Der Ozean bringt von allen Seiten Regen heran. Aber die Randgebirge, die den Erdteil fast wie ein geschlossener Kranz umgeben, lassen die wasserhaltigen Winde nicht in das Innere des Landes vordringen. An den Außenhängen ein Überfluß von Regen, in der Riesenwanne zwischen den Gebirgen ewige Trockenheit.
Die Frage der Besiedlung hängt davon ab, ob sich die Niederschläge im Landesinnern in genügender Weise steigern lassen. Diese Frage dürfte durch die Anwesenheit unseres verehrten Hausherrn ihre Antwort finden. Er würde in unserem Geschäft als stiller Teilhaber tätig sein. Er würde den Geist einschießen. Seines Beitrittes habe ich mich bereits versichert. Wie denken Sie nun über Ihre Partnerschaft, verehrtester Mr. Garvin?«
Garvin saß starr. Die Größe des Planes von Wellington Fox schien ihn zu überwältigen. Dann kam es endlich von seinen Lippen.
»Mr. Fox, Helen ist mein Zeuge, daß ich Sie stets für einen der klügsten und tüchtigsten Köpfe der Staaten gehalten habe. Was Sie mir jetzt vorschlagen, bringt meine Hochachtung an die äußerste Grenze.«
»Sag’ ruhig, zur Anbetung«, warf Helen lachend ein. »Pa, wie hast du dich verändert.«
»Da Mr. Isenbrandt hier sitzt und gegen Ihre im ersten Augenblick so phantastisch klingenden Pläne keinen Widerspruch erhebt, sage ich: Topp, Wellington!
Es wird ein Geschäft werben. Ein großes … ein smartes Geschäft. Wallstreet wird sich neidisch um die Reste raufen. Was sagen Sie zu meinem Schwiegersohn, Mr. Isenbrandt? War es nicht der glücklichste Griff, den ich je in meinem Sehen getan habe?«
»Was sagst du, Pa? Das sagst du, Pa?« Helen warf sich laut lachend in ihren Stuhl zurück. »Du? … Der du mich enterben … verstoßen wolltest, wenn ich diesem Journalisten meine Hand geben würde? Soll ich hier die Worte erzählen, mit denen du seine Werbung aufnahmst?«
»Ich würde mich an deiner Stelle hüten, hier zu verraten, daß du am Schlüsselloch gehorcht hast«, erwiderte Garvin lachend. »Also nochmals: Topp, Mr. Fox! Das Geld ist da! Der Kredit von Francis Garvin genügt zu dem Geschäft«
»Aber, Mr. Garvin« – Wellington Fox hob den Finger, – »eine Bedingung ist dabei. Die Siedler müssen rein weißer Rasse sein!«
Ein leichter Zug von Verlegenheit huschte über Garvins Gesicht.
»Selbstverständlich!« beeilte er sich dann zu sagen. »Aber wird auch genügend Material da sein? Es gehören viele Millionen von Siedlern dazu, um das Neuland zu besetzen. Die E. S. C. zieht alles nach Asien. Jetzt, nachdem die gelbe Gefahr beschworen, wird der Drang nach Osten ungeheuer werden.«
Georg Isenbrandt nahm das Wort:
»Ihre Besorgnis ist unbegründet. Mr. Garvin. Die wirtschaftliche Entwicklung wird auf Grund der neuen Entdeckungen einen derartigen Lauf nehmen, daß Europa einen bedeutenden Bevölkerungsüberschuß abgeben kann. Wir müssen in Turkestan viel Neuland für die Nachkommen unserer Siedler in Reserve halten. Australien als weiteres Siedlungsland ist uns erwünscht, muß uns willkommen sein. Die Patenstelle, die Freund Fox dort übernimmt, gibt ihm eine Aufgabe von größter Bedeutung. Ich weiß, daß seine Worte über das große australische Geschäft Scherze à la Wellington waren. Hier gilt es mehr. Australien soll ein Jungbrunnen der weißen Rasse werden.«
Atlantis
Das Kohlenschiff »Christian Harlessen« lag fünf Kilometer südlich von Black Island vor Anker. Fünftausend Pferde Maschinenkraft, viertausend Tonnen Wasserverdrängung. Heimathafen Hamburg, Reeder Jacob Jeremias Uhlenkort & Söhne.
Fröstelnd schob sich der Wachtmann, die einzige lebendige Seele auf Deck, an der Reling entlang. Mechanisch ließ er den Blick bisweilen über das Meer gleiten, gelegentlich war Treibeis zu sehen. Noch verwehrte ein dünner Nebelschleier die Sicht.
Ein lichter Schimmer von Osten her kündete das aufsteigende Tagesgestirn. Schärfer blickten seine Augen. Von Minute zu Minute wurde die Luft sichtiger.
Am Vordersteven machte er halt. Sein Blick war nach Norden gerichtet, wo Black Island liegen mußte. Da … er stand … und stand.
Langsam löste er seine Hände aus den Taschen und fuhr sich über die Augen. Dann packten seine Fäuste die Reling. Sie umklammerten sie, als ob sie das starke Stahlrohr zerquetschen wollten. Black Island? … War das die Insel Black Island? Land … das war Land … ja, das war Land … was sich vor ihm ausbreitete.
Seine Lippen bewegten sich, als wollten sie schreien. Die weit geöffneten Augen stierten geradeaus. Doch! Da war Black Island … Da war es ja … aber … aber viel näher! Viel größer … und es wurde … immer größer … immer höher.
Die zerklüfteten Felsspitzen der Insel, im hellen Sonnenschein gegen die schwarzen Wolken im Hintergrund … schienen taumelnd in die Höhe zu streben. Das Vorland, nach allen Seiten wuchs es mit. In immer weiteren Kreisen dehnte sich der Strand, schien auf das Schiff hinzulaufen. Da lösten sich seine Hände … Sie schlugen sich vor das Gesicht, das sich wie zur Flucht abwandte. Er stürzte fort. Ein Schrei wie der eines Menschen aus tiefster, verzweifelter Not gellte über Deck.
»Land! … Land! … Land kommt! Land ahoi!« Der Wachtmeister riß die Luke zum Quartier auf. »Land ahoi!« brüllte er in den Raum.
Die Gestalt des Ersten Steuermanns schob sich die Treppe hinauf.
Bevor er die oberste Stufe erreichte, krallten sich zwei Hände in seine Schultern. Der Schrei gellte ihm in die Ohren.
»Land voraus … Land ahoi! … Land kommt über uns.« Mit einem Ruck schüttelte der Steuermann ihn von sich. »Was? … Was schreist du … Land? … Land ahoi? … Bist du verrückt geworden?«
Seine Augen folgten dem ausgestreckten Arm, der nach Norden zeigte.
»Land ahoi, Steuermann!«
Der Steuermann taumelte zurück.
»Land ahoi!« schrie es von seinen Lippen. »Anker auf! … Anker auf! … Motoren klar!«
Die Deckleute stürzten nach oben.
»Anker auf!« brüllte der Steuermann und lief zur Brücke. Knatternd setzte sich die Motorwinde in Bewegung. Klirrend und rasselnd fuhr die Ankerkette durch die Klüse. Der Maschinentelegraf klang schrillend.
Die Schiffsmotoren sprangen an.
»He, Steuermann! Was ist? … Was soll’s?« Der Kapitän stand auf der Brücke und riß den Steuermann am Arm. Der fuhr herum. »Land!
Kapitän … Land kommt …«
»Land kommt?« murmelten die Lippen des Kapitäns. Sein tief gebräuntes Gesicht war erblaßt. Mit unruhigen Händen hob er das Glas.
Sah, wie das Land da vor ihm wuchs – Black Island … in die Höhe … in die Breite … sah, wie es auf sie zukam … näher … und immer näher.
»Ruder backbord! Hart backbord! Volle Fahrt voraus!«
Der Steuermann schrie es.
»Volle Fahrt voraus!«, der Kapitän rief es nach. Der Schiffsrumpf erzitterte, das Schiff kam in Bewegung. Es gehorchte dem Steuer und floh … floh vor dem wachsenden Land. Voll Grauen hingen die Blicke der Mannschaft an den steigenden Felsen, an dem Land, das sie zu verfolgen schien, das ihre Augen und Sinne verrückt machte.
Bis die Entfernung immer größer wurde, bis das Phantom im Nebel entschwand. Bis die Kehlen wieder frei wurden, die Lippen sich wieder zu bewegen vermochten … zu flüstern, zu sprechen über das Niegesehene … Nieerlebte. »Volle Fahrt voraus!« so fuhren sie … und fuhren, bis sie an der Mole von Wibehafen festmachten. Der Hafenkommandeur sah die verstörten Gesichter und nahm die Mannschaften