Gesammelte Werke: Science-Fiction-Romane + Abenteuerromane + Erzählungen. Dominik Hans. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dominik Hans
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788075831552
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die Worte sich von seinen Lippen lösten:

      »… So muß es gehen! … So wird es gehen … so geht es!«

      Dann hatte er sich in den Sessel geworfen und versucht, in kurzem Schlaf Erholung zu finden … Um sieben Uhr waren seine Generale zu ihm befohlen.

      Doch vergeblich suchte er den Schlaf. Die Flut der rastlos arbeitenden Gedanken ließ ihn nicht zur Ruhe kommen. Der Druck der übermenschlichen Verantwortung peitschte seine Nerven immer von neuem auf. In ihm war das Leben, die Macht, die Zukunft des größten Volkes der Erde verkörpert.

      Mit halbgeschlossenen Lidern blickte er vor sich hin. Der Schlaf wollte die Herrschaft über ihn gewinnen. Nur noch undeutlich sah er die Papiere auf den Tischen … weiße Flächen … weite, weiße Flächen …

      Da … seine Hände umkrampften die Lehnen, sein Oberkörper beugte sich vor.

      Schnee! … Schnee? …

      Er fiel in den Sessel zurück und preßte die Hände auf die Augen.

      Was war das damals am Tage des Einzuges des Kaisers? Schwerer Schnee aus lichtem Frühlingstag … Hatte er nicht selbst die Flocken auf seiner Hand zergehen sehen? Bis auf die eine, die am Ringe des Dschingis-Khan solange haften blieb … und seinen Glanz trübte.

      War es ein Zeichen des Himmels? War alles Menschenwerk? … Werk dieses einen da drüben? Dann …

      Mit jähem Ruck riß er sich empor, die Augen weit geöffnet. Das Weiße vor ihm gewann feste Gestalt, es waren die weißen Papiere, die dort auf den Tischen lagen. Nervös fuhr er sich über die Augen.

      Hinweg mit der Furcht! … Menschenwerk? … Nein! Kein Mensch würde jemals so tief in die Geheimnisse der Natur eindringen … Kein Mensch jemals die Folge der Zeiten verändern können.

      »Zuviel habe ich gearbeitet in den letzten Wochen … zuviel war es, was meine Nerven spannte. Ruhe brauche ich … die Ruhe wird kommen, wenn der Würfel gefallen ist.« Seine Faust schlug auf das Papier. »Weg damit! … Zur Tat!«

      Er drückte auf den Bronzeknopf. Ein Adjutant trat ein.

      »Die Generale!«

      Sie traten in den Raum. Die in so vielen Kämpfen erprobten Führer. Die Feldherren des großen Kubelai-Khan. Seine Kampfgenossen.

      Sie verneigten sich tief … vor dem Ringe des Dschingis-Khan, der auf der Hand des Regenten gleißte. Toghon-Khan setzte sich. Schweigend nahmen die anderen ihre Plätze ein.

      »Unser großer Herr, der allmächtigste Kaiser … die Kinder seines Reiches werden die Kunde vernehmen, daß er zu seinen Ahnen gegangen ist. Alle Herzen der Guten werden trauern und weinen … und klagen.«

      Lautlos neigten die Generale die Häupter. Der Regent fuhr fort:

      »Die wenigen Bösen, sie dürfen die Trauer der Guten nicht stören. Ihre Zunge muß verstummen. Ihre Hände müssen daniedergehalten werden … Habt ihr dafür gesorgt?«

      Sein Blick glitt prüfend über die Versammelten.

      »Es ist geschehen!« kam die Antwort.

      »So sind unsere Hände frei, um das große Werk, das der Kubelai-Khan begann, zu vollenden?«

      »Sie sind es!«

      »Das Schiedsgericht über das Ilidreieck hat gegen uns entschieden! … Heute nacht kam die Nachricht zu meinen Händen. Daß es so kommen würde, wußtet ihr alle. Ein teures Glied des Reiches, ein Land unserer Stammesgenossen, umstritten in tausend Kämpfen, soll von uns gerissen werden. Wir werden das nicht dulden!«

      Er machte eine Pause und blickte in die Runde. Nur das Funkeln der Augen verriet ihm die Bewegung, die in allen lebte.

      Der Regent fuhr fort:

      »Die Antwort an Europa, in der wir dem Schiedsgericht die Anerkennung verweigern, liegt bereit. Wir könnten es darauf ankommen lassen, ob sie es wagen, sich ihre Beute mit Gewalt zu holen. Ich bezweifle es sehr. Die Kompagnietruppen wären zu schwach. Die Russen allein denken nicht daran … und das vereinigte Europa?«

      Ein dünnes Lächeln umspielte seine Lippen.

      »Der große Kaiser tat diese Frage stets mit einer Handbewegung ab. Er, der das Ziel seines Lebens darin sah, alle verstreuten Kinder der gemeinsamen mongolischen Mutter zu vereinen.

      Seine Pläne waren zur Entscheidung reif, als ihn die Kugel traf. Als er auf seinem Sterbebett lag und um die Zukunft des Himmlischen Reiches bangte, da suchte er nach einem, der stark genug wäre, sein Werk zu vollbringen. Und er sprach mit mir … und er gab mir den Ring … und ich schwur ihm, das Werk zu tun.

      Die Zeit ist gekommen! Morgen fällt die Entscheidung in Amerika. Sie wird das Signal sein für den Kampf aller Rassen gegen die Weißen. Wir stehen nicht allein.

      Die Europäer haben es gewagt, uns eine Drohnote zu schicken, weil Brüder von uns den um ihre letzten Lebensmöglichkeiten kämpfenden Kirgisen zu Hilfe geeilt sind. Ich habe ihnen geantwortet, daß das Unrecht auf ihrer Seite liegt, und meinerseits gedroht, auf die Seite der Unterdrückten zu treten, wenn die grausamen Verfolgungen nicht sofort aufhören. Als Antwort hat man gestern über zweihundert dieser Freiheitskämpfer an der Grenze des Kuldschagebietes erschossen. Neuer Hohn zu altem Hohn!

      Unsere Geduld ist erschöpft! Wir werden marschieren!«

      Unbewegt, ohne das geringste Mienenspiel hatten die Generale den Worten des Regenten gelauscht, hatten jede Regung, jede Bewegung unterdrückt.

      Die letzten Worte »Wir marschieren!« zerbrachen alle diese Bande einer gekünstelten Ruhe.

      Laute Rufe der Zustimmung schallten dem Regenten entgegen. Im Nu war er umringt.

      »Du bist Toghon, der große Diener des Kaisers … der Vollbringer seiner Pläne … wir folgen dir, wohin du uns führst … wir gehen, wohin du uns zu gehen befiehlst …«

      Ein unmerkliches Lächeln ging über die Züge des Regenten. Der erste Schritt war gelungen. Der Ring an seiner Linken regte sich. Er würde am Tage des Sieges an die Rechte gleiten.

      Der Regent wartete still, bis wieder Ruhe im Saale herrschte. Dann sprach er weiter:

      »Unsere schwarzen Bundesgenossen werden Kräfte und Mittel unserer Feinde fesseln. Europa wird reichlich in Afrika zu tun bekommen. Die amerikanische Industrie wird in den nächsten Wochen ruhen … die russische ein Ziel unserer Luftkräfte sein. Das winzige Europa wird gegen Asien allein stehen. Wer kann da am Siege zweifeln?«

      Die siegesfunkelnden Augen der Generale gaben ihm Antwort.

      »Morgen wird Europa eine Botschaft übergeben, die alles Gebiet bis zum Aral und Ural für unser Land erklärt!«

      Einen Augenblick war es still. Die Größe des Planes ließ die Hörer erstarren. Dann brachen sie los. Sie drängten sich um ihn. Sie knieten vor ihm. Sie küßten sein Gewand und seine Hände.

      Mit geschlossenen Augen stand Toghon-Khan, berauscht von dem Gedanken an den Glanz der Zukunft. Dann schritt er zum Tisch und griff einen Stoß der Papiere.

      Es waren die Operationsbefehle. Mit kurzen, knappen Worten gab er jedem seine Befehle. In zwei gewaltigen Heeressäulen sollte die gelbe Macht durch das Ilital und die dsungarische Pforte in das Siedlerland einbrechen, während eine dritte nach Norden in Sibirien einfiel, um das russische Industriegebiet am Altai abzuschnüren.

      Dann zog er sie vor die Karten, erläuterte ihnen die Stellungen der Nadelfähnchen, zeigte ihnen alle Stellungen und Schwächen der Gegner, bis jeder seine Aufgabe genau erkannt.

      Der große Plan war in seinen Grundzügen von einer klassischen Einfachheit. Die komplizierten Details zu seiner Ausführung waren bis aufs kleinste vom Generalstab ausgearbeitet.

      »Jetzt kennen Sie Ihre Aufgaben und Befehle. Die Stäbe werden das Weitere veranlassen, übermorgen, am 8. Juli, stehen Sie in Feindesland.«

      *

      In