Die letzte aus dem Hause Wulfenberg. Anny von Panhuys. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Anny von Panhuys
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788711570241
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näherte sich dem Manne.

      „Erwin, verkaufe die Wiesen, lasse meinen Schmuck beleihen und dann wollen wir hier alles ordnen, nach Rödnitz heimkehren und mit Sparsamkeit versuchen, den Verlust wieder hereinzubringen.“

      Er verzog den Mund.

      „Mein liebes Kind, wenn nicht ein Wunder geschieht, werden wir die Scharte nur schwer auswetzen.“ Sein schlaffes, übermüdetes Gesicht ward plötzlich straffer. Vielleicht doch — ein Mittel gäbe es.“ Er pfiff ein paar Takte. „Donnerwetter, dass mir das erst jetzt einfällt.“ Er legte die Arme auf Margaretes Schultern. „Mein liebes Kind, nichts ist so schlimm, wie es im ersten Moment aussieht. Lass dir keine grauen Haare wachsen, es wäre schade um deinen scharmanten Bubikopf.“

      Margarete ward von der frohen Stimmung mitgerissen.

      „Was ist dir denn eingefallen, Erwin? Ich bin so begierig, es zu erfahren.“

      Er neigte sich ihr zu, küsste sie.

      „Davon ein anderes Mal. Die Hauptsache, wir werden reicher werden, als wir gewesen. Jetzt aber muss ich ein Bad nehmen und dann will ich starken Kaffee haben.“

      Schon war er im nächsten Zimmer verschwunden, wo Margarete ihn nach der Bedienung klingeln hörte.

      Sie fuhr sich mit dem von Spitzen umsäumten Taschentuch über den Mund. Ihr war es, als hinge noch der Alkoholdunst daran fest, der ihr von ihres Mannes Lippen entgegengeweht.

      Sie strich lässig an ihrem weissen flauschigen Morgenkleid hinunter und sann, was er wohl gemeint haben könnte mit den verheissenden Worten vorhin: Wir werden reicher werden, als wir gewesen!

      Nun, lässig dahingeredet war es nicht, also wollte sie sich keine Sorgen machen. Heute abend war eine der elegantesten Ballvorstellungen der hauptstädtischen Wintersaison. Ihr hellfliederfarbenes Kleid mit den silbernen Perlchen würde Aufsehen erregen. Der Kostümzeichner eines ersten Modeateliers hatte es für sie entworfen.

      Sie trat ans Fenster.

      Unten auf dem Platz vor dem Hotel strömte das Alltagsleben der Grossstadt schon in starken Wogen. Autos rasten, die Elektrischen läuteten und dazwischen bewegten sich die eilenden Menschen irgend einem Ziele zu. Viel schlechtgekleidete, armselige Menschen waren dabei.

      Margarete schloss ein wenig die Augen.

      Ihr war es, als höre sie Hans Westfal sagen: Es erstehen täglich mehr Unzufriedene, die behaupten, vielen Menschen ginge es zu schlecht, weil es vielen anderen zu gut geht.

      Wie Scham wallte es in ihr auf. Sie tat gar nichts, nahm nur und lebte in Freuden, ohne jedes Verdienst.

      Hans Westfal!

      Lange hatte sie nicht mehr seiner gedacht in dem seichten, amüsanten Leben, das sie jetzt führte.

      Wie mochte es ihm gehen?

      Dachte er in der fremden Tropenwelt wohl auch noch manchmal an sie und die seltsame Freundschaft, die sie beide einmal verbunden?

      Sie lächelte ein wenig. Es war hübsch, sich an Hans Westfal zu erinnern, wirklich wunderhübsch.

      Mit Margaretes Perlenkette, die sie von ihm als Hochzeitsgeschenk erhalten, und ein paar Schmucksachen, die ihr seine Grossmutter gegeben, konnte Erwin Rödnitz seine Spielschuld decken. Er hatte den Schmuck verpfändet, versprach baldige Auslösung.

      Noch immer wohnte man im Hotel, und durch Inspektor Jäger waren die Verhandlungen wegen dem Verkauf der Wiesen eingeleitet worden. Aber, wie das immer so ist, dass man weniger erzielt, wenn man etwas zum Verkauf anbietet, als wenn es begehrt wird, so war es auch hier. Der Nachbar bot jetzt die Hälfte der geforderten Summe.

      Der Prinz war wütend.

      „Der Kaffer kriegt die Wiesen überhaupt nicht, nun erst recht nicht. Wir brauchen ihn ja nicht.“

      Er lief im Salon der Hotelzimmerwohnung aufgeregt hin und her.

      Margarete liess ihn ein Weilchen toben. Dann meinte sie: „Ich denke, du weisst einen Weg, wie wir zu Reichtum gelangen können. Weihe mich doch endlich ein. Denn wenn es solchen Weg nicht gibt, ist unser teurer Aufenthalt hier unverantwortlich. Unsere alten Damen glauben uns längst auf dem Gut, ihre Briefe kommen nach dort, werden uns nachgesandt, sowie unsere Nachrichten an sie erst nach Rödnitz an den Inspektor geschickt werden, damit der dortige Poststempel daraufkommt. Entweder erzähle mir, auf was für eine Idee du letzthin verfallen bist zur — nun, sagen wir ‚Rettung’, oder ich glaube nicht daran.“

      Der Prinz reckte seine hohe Gestalt, die sich manchmal ein bisschen wie ermüdet nach vorn neigte.

      „Meinst also, ich hätte geflunkert, nicht wahr?“

      Er zog an seinem eleganten dunkelblauen Jackett, und es schien fast, als ob ihn leichte Verlegenheit beherrschte.

      Dann nahm er in einem bequemen Sessel gegenüber seiner jungen Frau Platz. Auch jetzt sprach er noch nicht.

      Sie mahnte: „Aber ich bitte dich, Erwin, gar so schwer kann es doch nicht sein.“

      Er machte ein fideles, jungenhaftes Gesicht, das sie am liebsten an ihm mochte.

      „Ach, schlimm ist es gar nicht, Marga, es hängt mit dir zusammen. In deine Hand ist es gegeben, unserm Gut die Wiesen zu erhalten und uns soliden Reichtum zu bescheren!“

      „In meine Hand ist es gegeben?“ Margarete schüttelte den Kopf. „Ich verstehe nicht, was du meinen könntest, denn du weisst doch, du hast ein armes Mädchen zur Frau genommen.“

      Erwin Rödnitz betrachtete interessiert seine Hände.

      „Ich habe das auch geglaubt, bis ich die Fürstinnenkrone der Wulffenbergs sah, deren Smaragden und Brillanten, wie mir meine Grossmama versicherte, echt wären.“

      „Natürlich sind sie echt,“ bestätigte Margarete, „aber ich verstehe immer noch nicht.“

      Der Prinz lächelte nachsichtig.

      „Eigentlich müsstest du nun schon Bescheid wissen. Kurz heraus, ich meine, da es keine Fürstin Wulffenberg mehr geben wird, wenn Fürstin Alexandra einmal stirbt, hat die Krone ihren Zweck für die Zukunft verfehlt. Einige Steine sind enorm gross, sie werden hoch bezahlt werden.“ Er sah fragend auf Margarete. „Nun weisst du Bescheid, Kind.“

      Die junge Frau erwiderte kurz und erregt: „Dann wirst du wohl über andere Wege, die zum Reichtum führen, nachsinnen müssen, denn solange ich lebe, werde ich nicht erlauben, dass auch nur der kleinste Stein aus der Krone gebrochen wird.“

      „Auch nicht, wenn du mich und dich aus schwerer finanzieller Lage retten kannst?“

      „Auch dann nicht!“ gab sie stark betont zurück.

      „Und weshalb nicht?“ fragte er heftig.

      „Weil ich es meiner Grossmama geschworen habe, die Krone zu hüten wie ein Heiligtum!“

      „Quatsch ist das!“ entfuhr es ihm.

      Sie zuckte die Achseln.

      „Ich glaubte, du müsstest für die Worte: Ahnen, Tradition und Pietät Verständnis haben, Erwin,“ sagte sie vorwurfsvoll.

      Er bog sich vor, sah sie mitleidig spöttisch an.

      „Dummes, kleines Frauchen, nicht wir lassen unsere Ahnen im Stiche, sondern sie haben uns im Stiche gelassen, sonst hätten sie nicht so miserabel gewirtschaftet, dass nicht mehr viel von ihrem Reichtum bis auf uns gekommen ist. In der Beziehung pfeife ich auf Ahnen, Tradition und Pietät.“

      Margarete war von ihrem Sessel aufgesprungen

      Sie streckte in heftiger Abwehr beide Hände aus.

      „Erwin, um des Himmels willen, so etwas darfst du nicht sagen, auch nicht im Scherz!“

      Er wiederholte stark unterstrichen: „Jawohl, ich pfeife auf Ahnen, Tradition und Pietät!“

      Er