Die letzte aus dem Hause Wulfenberg. Anny von Panhuys. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Anny von Panhuys
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788711570241
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      „Nee, Kind, lass dir durch mein Fortgehen den Appetit nicht verderben. Morgen reden wir weiter.“

      Sie war schon zufrieden.

      „Und darf ich, wenn ich nachher allein bin, auch tanzen? Ich sehe so viele Bekannte hier.“

      Er nickte. „Tanze so viel du willst und versprich dich nicht, wenn dich jemand fragt, wer dein Begleiter war.“ Er schob ihr einen Fünfzigmarkschein zu. „Bezahle die Zeche davon, den Rest kannst du behalten.“

      Sie lachte über das ganze Gesicht und war nun völlig damit ausgesöhnt, dass der Prinz fortging. Ordentlich leicht wurde ihr. Nun konnte sie sich doch bewegen, wie sie wollte.

      Kaum war Erwin Rödnitz gegangen, stand der Kellner wieder an Luisens Tisch.

      „Soll ich das Schnitzel für den Herrn warmstellen lassen, er wird doch bald wiederkommen, nicht wahr?“

      Das blonde Mädchen kaute eifrig, gab mit vollem Mund Antwort.

      „Das Schnitzel kann stehen bleiben, das esse ich auch noch, und der Herr kommt nicht wieder, ich bezahle das Bestellte.“

      Der Kellner war ein ganz hübscher Mensch, er blinzelte Luise verliebt an.

      „Ein Kavalier, der seine Dame, die er zum Vergnügen führt, so bald im Stich lässt, ist ’ne grosse Ausnahme. Sagen Sie, Fräulein, wer ist der Herr eigentlich gewesen, er kam mir so sehr bekannt vor.“

      Luise Moldenhauer brummte: „So, kam er Ihnen bekannt vor? Na, angestarrt haben Sie ihn ja auch genug. Aber wenn es Sie interessiert, er heisst Fritz Müller, und weiter weiss ich auch nichts von ihm.“

      Der Kellner zog überlegen die Brauen hoch.

      „Mein liebes Fräulein, da hat er Sie angeschwindelt. Das Gesicht kenne ich, wenn ich anfangs auch nicht ganz sicher war. Ich habe eine erstklassige Stellung gehabt in einem Restaurant, wo nur Herrschaften der vornehmsten Kreise verkehrten, und wegen Ihrem Herrn Fritz Müller wurde ich da rausgeschmissen. Er beklagte sich bei meinem Chef, ich sei ungeschickt und so weiter. Und wenn so einer sich beklagt, hat unsereins immer unrecht.“

      Luise unterbrach ihn.

      „Sie verwechseln den Herrn also. Der vorhin bei mir gesessen, war wirklich ein Herr Müller, und nun lassen Sie mich in Ruhe essen.“

      Der Kellner ging sofort, die Blonde hatte zuletzt ausgesehen, als wenn sie sehr ungemütlich werden konnte. Aber er beobachtete den Tisch von weitem, und als er sah, das hübsche Mädchen war mit dem Essen fertig, ging er, um das Geschirr abzuräumen.

      Luise zahlte und gab ein gutes Trinkgeld. Nach einem Weilchen stand sie auf, schlenderte in den Saal; jetzt wollte sie erst Bekannte begrüssen.

      Der Kellner blickte nachdenklich dorthin, wo noch vor kurzem der Herr gesessen, in dem er den Prinzen Rödnitz zu erkennen geglaubt.

      Sollte er sich dennoch getäuscht haben? Seine Augen sahen plötzlich seitlich unter dem Tisch etwas Glänzendes liegen.

      Er schritt näher, liess als Scheinmanöver für die Nahesitzenden seine Serviette fallen und als er sie wieder aufhob, nahm er einen kleinen metallenen Gegenstand mit auf.

      Abseits untersuchte er den Gegenstand.

      Es war ein silbernes Zigarettenetui, auf dem eine geschlossene Krone und darunter die Buchstaben E. R. eingraviert waren.

      Der Kellner lächelte spöttisch. Dieser Herr Fritz Müller bediente sich eines Zigarettenetuis mit der Krone und dem Monogramm des Prinzen Erwin Rödnitz.

      Das hübsche, blonde Mädchen hatte sicher keine Ahnung, was für eine vornehme Persönlichkeit sie vorhin „Fritz“ genannt hatte. Er hatte es selbst gehört.

      Ach, die Weibsleute lassen sich ja so leicht beschwindeln.

      Ein mit billiger Eleganz gekleideter Herr stand vor dem Hotelportier.

      „Ich möchte gern den Prinzen Rödnitz sprechen.“

      Der Portier winkte einen der Pagen herbei.

      „Ich weiss nicht, ob Durchlaucht oben ist, lassen Sie sich melden.“

      Der Page führte den Fremden eine Treppe hinauf, blieb vor einer Zimmertür stehen.

      „Ihre Karte, mein Herr, für die Anmeldung.“

      Der Herr lachte.

      „Ich bin kartenlos, sage nur, ich hätte etwas gefunden, was Durchlaucht gehört.“

      Der Page klopfte. Ein sehr hellblonder Frauenkopf kam zum Vorschein und der Page entledigte sich seines Auftrags. Die Tür schloss sich wieder.

      Der Page erklärte wichtig: „Das war die Zofe der Prinzessin.“

      Der Fremde machte ein nachdenkliches Gesicht. Der sehr hellblonde Frauenkopf gab ihm zu denken.

      Schon öffnete sich die Tür wieder.

      „Durchlaucht lässt bitten!“

      Luise Moldenhauer liess den Fremden ein, beachtete ihn aber kaum, erkannte den Kellner aus Zuckelmayers Festsälen nicht wieder.

      Der Prinz sass am Schreibtisch, wandte sich nur ein wenig um.

      „Man sagte mir, Sie hätten etwas gefunden, was ich verlor. Ich vermisse nichts bis jetzt. Um was handelt es sich?“

      Kurz und unfreundlich klang es.

      Der andere erwiderte leise: „Ich fand ein silbernes Zigarettenetui.“

      Er hielt es dem Prinzen entgegen, ohne es jedoch loszulassen.

      „Wo fanden Sie es? Es ist tatsächlich mein Eigentum.“

      Der Prinz streckte die Hand aus.

      „Ich fand es in Zuckelmayers Festsälen unter dem Tisch, wo Durchlaucht gesessen.“

      Jetzt schaute Erwin Rödnitz dem Besucher scharf ins Gesicht, überlegte dabei blitzgeschwind.

      „Ja, ich wollte mir mal so ein Ballokal ansehen. Aber woher wissen Sie meinen Namen, meine Adresse?“

      Der Kellner hielt das Etui krampfhaft fest.

      „Ich habe Durchlaucht schon vor dem gestrigen Abend bedient. Durchlaucht beschwerten sich bei meinem vorigen Chef, ich serviere tölpelhaft und ich verlor deshalb eine prachtvolle Stellung.“ Sein Gesicht färbte sich dunkler. „Ich war auf dem Weg nach oben! Ein paar Beschwerdeworte aus prinzlichem Munde schleuderte mich weit hinunter. Man muss leben, aber Zuckelmayers Festsäle verdanke ich nur Ihnen, Durchlaucht, sonst wäre ich heute noch in dem vornehmen Restaurant am Zoo.“

      Dem Prinzen schien es, als läge in den Worten des Kellners versteckte Drohung.

      Er erwiderte halblaut: „Ich kann mich nicht erinnern, mich über Ihre Bedienung beschwert zu haben, aber wenn ich es getan, dann war sicher Grund dazu vorhanden.“

      „Natürlich, die vornehmen Leute sind immer im Recht,“ sagte der Kellner.

      Der Prinz machte eine ungeduldige Bewegung. Wie lange wollte denn der Mensch das Zigarettenetui noch festhalten?

      Er langte in ein Fach seines Schreibtisches, entnahm ihm einen Zwanzigmarkschein.

      „Bitte, für Ihre Bemühungen, Herr —. Ja, wie heissen Sie denn?“

      Der Kellner liess das Geld unbeachtet.

      „Ich heisse Fritz Müller. In Wirklichkeit Fritz Müller. Sie sehen, Durchlaucht, es ist ein Durchschnittsname, jeder kann zufällig so heissen, und ich empfehle Ihnen, sich bei nächster Gelegenheit eines anderen Pseudonyms zu bedienen.“

      Erwin Rödnitz hätte dem Mann am liebsten die Tür gewiesen, aber er wagte es nicht recht.

      „Ich habe wenig Zeit, Herr Müller, und bitte Sie, mir nun mein Eigentum zurückzugeben und diese Belohnung dafür anzunehmen.“

      Er