Diese heiß ersehnten Jahre - Liebesroman. Marie Louise Fischer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Marie Louise Fischer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788726355109
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mit Vati«, sagte sie. »Bis später dann.« Sie packte Stefan bei der Hand und zog ihn, ohne die Abfahrt des Autos abzuwarten, in Richtung Bahnhof mit sich.

      An der Ecke Friedrich-Ebert-Straße passierte es dann: ohne Vorwarnung erbrach sich Stefan auf dem Bürgersteig. Das hastig verschlungene Frühstück kam wieder zum Vorschein.

      »Auch das noch!« rief Martina.

      In der Damentoilette des Bahnhofs wusch sie ihm das Gesicht und ließ ihn sich den Mund ausspülen.

      »Hättest du’s nicht noch bis hierher halten können?«

      »Hab’s versucht, aber es ging nicht.«

      Martina rang sich ein Lächeln ab. »Schon gut, Knüsel, du warst sehr tapfer. Bloß – du mußt verstehen . . . ich bin eben auch ein bißchen nervös heute.«

      »Schon kapiert, Mutti.« Vertrauensvoll griff er nach ihrer Hand. Sein Gesicht hatte wieder Farbe bekommen, und als der Zug in den Hauptbahnhof Düsseldorf einfuhr, bekannte er: »Weißt du was, Mutti? Ich hab’ einen furchtbaren Hunger!«

      »Ich auch!« bekannte Martina. »Wenn wir erst zu Hause sind . . . nein, ich weiß was Besseres. Wir steigen am Graf-Adolf-Platz aus und suchen uns ein schönes Café auf der Königsallee.«

      »Au ja!« rief Stefan erfreut, fügte aber gleich darauf hinzu: »Aber die anderen? Was werden die sich denken?«

      »Die wissen ja gar nicht, welchen Zug wir erwischt haben. Sollen sie ruhig auf uns warten oder schon anfangen auszupacken. Vati hat ja den Schlüssel!«

      So kam es, daß Mutter und Sohn im »Café Hemesath«, das angesichts des schönen Frühlingstages schon Tische und Stühle ins Freie gestellt hatte, bei Bohnenkaffee, Kakao, Torte und Schlagsahne ihren Einzug in Düsseldorf feierten.

      Wie zu erwarten war, zeigten weder Helmut noch Claudia Begeisterung für das kleine Haus in der Börchemerstraße, obwohl es sich bei Sonnenschein und Blütenduft von seiner besten Seite präsentierte. Helmut klopfte gegen die Wände und meinte nur: »Na, du mußt es ja wissen.«

      Claudia hatte ihr muffigstes Gesicht aufgesetzt, stieß mit der Fußspitze gegen Kisten und Koffer und machte keine Anstalten mit anzupacken. Als Martina sie dann noch unvorsichtigerweise einmal fragte, wie es ihr gefalle, antwortete sie: »Drittklassig. Hier bleibe ich auf keinen Fall!«

      Martina hatte zuviel zu tun, um sie weiter zu beachten; alle Kisten, Kartons, Koffer und Möbelstücke mußten durch den Garten zu dem Häuschen getragen werden.

      Als die Ladefläche des Lieferwagens leer war, klopfte Helmut an die Haustür. »So, das wär’s. Ich fahre jetzt zurück.«

      »Schon?« fragte Martina enttäuscht. »Willst du mir denn nicht helfen . . . «

      Er ließ sie nicht zu Ende sprechen. »Dazu mußt du dir schon einen anderen Trottel suchen.«

      »Ich dache, wir würden noch zusammen essen.«

      »Du wolltest doch deine große Freiheit haben. Jetzt hast du sie. Ich habe dir vorausgesagt, daß dir dabei noch angst und bange werden würde.«

      »Das nun doch nicht!« Sie lachte ihm ins Gesicht. »Bloß weil ich deinen starken Arm ganz gerne noch ausgenützt hätte, brauchst du dir nicht einzubilden, daß ich ohne dich nicht leben kann.« Er konnte nicht verbergen, daß er sich ärgerte. »Also dann Mach’s gut, Knüsel.« Er beugte sich zu seinem Sohn, unschlüssig, ob in dieser Situation ein Kuß angebracht war oder nicht.

      »Tschüs, Vati.« Stefan blickte ihm fest in die Augen.

      »Und Claudia . . . Wo ist Claudia?«

      Allen dreien fiel jetzt auf, daß sie Claudia längere Zeit nicht gesehen hatten. Sie liefen durchs Haus und riefen nach ihr.

      Dann trafen sie sich wieder vor der Haustür; keiner hatte das Mädchen gefunden.

      »Wo mag sie bloß stecken?« fragte Martina besorgt.

      »Wo denn schon«, meinte Stefan, »im Auto natürlich.«

      »Wieso natürlich?«

      »Weil sie doch wieder mit nach Dinslaken will.«

      »Brav, Knüsel«, lobte Helmut, »eine logische Kombination!«

      Sie liefen, Stefan voraus, zur Straße. Im Führerhaus war Claudia nicht, aber Stefan blickte gleich in den Laderaum, der noch nicht verschlossen war, und rief: »Komm raus, du bist entdeckt!«

      Da kam sie tatsächlich zum Vorschein – sie hatte sich hinter eine der leeren Kisten gehockt, die Martina nur geliehen hatte und die Helmut gleich wieder nach Dinslaken mitnehmen wollte. Sie richtete sich auf, verschränkte die Arme über der Brust und erklärte: »Wenn ich nicht mit Vati darf, reiße ich aus!«

      »Das werden wir ja sehen!« Martina wollte auf die Ladefläche klettern.

      Helmut hielt sie zurück. »Moment mal!«

      »Laß mich!«

      »Nein, nein!« Er zog sie außer Hörweite der Kinder. »Mir scheint, deine Tochter hat genausoviel Energie wie du.«

      »Ach was! Sie ist einfach bockig.«

      »Ja, so könnte man’s auch nennen. Aber die redet nicht nur davon, die reißt wirklich aus, verlaß dich drauf.«

      »Dann hole ich sie eben wieder zurück.«

      »Du bist’s imstande! Aber willst du ihr das wirklich antun?«

      »Hast du einen besseren Vorschlag?«

      Er blickte an ihr vorbei. »Vielleicht sollte ich sie wirklich mit nach Hause nehmen.«

      »Du!?«

      »Warum nicht? Schließlich bin ich immer noch der Vater, auch wenn du jetzt das Sorgerecht hast.«

      Martina dachte blitzschnell nach. Wider Willen fand sie Helmuts überraschenden Vorschlag verlockend. Es würde ihr manches erleichtern, wenn sie das widerspenstige Kind, wenigstens vorübergehend, los sein würde. »Ja, könntest du sie denn überhaupt brauchen?«

      »Zumindest würde sie mir nicht im Wege sein.«

      »Ich weiß nicht . . . « Martina zögerte noch, »ob das richtig wäre.«

      »Wäre sie vor Gericht gefragt worden, hätte sie sich bestimmt für mich entschieden.«

      »Das kann schon sein.«

      »Na also. Gib dir einen Ruck.«

      »Jetzt hat sie ja nicht mal mehr ihre Sachen in Dinslaken.«

      »Die Koffer sind ja noch nicht ausgepackt. Und vorübergehend kann ich sie ja im anderen Bett schlafen lassen.« Jetzt sah er sie an und faßte sie sogar bei den Schultern. »Martina, warum machst du Schwierigkeiten? Es kann dir doch unmöglich daran liegen, Claudia bei dir zu behalten – in der Geistesverfassung, in der sie sich befindet.«

      »Sie wird sich schon wieder fangen.«

      »Wenn, dann tut sie’s auch bei mir, und du ersparst dir einen Haufen Ärger. Außerdem wollen wir uns ja sowieso alle vierzehn Tage treffen. Dann kannst du dich von ihrer jeweiligen Gemütslage überzeugen.«

      Martina klopfte sich mit der geballten Faust gegen das Kinn.

      »Das möchte ich dann nicht.«

      »Aber wir hatten abgemacht . . . «

      » . . . daß du die Kinder alle vierzehn Tage sehen darfst, ja, ich weiß. Ich habe aber nur zugestimmt, weil es so üblich ist. Ich find’s nicht gut, wenn die alten Wunden immer wieder aufgerissen werden.«

      »Davon hast du aber nie was gesagt!«

      »Weil es keinen Zweck gehabt hätte. Aber jetzt . . . « Sie blickte ihn beschwörend an. »Ich gebe dir Claudia mit, wenn du mir Stefan läßt. Ganz. Ohne Besuche.«

      »Auch nicht in den Ferien?«