beide Arme waren tätowiert, sein Hals war tätowiert… es war verdammt heiß.“
„Nice. Tja, vielleicht ruft er ja wirklich an.“
„Ja klar und vielleicht kommen danach auch die kleinen grünen Männchen in ihrem Raumschiff auf die Erde!“, erwidere ich. „Oooh, warte nur eine Sekunde…“
Ich lasse meinen Kaffee in der Küche stehen und ziehe los, um einen dicken weißen Ordner vom Wohnzimmertisch zu holen. Milo miaut kläglich und Olive bückt sich und krault ihm den Kopf.
Ich starre auf den weißen Ordner und einen beinahe identischen schwarzen und bemühe meine grauen Zellen, sich zu erinnern, welcher voller Samenspender ist und welcher voller Farbpaletten für das zweite Schlafzimmer.
Nach einem kurzen Blick hinter den Umschlag bringe ich ihr den Ordner mit den Farbpaletten und schlage die erste Seite auf, die ich markiert habe. „Du musst mir helfen, eine Farbe für das zukünftige Kinderzimmer auszusuchen.“
Olive zieht den Ordner zu sich, um einen Blick auf die aufgeschlagene Seite zu werfen, und schiebt die Gebäckschachtel zu mir.
„Wir wollen schließlich nicht, dass sie schlecht werden“, murmelt sie, während sie die Seiten durchblättert.
Ich nehme das Croissant und beiße hinein. Ich schließe die Augen. Der Geschmack ist fast so gut wie ein Orgasmus. „Ohhhh.“
„Ich weiß“, sagt Olive, ohne aufzusehen. „Hör zu, ich habe eine verrückte Frage. Kein Urteil oder so was, aber… wissen die Partner in unserer Kanzlei, dass du vorhast, schwanger zu werden?“
Ich presse meine Lippen zusammen. „Nein.“
„Es ist nur so… weißt du, du wirst nicht mehr annähernd so viel arbeiten können. Sarah, du weißt schon, die vom Vertragsrecht? Sie meinte, dass sich ihre Arbeitszeit um die Hälfte reduziert hat.“
Sie sieht nicht von dem Ordner hoch, aber ich spüre, dass das ihr Moment der Wahrheit zu diesem Thema ist.
„Ich habe mich finanziell vorbereitet, falls du darauf anspielst.“ Ich verziehe das Gesicht.
„Nein, nur… ich frage mich, ob sich die Partner nicht irgendwie überrumpelt fühlen werden, wenn eine ihrer besten Prozessanwältinnen plötzlich verkündet, dass sie schwanger ist.“
„Vermutlich. Aber ich werde mir nicht von einem alten weißen Mann sagen lassen, dass es eine schlechte Idee ist, ein Baby zu bekommen, nur weil es schlecht für sein Geschäft ist. Meine Fruchtbarkeit muss sich nicht seinem Zeitplan unterwerfen.“
„Hmm“, macht sie und ihre Stirn legt sich in Falten. „Hey, hattest du schon Glück mit dem Ordner mit den Samenspendern?“
Ich wedle mit der Hand. „Argh, nein. Ich habe ihn auf die, nun… die ganze Liste eingeengt.“
Darüber grinst sie. „So selektiv!“
„Willst du etwas Verrücktes hören?“
„Immer doch.“
„Ich hätte ihn fast gefragt, mein One-Night-Stand zu sein, nur um herauszufinden, ob… du weißt schon… er mir dabei helfen möchte, den Prozess ein wenig zu beschleunigen?“ Ich verziehe das Gesicht, während ich es sage.
Olives Mund formt ein perfektes O. Es dauert eine Sekunde, bevor sie wieder sprechen kann.
„Warte, du wolltest einfach hingehen und… ihn für sein Sperma benutzen?“
„Nun, ja. Dass er heißer als Feuer war, hat da nicht gerade geschadet.“
„Oh mein Gott, wirklich? Das ist absolut genial. Ich hoffe, du hast seine Nummer.“
Ich spüre, wie mir die Hitze in die Wangen steigt. Milo springt erneut auf die Theke und ich nehme ihn in die Arme und streichle sein weiches Fell.
„Tatsächlich habe ich sie.“
Olive betrachtet mich mit nachdenklicher Miene.
„Denkst du darüber nach, ihn zu daten?“, will sie wissen.
„Oh mein Gott, nein. Er wirkt wie ein richtiger Player. Dafür habe ich keine Zeit. Vor allem nicht, wenn ich das Samenspenderding durchziehe…“
Ein freches Lächeln kräuselt ihre Lippen. „Also… warum überspringst du den Teil mit dem Daten nicht einfach und fragst ihn direkt, ob er vögeln will?“
„Du meinst… im Sinne von fortpflanzen?“, frage ich.
„Yeah, warum nicht? Du könntest es ihm sagen oder auch nicht.“ Sie macht eine Pause. „Es ist nur ein Vorschlag.“
Ich rolle mit den Augen. Milo windet sich, um sich aus meinen Armen zu befreien, weshalb ich ihn auf den Boden setze. „Ich würde dem Vater meines Babys erzählen müssen, dass ich versuche, schwanger zu werden. Das ist das einzig Anständige, Olive.“
Sie zuckt mit den Achseln. „Wenn du meinst.“
„Ich müsste es tun, denke ich. Also für mich. Aber… wie spricht man das überhaupt an? ‚Hey, Mr. Sexy Mann, ist es okay, wenn wir nicht verhüten? Ich versuche, schwanger zu werden‘.“
Olive gackert. „Ich würde einfach zusehen,