Zweitens nehme ich an, dass Mason recht hatte, als er mich beschuldigte, immer wieder den gleichen Typ Frau zu wählen. Zierliche Blondinen, die Yogamatten herumtragen, sind meine Zielgruppe. Wenn ich ehrlich mit mir selbst bin, gefällt mir an ihnen, dass sie im Allgemeinen unterwürfig sind und mich intellektuell nicht allzu sehr herausfordern.
Im Grunde genommen ist mein Typ das genaue Gegenteil von Cady, dem Mädchen, das ich neulich abends kennenlernte. Ich stelle sie mir vor, ihre dunklen Haare und grauen Augen, größer als die Frauen, auf die ich normalerweise abfahre. Sie hatte Brüste und Hüften und einen richtigen Hintern, nicht nur einen flachen Yogapo.
Und ihre Persönlichkeit ist so anders als die aller Frauen, die ich bisher gedatet habe. Sie ist sarkastisch und gewitzt und sie hat einen wichtigen Job in einer Kanzlei. Sie kann auf ihren eigenen Füßen stehen, im Gegensatz zu Emily.
Für Emily sprachen viele Dinge, aber sie arbeitete auch in einem Coffee Shop und konnte nicht ohne Mitbewohner leben.
Als ich die Maschinen wechsle und wirklich ins Schwitzen gerate, beginnen meine Gedanken zu wandern. Zuerst denke ich an die Arbeit. Ich habe Bryce noch immer nicht unter Vertrag genommen und später heute habe ich noch ein Meeting im Büro.
Dann denke ich an Mason und Alex, meine zwei besten Freunde. Ich habe gute Arbeitskollegen, aber ich bin wirklich wählerisch, mit wem ich meine Freizeit verbringe. Mason reagiert allergisch auf Beziehungen und hat jede Nacht eine neue Frau. Ich kann nicht glauben, dass er tatsächlich so unverfroren war, mich zu beschuldigen, nur One-Night-Stands zu haben.
Und Alex… Alex scheint bei Frauen gut anzukommen, aber der Mistkerl ist so heimlichtuerisch. Er könnte meine Mom, meine Schwester und meine Oma vögeln und niemand würde es wissen. Aber was auch immer er treibt, er ist ein verlässlicher Kerl. Er taucht immer auf, wenn er sagt, dass er das tun wird, selbst wenn es sich dabei um die Totenwache meines Großvaters handelt.
Auf dem College hatte ich mehr Freunde, aber sie sind alle langsam in der Versenkung verschwunden, fanden Partnerinnen und heirateten… und waren irgendwann weg. Mason und Alex sind die Einzigen, die noch neben mir stehen.
Leider ist das momentan so ziemlich das Einzige, worüber ich mir den Kopf zerbrechen muss. Ich trainiere, ich mache meinen Job und verbringe Zeit mit meinen Freunden. Mein Leben ist irgendwie leer, wenn ich ehrlich mit mir selbst bin. Mittlerweile bin ich fünfunddreißig und hätte gedacht, dass ich inzwischen verheiratet wäre, vielleicht eine Familie gegründet hätte.
Tatsächlich war das die Sache, die mich an Emilys Weggang wirklich schockierte. Ich erinnere mich daran, wie sie die Dokumente fand, die ich für eine geplante Reise brauchte. Ich hatte allein nach Macchu Picchu reisen wollen.
„Du hattest nicht vor, mir davon zu erzählen?“, fragt sie und schleudert mir die Dokumente entgegen, während ich auf dem Sofa liege. Zu diesem Zeitpunkt sind wir bereits fast drei Jahre zusammen, lang genug, dass ich ihre Wut erkennen kann.
„Ohh… ich meine, bis dahin, na ja, sind es noch drei Monate“, erwidere ich und setze mich auf.
„Was soll das bitteschön heißen?“, explodiert sie. Jetzt ist sie wirklich auf hundertachtzig und ihr blonder Pferdeschwanz schwingt bei jeder Bewegung mit. „Im Ernst, wie konntest du mir nichts davon erzählen? Oder… warte, hast du schon eine andere Frau, mit der du dorthin gehst? Oh mein Gott, betrügst du mich??“
„Whoa, whoa. Erstens, nein. Zweitens, wann sollte ich dazu die Zeit haben?“, sage ich abwehrend. „Ich will damit nur sagen, dass… du weißt schon, es liegt in der Zukunft. Wer weiß schon, was bis dahin alles passieren wird?“
Sie richtet ihren wütenden Blick und einen Finger auf mich.
„Fragst du dich etwa, was in drei Monaten mit unserer Beziehung sein wird?“
„Nein…“, entgegne ich schuldbewusst. Sie starrt mich eine Sekunde an und ich beginne mich zu fragen, ob sie meine verdammten Gedanken lesen kann oder nicht. Denn ich sagte zwar Nein, aber was ich meinte war… vielleicht.
„Weißt du was? Damit ist das Maß voll. Während du heute in der Arbeit bist, werde ich meine Sachen hier rausholen. Mach dir gar nicht erst die Mühe, irgendetwas zu sagen, denn ich will es nicht hören.“
„Warte, Emily –“
Sie trampelt die Stufen hoch und ich höre schwach einen Knall. Das war dann wohl die Tür zum Schlafzimmer.
Fuck.
Die Sache ist die, ich ging an diesem Tag zur Arbeit. Ich nahm einfach an, dass sie tun würde, was sie in so einem Fall normalerweise tat: eine Shoppingtour und ein Workout machen. Dann wäre alles wieder in Ordnung. Ich schickte ihr von der Arbeit Blumen, was ich für eine nette Geste hielt.
Doch als ich nach Hause kam, fand ich es in einem völlig chaotischen Zustand vor, ihre Schlüssel auf der Küchentheke und eine Nachricht.
Ruf mich NIE wieder an.
Ich zucke zusammen, während ich Kendrick Lamar lausche und dann den Rap ausschalte. Schließlich gehe ich nach oben, wobei ich auf dem Weg meinen iPod mitnehme. Ich laufe nach draußen und beginne mit meiner Joggingrunde, gemeinsam mit all den anderen reichen Leuten, die früh morgens in der Buckhead Nachbarschaft joggen gehen. Ich lasse den Rap wieder laufen und höre Drake zu, der davon rappt, wie berühmt er doch ist.
Ich weiß, dass die Beziehung mit Emily wegen mir zerbrochen ist. Das wurde mir mittlerweile klargemacht, hauptsächlich während langer Nächte, in denen ich mich bei meinen Freunden über die ganze Sache ausließ. Alex und Mason hören zu, aber sie scheuen sich auch nicht davor, Fragen zu beantworten.
Also bin ich jetzt hier, ein frisch gebackener… okay, vielleicht nicht ganz so frisch gebackener, Single auf der Jagd. An dem Abend neulich war ich ziemlich verzaubert von Cady… trotz der Tatsache, dass sie überhaupt nicht mein Typ ist. Blond, zierlich, zugänglich… keines dieser Worte trifft auf Cady zu.
Vielleicht ist das etwas Gutes, denke ich. Vielleicht brauche ich jemanden, der so gar nicht meinem Typ entspricht.
Ich versuche mir vorzustellen, wie ich Cady date, ihre Hand halte. Sie heirate, ihr Gesicht hinter dem weißen Schleier auftauchen sehe. Cady im Krankenhaus, wo sie unser Baby auf die Welt bringt.
Ich kann es nicht so recht sehen, aber andererseits konnte ich es noch nie sehen, mit niemandem. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass ich in diesem Alter noch immer allein bin. Vielleicht muss ich mir einfach eine aussuchen, die mir meine Zeit und Energie wert ist, und mich ihr verpflichten.
Ich beschleunige meine Schritte und sprinte, bis ich keine Gedanken mehr fassen kann.
4
Cady
Ich schaffe es bis zum Parkhaus bei der Arbeit und parke auf meinem reservierten Platz, bevor ich die Fassung verliere. Ich schalte den Motor aus, als die heißen, salzigen Tränen über meine Wangen zu strömen beginnen.
Das Ziel ist natürlich gar nicht zu weinen… aber wenn ich es schon tun muss, dann ist das der perfekte Ort dafür. Allein in meinem Auto, im Dämmerlicht des Parkhauses bin ich sicher. Ich lehne mich nach vorne und lege meinen Kopf auf meine Arme, die auf dem Lenkrad meines Mercedes ruhen. Während ich weine, tropfen meine Tränen auf meinen Schoß und durchnässen mein weißes Seidenkleid.
Ich weine, weil ich gerade von einem Termin bei Dr. Altman zurückkomme, die meine Endokrinologin aka mein Fruchtbarkeitsguru ist. Leider spielt es keine Rolle, wie nett sie ist, denn es gibt einfach keine guten Worte, um meine Situation zu beschreiben. Ich sah, dass sich Dr. Altmans Mund bewegte, doch das Einzige, was ich hörte war: „DIR LÄUFT DIE ZEIT DAVON, CADY!!!“
Im Grunde lässt sich meine Situation damit zusammenfassen, dass meine Ovarialfollikel mit der Zeit immer weniger geworden sind. Aufgrund einiger Bilder meiner Eierstöcke und insbesondere dieser Follikel ist Dr. Altman der