Die Blumen des Bösen. Charles Baudelaire. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Charles Baudelaire
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783159618111
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gute Taten und Verbrechen ein,

      Die deine Blicke höllisch-göttlich riefen,

      Und darin gleichst du wohl dem Wein.

      In deinem Aug die Sonne steigt und sinkt,

      Verströmst die Düfte der Gewitternacht;

      Von deinen Lippen man den Zauber trinkt,

      Der Helden feige, Kinder mutig macht.

      Schwebst du von Sternen, kommst aus schwarzem Schlunde?

      Das Schicksal folgt dir, wie ein Hund ergeben;

      Unheil und Freude säst du in die Runde,

      Lenkst alles, ohne Rechenschaft zu geben.

      Ich seh dich achtlos über Leichen schreiten;

      Zu deinem Schmuck gehört auch das Entsetzen;

      So kann, bei deinen kleinen Kostbarkeiten,

      Der Mord auf deinem Bauche sich ergötzen.

      Die Fliege, die dein Kerzenlicht erreicht,

      Preist brennend deine Flamme und verglost!

      Der Liebende, der bei der Schönen keucht,

      Gleicht einem Kranken, der sein Grab liebkost.

      Kommst du vom Himmel, aus der Höll’ empor?

      Gleichviel, schreckliches Ungeheuer, Schönheit!

      Ist mir dein Aug, dein Lächeln doch das Tor

      Zur teuren, nie erfahrenen Ewigkeit!

      Von Gott, von Satan, Engel oder Zauberin?

      Gleichviel, wenn nur dein Duft und deine Pracht,

      Dein Gang, dein samtener Blick, o meine Königin! –

      Die Welt mir schöner, Zeit mir leichter macht!

      XXII

      Exotischer Duft

      Wenn ich geschlossenen Augs in lauer Nacht

      Den Duft einatme deiner warmen Brüste,

      Entrollt sich vor mir eine heitere Küste,

      Wo unverwandt die Glut der Sonne wacht,

      Ein träges Eiland, von Natur bedacht

      Mit seltenen Bäumen, Früchten, prall von Saft,

      Männern mit schlanken Körpern voller Kraft,

      Frauen mit freiem Blick, der staunen macht.

      Mich führt dein Duft zu zaubervollen Himmeln,

      Seh einen Hafen, darin Masten wimmeln

      Und Segel, die erschlafft vom Wogen sind;

      Der Wohlgeruch von Tamarinden zieht

      Mir in die Nase, kreiselt mit dem Wind,

      Verschmilzt in meiner Seele mit dem Schifferlied.

      XXIII

      Das Haar

      O Vlies auf deinen Schultern, welche Pracht!

      O Locken! Schwer von lauem Wohlgeruch!

      Ekstase! Damit im Alkoven heute nacht

      Erinnerung in diesem Haar erwacht,

      Will ich es schwenken wie ein Taschentuch!

      Das Schmachten Asiens und Afrikas Erglühen,

      Verschollene Welten, fern, fast wie in Grüften,

      Durch Tiefen dieses würzigen Waldes ziehen!

      Wie andere Geister auf den Harmonien,

      Geliebte! schwebe ich auf deinen Düften,

      Dorthin, wo Baum und Mensch in vollem Saft

      Ganz hingegeben sind dem Sonnenglast;

      Geflecht, sei Woge, die mich mit sich rafft!

      Tiefschwarzes Meer, das blendend hell erschafft

      Den Traum von Segel, Ruder, Wimpel, Mast:

      Ein Hafen, meine Seele trinkt in weiten

      Zügen den Duft, die Farbe und das Klingen;

      Wo Schiffe, die in Gold und Seide gleiten,

      Den Glanz zu fassen, weit die Arme breiten

      Zum Himmel, darin ewig Gluten schwingen.

      Ich will mein wonnetrunkenes Haupt versenken

      Im schwarzen Ozean, wo jener eingeschlossen;

      Die Dünung wird dem grüblerischen Denken

      Fruchtbringend wieder neue Trägheit schenken,

      Im Wiegen von der Muße Duft umflossen!

      Du blaues Haar, Gezelt von weiten Nächten,

      Holst den Azur der Himmelswölbung her;

      Mir ist, als ob die flaumverbrämten Flechten

      Berauschende, vermischte Düfte brächten

      Von Kokosöl, von Moschus und von Teer.

      Ich streu Rubine, Perlen, Saphirstein

      Noch lange! immer! in der Mähne Wogen,

      Nie mögst du taub für mein Verlangen sein!

      Bist du nicht meine Traumoase und der Wein,

      Mit dem Erinnerung ich eingesogen?

      XXIV

      Wie vor dem Sterngewölbe will vor dir ich knien,

      Gefäß der Traurigkeit, o große Schweigerin,

      Und lieb dich mehr noch, da du mich verachtest,

      Zier meiner Nächte, und zu mehren trachtest

      Die Meilen, die sich zwischen uns ausbreiten

      Und meine Arme trennen von den blauen Weiten.

      Ich stürme vor und will den Angriff schüren

      Wie Würmer, die nach einer Leiche gieren,

      Und liebe, o du grausam herzlos Tier!

      Selbst deine Kälte, sie verschönt dich mir!

      XXV

      Du nähmst die ganze Welt ins Bett zum Zeitvertreib,

      Grausam vor Langeweile, du schamloses Weib!

      Und brauchst an jedem Tag, dich zu ergötzen,

      Ein Herz, um deine Zähne dran zu wetzen.

      Die Augen, die wie Buden grell erhellt,

      Wie Lampen, für ein Volksfest aufgestellt,

      Gebrauchen frech die trügerische Pracht,

      Begreifen nie, was sie bezaubernd macht.

      Du blindes, taubes Ding, von Grausamkeit geschwellt!

      Werkzeug des Heils, du trinkst das Blut der Welt;

      Hast du denn keine Scham, und hast du nicht gesehn

      In allen Spiegeln deinen Reiz vergehn?

      Die Größe dieses Übels, das du glaubst zu fassen,

      Hat sie dich niemals vor Entsetzen zaudern lassen,

      Wenn die Natur, um ihr geheimes Ziel zu finden,

      Sich deiner, Weib, bedient, o Königin der Sünden,

      Um ein Genie zu bilden – in solch gemeinem Wesen?

      Größe aus Schlamm! O Schmach, so auserlesen!

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