Die Blumen des Bösen. Charles Baudelaire. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Charles Baudelaire
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783159618111
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meiner Augen Lust, zur Arbeit meiner Hände?

      X

      Der Feind

      Die Jugend lag gewitterschwer im Dunkeln,

      Nur hie und da war Sonne mir beschert;

      In meinem Garten wenig Früchte funkeln,

      Donner und Regen haben ihn verheert.

      Nun fühl ich der Gedanken Herbst beginnen,

      Muss mit der Hacke und der Schaufel graben,

      Um aus den Fluten Neuland zu gewinnen,

      Die grabestiefe Löcher ausgewaschen haben.

      Wer weiß, ob für die Blumen, die ich träume,

      Im Grund, der unterspült wie Meeressäume,

      Zur Stärkung die verborgene Nahrung ist?

      – O Jammer! Jammer! Zeit verschlingt das Leben,

      Der finstere Feind, der uns das Herz zerfrisst,

      Wächst und gedeiht vom Blut, das wir ihm geben!

      XI

      Der Unstern

      Wer solch Gewicht zu heben wagt,

      Sisyphus, bräuchte deinen Mut!

      Auch wer beherzt die Arbeit tut,

      Lang währt die Kunst, die Zeit, sie jagt.

      Von den berühmten Grüften fort

      Zieht wie ein Tambour schwarz verhüllt

      Mein Herz, das Trauermärsche spielt,

      Zum Friedhof an entlegenem Ort.

      – Dort ruht so manche Kostbarkeit

      Vergessen in der Dunkelheit,

      Zu tief und nicht mehr auszuloten;

      Wehmütig strömt ein Blütenduft

      Süß wie Geheimnis in die Luft

      Und in die Einsamkeit von Toten.

      XII

      Das frühere Leben

      In Hallen hab ich lange Zeit verbracht,

      Die Meeressonnen flammend übergossen;

      Die Säulen, diese würdevollen großen,

      Machten sie Grotten ähnlich in der Nacht.

      Die Wogen schaukelten des Himmels Bild;

      Sie mischten feierlich, geheimnisvoll

      Ihren Akkord, der allgewaltig schwoll,

      Ins Abendrot, von dem mein Blick erfüllt.

      Da lebte ich in sinnenfrohem Schweigen,

      Ringsum ein Gleißen, Wellen, blaue Luft,

      Und nackte Sklaven mit dem satten Duft

      Kühlten die Stirne mir mit Palmenzweigen;

      Und einzig diese Sorge sie beschwerte:

      Welch schmerzliches Geheimnis an mir zehrte.

      XIII

      Zigeuner unterwegs

      Das Volk, das wahrsagt, mit den kühnen Augen,

      Brach gestern auf und trug die Kleinen mit

      Auf seinem Rücken; ihrem Appetit

      Bot immer sich die schlaffe Brust zum Saugen.

      Neben dem Wagen, wo die Ihren kauern,

      Zu Fuß mit blanker Waffe Männer gehn,

      Die mit verhangenem Blick zum Himmel sehn

      Und dumpf um ein verlorenes Trugbild trauern.

      Die Grille, die am Grund des Sandlochs sieht,

      Wie sie vorübergehn, verstärkt ihr Lied;

      Kybele, die sie liebt, lässt Grün sich breiten,

      Lässt Felsenquellen sprudeln, Wüsten blühn

      Für diese Wanderer, die weiterziehn

      In das vertraute Reich zukünftiger Dunkelheiten.

      XIV

      Der Mensch und das Meer

      Du freier Mensch, der Meere liebt und preist!

      Dein Spiegel sind sie, der die Seele zeigt,

      Wo ohne Ende Brandung fällt und steigt;

      Nicht minder bittrer Abgrund ist dein Geist.

      Und du vertiefst dich und umgreifst dein Bild

      Mit Aug und Arm; aus seinem eigenen Brüten

      Löst manchmal sich dein Herz bei diesem Wüten

      Und dieser Klage, unbezähmbar wild.

      Verschwiegen beide, dunkel wie die Nacht:

      Mensch, wer kann deine Tiefen je ergründen,

      Meer, wer kann deinen innern Reichtum finden,

      Da ihr Geheimnisse mit Eifersucht bewacht!

      Schon seit Jahrtausenden und immer wieder

      Stürzt ihr euch mitleidlos in euern Streit,

      So sehr liebt ihr den Tod und Grausamkeit,

      O ewige Kämpfer, o entzweite Brüder!

      XV

      Don Juan in der Unterwelt

      Als Don Juan zum Acheron gefahren,

      Gab er dem Charon seinen Obolus,

      Ein Bettler mit Antisthenes’ Gebaren

      Setzt’ ihn als Rächer über jenen Fluss.

      Mit schlaffen Brüsten und mit offenem Kleid

      Wanden die Frauen sich in dunkler Nacht;

      Die dumpfen Klagelaute tönten weit,

      Als würden Opfertiere dargebracht.

      Und lachend heischte Sganarelle den Lohn;

      Don Luis wies mit schwacher Hand verzagt

      Den Toten dort am Ufer seinen Sohn,

      Der seiner bleichen Stirn zu spotten wagt.

      Elvira sah man bei dem Gatten stehn,

      Bei dem Geliebten, und ihr Schleier bebte;

      Sie schien ein letztes Lächeln zu erflehn,

      In dem noch Süße erster Schwüre lebte.

      Ein Mann aus Stein in seiner Rüstung stand

      Aufrecht am Ruder und durchschnitt die Fluten;

      Auf sein Rapier gestützt und abgewandt,

      Nur auf den Wellen seine Blicke ruhten.

      XVI

      Züchtigung der Hoffart

      Zur Zeit, da Gottgelehrtheit wundersam

      Und kraftvoll blühte und zum Tragen kam,

      Sagt man, dass einst ein Doktor jener Großen

      – Als er zu schwarzen Tiefen vorgestoßen

      Der trägen Herzen und sie aufgerührt,

      Als ihn sein Schritt dann himmelan geführt

      Auf Wegen, die ihm selber unbekannt,

      Die sonst vielleicht ein reiner