Langsam weiterschreitend hatten sie das Heim Isenbrandts erreicht. Durch das Gartentor schritten sie den Abhang zum Hause empor. Unter dem Schatten des schon leicht vergilbenden Laubes einer alten Kastanie saß Frau Maria im Kreise ihrer Gäste.
Theodor Witthusen … Francis Garvin … Helen Fox, geb. Garvin. Ihr Geplauder schallte den Eintretenden entgegen. Jetzt hatte Helen die beiden erspäht.
Schnellfüßig eilte sie ihnen entgegen.
»Endlich kommt ihr. Wir hatten uns so auf die gemeinsame Kaffeestunde gefreut, und jetzt, wo sie vorüber ist, kommt ihr erst. Daran bist du sicher schuld.«
Wellington Fox deutete mit der Miene eines unschuldig Verdächtigten auf Georg Isenbrandt.
»Ich wasche meine Hände in Unschuld. Da steht er, der Missetäter. Zwei Stunden rammte ich das Pflaster des Bismarckdammes. Nimm dir ein Beispiel an dem Gesicht Marias, Helen dear. Nichts von Vorwürfen … nichts von Ungeduld. Glückselig der Mann, der ein sanftmütig Weib freite!«
»Wellington! … Du Ungeheuer … Du Unhöflichster aller Menschen …«
»Diese Versicherung hörte ich seit dem ersten Tage unserer Bekanntschaft wohl täglich ein dutzendmal.«
»Pfui, Wellington! Du bist …«
»… der unhöflichste Mensch auf Erden.«
Ein leiser Klaps auf Wellingtons Wange quittierte seinen Einwurf. Lachend enteilte sie seinem Griff und hing sich in Marias Arm, die an Isenbrandts Seite zur Terrasse emporschritt.
Brummend ging Wellington Fox ihnen nach. Sein Auge haftete auf den beiden ebenmäßigen hohen Gestalten der Isenbrandts. Äußerlich wie innerlich schienen diese beiden Menschen wie füreinander gemacht. Der Zufall, der sie einst zusammengeführt, hatte sie auf ewig aneinandergebunden.
Keine lange Werbung … keine Beteuerung der Liebe … kein langsames Aufsprießen einer Neigung … Das erste Zusammentreffen entschied über ihr Schicksal … und das vollendete sich, als die Stunde gereift.
Und dann glitt sein Blick zu Helen. Mit Entzücken verfolgte er die Bewegungen ihrer zierlichen Glieder und dachte bei sich:
Ich hätte mein Leben lang nicht geglaubt, daß es unter Milliardärstöchtern so ein famoses Mädel gibt. Weiß der Teufel, was die Dollarkönige einen anständigen Menschen abschrecken können. Na! Schließlich hat sich doch auch mein teurer Schwiegerpapa als ganz famoser old fellow entpuppt. Seine Hochachtung vor mir ist geradezu beängstigend. Ich fürchte, mein neuester Plan wird ihm den knock out geben.
Dann war Wellington Fox bei seiner Frau und legte seinen Arm unter den ihren.
»Die Abrechnung zwischen uns beiden wird später geschehen. Ich habe mir meine Rache inzwischen gründlich überlegt. Teuerste Frau Maria, Sie täten unendlich viel Gutes an einem Unglücklichen, wenn Sie diesen Wirbelwind etwas in die Schule nähmen.«
»Ich werde mich hüten, Mr. Fox!« antwortete Maria lachend. »Für Sie ist Helen so, wie sie ist, gerade die Richtige.«
»Bravo, Maria!« rief Helen. »Gib’s ihm … gib’s ihm tüchtig! Zu gut … viel zu gut bin ich für diesen …«
»… unhöflichsten aller Menschen«, vollendete gelassen Fox.
Er wollte sich, eines plötzlichen Angriffs gewärtig, zurückziehen, als Helen ihn umfing und mit schnellem Kusse seine Wange streifte.
Und dann saßen alle zusammen um den runden Tisch im Schatten des alten Baumes. Wellington Fox hatte neben seinem Schwiegervater Platz genommen.
Sein lebhafter Mund war eine geraume Zeit fast auffällig verstummt. Mechanisch rührte er in seiner Tasse und vergaß das Trinken. Endlich ergriff er sie und trank sie mit einem Zuge leer.
»All right!« kam es aus seinem Munde. Er entzündete sich eine Zigarre und legte sich behaglich in seinen Stuhl zurück.
»A propos, teuerster Mr. Garvin, wäre Ihnen mit einer guten Position gedient?«
Der Milliardär sah ihn erstaunt an. Seine buschigen Augenbrauen hoben sich fast bis zu seinen Haarwurzeln. Seine Augen ruhten fragend auf den vollkommen ernsten Zügen seines Schwiegersohnes.
»Hm! … hm! Wie meinen Sie, lieber Wellington?«
»Ob Ihnen mit einer guten Position gedient wäre?«
Jetzt verriet Garvin das leise Zucken um Wellingtons Lippen den Schalk, der hinter der Frage steckte, und er beeilte sich, darauf einzugehen.
»Das wäre … Mr. Fox? … Es ist zwar schon lange her, daß ich eine Position … Sie meinen doch wohl eine Anstellung bei irgend jemand … bekleidet habe. Nach einer dreißigjährigen selbständigen Geschäftsführung würde mir das nicht so leicht fallen …
Ganz abgesehen von der Frage des Salärs … würde die Person meines Chefs für die Frage von ausschlaggebender Bedeutung sein.«
Mit unterdrücktem Lachen folgten die anderen dem Wortgefecht der beiden.
»Hm!« machte Wellington Fox und blies einen schöngeformten Rauchring von sich. »Sie treffen den Punkt nicht ganz, Mr. Garvin. Ihre Stellung würde weniger die eines Angestellten als die eines Partners sein. Der Chef wäre ich!«
»Ah!«
Mr. Garvin beugte sich vor und machte Fox eine Verbeugung.
»Dürfte ich den Herrn Chef nach seinen Bedingungen fragen?«
»Bedingungen, Mr. Garvin, trifft wieder nicht ganz das Richtige. Ich sehe, meine Frage war nicht ganz präzis. Die Sache ist einfach die, ich habe ein gutes und großes Geschäft vor und suche dazu einen kapitalkräftigen Partner.«
»Sehr wohl!« sagte Francis Garvin. »Und Sie wollen mir die Ehre erweisen, mich zu Ihrem Partner zu nehmen?«
»Eventuell, Mr. Garvin.«
»Eventuell?« echote es aus Garvins Munde.
»Ja! Das heißt nämlich, ich brauche ziemlich viel Kapital … und da ich über Ihre Vermögensverhältnisse nicht genau unterrichtet bin, so hängt es davon ab, ob Sie in der Lage sind, das nötige Kapital einzuschießen.«
»Interessant! … Höchst interessant!« flüsterte Garvin. »Sie machen mich gespannt … ein Geschäft … bei dem das Kapital von Francis Garvin nicht ausreichen könnte … wundervoll … höchst interessant, Mr. Fox … Ich bin aufs äußerste gespannt.
Um was handelt es sich? Bitte, reden Sie!«
Wellington Fox sah einen Augenblick einem seiner kunstvoll geblasenen Rauchringe nach.
»Es handelt sich … sagen wir mal … darum, einen Erdteil zu kaufen!«
Garvin fuhr mit einem so komischen Ausdruck des Staunens in seinen Sessel zurück, daß alles hell auflachte.
»Nicht möglich, Mr. Fox! Ihre Idee ist großartig! Und da ich weiß, daß Sie sich mit Kleinigkeiten nicht abgeben, vermute ich, daß es der größte sein wird … also Asien?«
»Nicht doch, Mr. Garvin! Sie verkennen meine Bescheidenheit. Ich meine den kleinsten.«
»Australien? … Meines Wissens gehört Australien dem australischen Volk.«
»Ihr Einwurf trifft wieder nicht ganz das Richtige, Mr. Garvin. Gewiß! Der australische Erdteil gehört dem australischen Volk. Aber der größte Teil gehört ihm ebenso, wie ihm die Luft darüber gehört. Es hat ihn und hat ihn doch nicht. Insofern nämlich, als der größte Teil davon Wüste und für menschliche Siedlungen ungeeignet ist.«
»Ah!« Garvin legte den Finger an seine Nase und sah Fox bewundernd an. Der kluge Geschäftsmann witterte etwas von den Plänen seines Schwiegersohnes.
»All right, Mr.