Als sich die junge Frau orientierungslos auf den Rücken drehte, um ihre Umgebung besser wahrnehmen zu können, streckte sie Edwards Vater ungeniert ihre gewaltigen Brüste entgegen.
«Die Hure kannst du mir überlassen», knurrte der Alte und leckte sich lüstern die Lippen. «Ist sie gut?»
Edward stützte sich auf die Ellenbogen und richtete sich langsam auf, ohne seiner Bettgefährtin weitere Aufmerksamkeit zu schenken.
«Sie geht ab wie ein Rennpferd», erklärte er beiläufig, «besonders wenn du es ihr hart von hinten besorgst.» Ein schmutziges Grinsen huschte über sein Gesicht.
William Blake trat ans Bett und tätschelte die Schenkel der jungen Frau, die sich diese höchst anzügliche Behandlung mit einem lasziven Augenaufschlag gefallen ließ.
«Ich denke, Madame Ivoire hat nichts dagegen, wenn ich bei der Kleinen die Reitpeitsche zum Einsatz bringe. Schließlich hast du in den Tagen seit unserer Ankunft ein hübsches Sümmchen in ihrem Etablissement hinterlassen.»
Während Edward, nackt, wie er war, aus dem Bett sprang, setzte sich sein Vater auf die weiche Matratze und unterzog das junge vor ihm liegende Fleisch einer eingehenden Prüfung. Als er der Frau in den Hintern und in die Brüste kniff, um ihre Schmerzgrenze zu prüfen, war sie mit einem Mal wie erstarrt. Jedoch kein Laut der Klage kam über ihre Lippen.
«Sie gehört dir», sagte Edward und setzte dabei eine Miene auf, als ob er sich von einer lästigen Plage befreien müsste. «Ist mein Anzug schon eingetroffen?»
«Was fragst du mich das?», erwiderte sein Vater und gab der Hure mit einem knappen Wink zu verstehen, dass sie in das Schlafgemach nebenan verschwinden und dort auf ihn warten sollte. «Bin ich deine Haushälterin?»
Achselzuckend schlüpfte Edward in einen blauseidenen Kimono und hockte sich auf den Rand der kupfernen Wanne, die in einer Ecke des Raums stand, und beschloss, dort auf das Eintreffen des Butlers zu warten. Ungeduldig verschränkte er die Arme und beobachtete, wie sein Vater sich zur Tür wandte, wo bereits ein weiterer Diener wartete.
«Was macht dich so sicher, dass diese kleine Hamburgerin die Richtige für mich ist, Vater?», fragte er dumpf. «Ich meine … ich habe sie gesehen. Sie scheint mir rein und keusch wie eine französische Nonne, die kurz vor ihrem Gelübde steht.»
«Etwas anderes würde ich als die zukünftige Mutter meiner Enkel auch nicht akzeptieren», erklärte William streng. «Oder willst du riskieren, dass sie den Balg irgendeines dahergelaufenen Bastards unter dem Busen trägt, wenn sie mit dir vor den Altar tritt? Außerdem weißt du so gut wie ich, dass es auf der Plantage mehr als eine Alternative gibt, um dich anderweitig zufrieden zu stellen», erklärte sein Vater. «Sie muss nur zwei-, dreimal ein gesundes Kind gebären. Danach wird sie ohnehin von der ganzen Sache bedient sein.»
Mit hochgezogenen Brauen sah Edward seinen Vater an.
William räusperte sich. «Außerdem hat die Countess von mir zehntausend Pfund in Gold für ihre Stiftung erhalten, damit sie uns mit der Auswahl einer passenden Kandidatin unterstützt. Die Tochter dieses deutschen Kaufmanns für dich auszusuchen, war ganz alleine ihre Idee. Sie meint, das Mädchen sei eine gläubige Christin, die sich von heidnischen Flüchen nicht beeindrucken lasse.»
Edward runzelte die Stirn. «Du meinst …»
«Ich meine: Hauptsache, Helena Huvstedt und ihr einfältiger Vater erfahren nichts von diesem blödsinnigen Fluch, bevor es zu einer Verlobung kommt.»
William war zum Sideboard gegangen und hatte sich aus einer Kristallkaraffe einen Brandy eingeschenkt. Hastig trank er das Glas in einem Schluck aus und hustete. Dennoch goss er sich sogleich einen weiteren Brandy ein und kippte ihn hinterher.
«Ich muss dich nicht daran erinnern, mein Sohn, dass du seit dem unglücklichen Tod von Hetty MacMelvin keine Chance mehr hast, eine passende Frau auf der Insel zu finden.»
Die ungewohnte Nervosität in den grauen Augen seines Vaters verärgerte Edward. «Und das alles wegen einer schwachsinnigen Negerin, die längst in der Hölle schmort», zischte er verärgert. «Du hättest sie lange vor diesem … Zwischenfall von Redfield Hall beseitigen sollen. Dann wäre es niemals so weit gekommen.»
Im Grunde genommen glaubte er nicht an so einen Hokuspokus wie den Obeah-Zauber. Aber nachdem sein Vater zwei Frauen und zwei Töchter durch ein seltsames Fieber verloren hatte, war er sich nicht mehr so sicher, ob die Neger nicht doch mit dem Teufel im Bunde waren. Als dann zu allem Übel vor einigen Jahren auch noch Edwards Verlobte, eine gebürtige Schottin, kurz vor der Hochzeit angeblich von einem jungen Sklaven ermordet worden war, hatten die übrigen Pflanzerfamilien zu reden begonnen. Irgendwie war durchgesickert, dass vor Jahren eine Sklavin im Hause der Blakes auf seltsame Weise verschwunden war. Es ging das Gerücht, sie habe sich im Herrenhaus von Redfield Hall das Leben genommen und kurz vor ihrem Tod alle zukünftigen Frauen der Familie Blake verflucht. Dummerweise hatte Trevor ihre Leiche tatsächlich bei Nacht und Nebel in den Fluss geworfen, woraufhin sie verschwunden blieb. Aber davon konnte niemand sonst etwas wissen. Offiziell war sie als entflohen gemeldet worden.
«Ich kann immer noch nicht begreifen, wieso du dich ausgerechnet mit dieser Nigger-Hexe eingelassen hast», raunte Edward und schüttelte verständnislos den Kopf. Er wusste, dass er sich mit einer solchen Bemerkung bei seinem Vater auf gefährliches Terrain begab. Als sein einziger Sohn konnte er sich bei dem Alten einiges rausnehmen, aber wenn es um den Fluch ging, zog Lord William eiserne Grenzen.
«Interessant, dass ausgerechnet du so etwas sagst», konterte sein Vater mit gefährlich funkelnden Augen. «Ich möchte nicht wissen, wie viele von unseren Sklavinnen deine Bastarde geboren haben.»
Er setzte das Glas auf dem Silbertablett ab und richtete sich zu voller Größe auf. William Blake war trotz seines Alters von sechzig Jahren immer noch ein stattlicher Mann, der mit seiner vornehmen Erscheinung und einer Größe von mehr als sechs Fuß äußerst respekteinflößend wirkte.
«Woher willst du wissen, ob eine von deinen Huren nicht auch irgendwann verrücktspielt?» Sein Einwand klang wie eine verspätete Entschuldigung sich selbst und seiner Familie gegenüber.
«Ich weiß es, weil ich mich um meine Huren kümmere», bemerkte Edward und zog eine Braue hoch. «Und wenn ich meine Sklavinnen verkaufe, dann immer Stute und Fohlen zusammen. Was danach mit ihnen geschieht, liegt nicht in meiner Macht.»
«Zu dumm nur, dass dir deine Barmherzigkeit keinen adäquaten Erben beschert, der sich den Respekt unserer weißen Nachbarn verdient.» William räusperte sich. «Wobei wir wieder beim Thema wären. Helena Huvstedt stammt aus gutem Haus. Ihr Vater ist durchaus vermögend, und sie selbst hat in der Schweiz eine exzellente Erziehung genossen. Außerdem willst du wohl nicht behaupten, dass sie von abgrundtiefer Hässlichkeit gezeichnet ist?»
«Nein», bestätigte Edward und erinnerte sich an die unübersehbaren Vorzüge der jungen Frau. «Neulich im Theater schien sie mir recht ansehnlich. Ein hübsches, weißes Gesicht mit großen, hellgrünen Augen, einer kleinen, geraden Nase und einem sündigen Mund, dazu feste Brüste und einen aufrechten Gang. Ein Narr, wer mehr von einer Repräsentantin für Redfield Hall erwartet.»
Lena glaubte vor Aufregung zu vergehen, als der Kutscher den geschlossenen Wagen nach nur fünfminütiger Fahrt in die King Street lenkte. Von weitem war bereits das klassizistische Gebäude des Clubs erkennbar,