Schriften in deutscher Übersetzung. Plotin. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Plotin
Издательство: Bookwire
Серия: Philosophische Bibliothek
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783787339341
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und Schlechtigkeit, Häßlichkeit und Schönheit und Gesundheit, und das so und so Gestaltetsein (Dreieck und Viereck ist an sich nichts Qualitatives, das Dreiecksein aber ist, sofern dadurch Gestaltung gegeben ist, als Qualitatives zu bezeichnen, und zwar nicht die Dreieckigkeit als solche, sondern die dreieckige Gestaltung); ferner die Künste und Fertigkeiten. So ist also die Qualität ein bestimmter Zustand an den Seinsheiten die aber schon vorher Seinsheiten sind, mag dieser Zustand nun ein nachträglicher oder von Anfang an mitbestehend sein, ein Zustand jedoch dessen Nichtvorhandensein die Seinsheit in keiner Weise mindert. Sie kann leicht veränderlich und schwer veränderlich sein, zerfällt also in zwei Unterarten, eine leicht veränderliche und eine beharrliche.

      [3]Das Bleiche also an dir ist nicht als Qualität anzusehen sondern als eine wirkende Tätigkeit welche nämlich aus der Kraft des Bleichens hervorgeht; so sind auch in der oberen Welt alle sogenannten Qualitäten vielmehr wirkende Tätigkeiten; das Qualitative mißt ihnen erst unsere Meinung bei, weil sie dadurch, daß sie je spezifische Eigentümlichkeiten der Seinsheit sind, die Seinsheiten gleichsam differenzieren, die ja einander und sich selbst gegenüber je ihre besondere Geprägtheit haben. Was macht aber dann den Unterschied der oberen Qualität aus? Denn auch die Qualitäten hier unten sollen ja wirkende Tätigkeiten sein. Nun, die Qualitäten hier unten bezeichnen nicht das Wesen ihres Zugrundeliegenden oder seine Veränderung oder seine Eigentümlichkeit, sondern eben ausschließlich die sogenannte Qualität (die in der oberen Welt Wirksamkeit ist). Es ist also ohne weiteres klar, daß jene obere sogenannte Qualität, da sie eine Eigentümlichkeit der Seinsheit bedeutet, nicht Qualität ist; das begriffliche Denken trennt nun diese Eigentümlichkeiten der Seinsheit ab, nicht indem es sie unverändert aus der oberen Welt abtrennt, sondern sie vielmehr ergreift und ein Neues aus ihr schafft: und damit schafft es das Qualitative, indem es gewissermaßen das sich ihm an der Oberfläche Darbietende als einen Teil der Seinsheit faßt.

      Ist das aber so, so steht nichts im Wege, daß auch die Wärme auf der einen Seite, da sie mit dem Feuer wesenhaft verbunden ist, eine Form des Feuers ist, eine wirkende Tätigkeit und nicht seine Qualität, und in einem andern Sinne doch wieder Qualität, aber nur wenn man sie abgetrennt vom Feuer an einem andern Ding erfaßt, wo sie nicht mehr Form der Seinsheit ist, sondern wo die Qualität, da sie ihre eigene Seinsheit, von der sie die Wirksamkeit ist, verlassen hat, nur noch eine Spur, ein Schatten, ein Abbild von jener ist. Alles also was akzidentiell ist, und nicht Wirksamkeit und Gestalt der Seinsheit (indem es nämlich den Wesenheiten bestimmte Formen gibt), all das ist qualitativ. So sind z. B. auch die Verhaltungsweisen und andere Zuständlichkeiten, da von ihren Substraten verschieden, als Qualitäten zu bezeichnen, während die Urbilder dieser Zustände wirkende Tätigkeiten der Prinzipien sind, denen sie ursprünglich innewohnen. So stellt sich also heraus, daß nicht ein und dasselbe Qualität und nicht Qualität ist, sondern das von seiner Seinsheit isolierte ist ein Qualitatives, das mit ihr Verbundene aber ist Seinsheit oder Gestalt oder Wirkung. Denn wenn etwas bei sich selbst beharrt, so kann es nicht ein und dasselbe sein wie wenn es allein und an einem andern Ding ist und Gestalt und Wirksamkeit verlor. Was aber niemals Gestalt eines andern, sondern immer nur Accidens ist, das ist reine Qualität und nichts anderes.

       18

      Ob es auch von den Einzeldingen Ideen gebe

      Ob es auch von den Einzeldingen eine Idee gibt? Nun, wenn ich und jeder einzelne sich auf das Geistige zurückführt, so muß auch das Prinzip jedes Einzelnen im Geistigen liegen. – Allerdings, wenn Sokrates und die Seele des Sokrates immer Sokrates ist, dann muß es einen Sokrates an sich geben, und demgemäß muß dann die Einzelseele auch in der oberen Welt vorhanden sein …; ist sie dagegen nicht immer ‘Sokrates’ sondern wird immer eine andere, z. B. die früher Sokrates war, Pythagoras oder sonst ein anderer, dann ist der bestimmte Einzelmensch nicht in der oberen Welt. – Freilich wenn die Seele die rationale Form aller einzelnen Menschen, die sie in ihren Verkörperungen durchlaufen hat, in sich trägt, dann müssen sie wiederum alle in der geistigen Welt vorhanden sein. Behaupten wir doch sogar daß jede Einzelseele alle rationalen Formen enthalte die der Kosmos enthält. Wenn nun der Kosmos nicht nur die Form des Menschen als solchen, sondern aller einzelnen Lebewesen hat, so auch die Seele. –

      Dann ergibt sich aber eine unendliche Zahl von Formen. – Es sei denn daß ein periodischer Rücklauf stattfinde, dann würde die unbegrenzte Zahl begrenzt werden, indem immer wieder dieselben Formen wiederholt werden. – Wenn nun die entstehenden Dinge überhaupt zahlreicher sind als ihr Urbild, wofür sind dann überhaupt für alle auch in einer Periode entstehenden Dinge Formen und Urbilder nötig? Es genügt dann doch ein ‘Mensch’ für alle Menschen, so wie eine begrenzte Zahl von Seelen genügt unzählige Menschen hervorzubringen. – Indessen, es ist nicht möglich daß die verschiedenen Wesen dieselbe rationale Urform haben, es genügt nicht ein Mensch als Urbild; denn die individuellen Menschen unterscheiden sich voneinander nicht nur durch die Materie, sondern durch zahllose spezifische Unterschiede der Form, sie verhalten sich nicht wie die Bildnisse des Sokrates zu ihrem Original, sondern man muß den Unterschied unter ihnen aus verschiedenen Urformen herleiten (?). So umfaßt der gesamte periodische Umlauf alle diese Formen, beim nächsten Mal aber entstehen wieder dieselben Dinge nach denselben Urformen. Die damit gegebene Unendlichkeit in der geistigen Welt aber braucht man nicht zu fürchten; denn sie ist als ganze in einem unteilbaren Punkt, und tritt nur gleichsam hervor wenn sie wirksam wird. –

      [2]Wenn indessen die Mischung der Formkräfte des Männlichen und Weiblichen die Verschiedenheit (eines Kindes von den Eltern) hervorbringt, dann könnte es nicht mehr von jedem einzelnen der zur Welt kommt eine individuelle Form geben, jeder der beiden Erzeuger, etwa der Mann, würde dann nicht nach unterschiedlichen Formen hervorbringen sondern nach einer, nämlich seiner eigenen und das heißt dann auch der seines Vaters. – Nein, auch dann steht nichts im Wege, daß sie nach verschiedenen Formen zeugen, da sie ja die sämtlichen Formen in sich haben, aber jeweils andere ihnen zur Hand sind. – Und wenn mehrere Kinder der gleichen Eltern voneinander verschieden sind? Nun, das geschieht infolge des verschieden starken Überwiegens (des männlichen oder weiblichen Prinzips). Doch muß gesagt werden, daß nicht deshalb, weil das Erzeugte in der Erscheinung bald zumeist dem männlichen bald dem weiblichen Erzeuger entspricht, jeder der beiden Erzeuger einen ungleichen Anteil gegeben hat, vielmehr hat jeder sein Ganzes gegeben und ruht ganz im Erzeugten, nur daß entweder beide Anteile oder nur der des einen die Materie bewältigen. Die aber an verschiedenen Stellen (der Gebärmutter) entstehen, wie sollen sie nicht verschieden sein? –

      Bringt denn nun die Materie den Unterschied hervor, dadurch daß sie nicht gleichermaßen bewältigt wird? Folglich wären alle Individuen, mit Ausnahme jenes Einen, naturwidrig. So wahr aber die Verschiedenheit eine Vielfältigkeit des Schönen bedeutet, so kann die Idee nicht nur eine sein, sondern lediglich die Häßlichkeit ist auf den Einfluß der Materie zurückzuführen, wobei auch in diesem Fall die vollwertigen Formen zwar verborgen sind, aber doch als ganze hingegeben wurden.

      Gut, seien also die Formen verschieden – aber wozu bedarf es so vieler wie in einer Umlaufperiode Individuen entstehen, wo es doch eingestandenermaßen möglich ist daß die gleichen Formen sich hingeben und doch das Entstehende in der äußeren Erscheinung differenziert ist? – Nein, zugegeben wurde das nur sofern sie sich ganz hingeben, hier aber handelt es sich um die Frage ob verschiedenes entstehen kann, wenn die gleichen Formen auch wirklich die Oberhand gewinnen. Sind denn vielleicht deswegen die verschiedenen Formen nötig, weil das schlechthin Identische erst in einer andern Umlaufperiode eintritt, in dieser einen aber nichts schlechthin identisch ist? –

      [3]Wie können wir dann aber bei den zahlreichen (?) Zwillingen verschiedene Formkräfte annehmen, oder wenn man gar die Tiere einbezieht, und zumal die welche Mehrlinge werfen? – Nun, bei denen, wo die Jungen ununterscheidbar sind, ist nur eine Form vorhanden. – Aber wenn das so ist, dann gibt es eben nicht so viele Formen wie Individuen. – Nun, es gibt soviele Formen wie es verschiedene Einzeldinge gibt, und zwar soweit als die Verschiedenheit nicht bloß auf einem Zurückbleiben hinter der Idee beruht. Und schließlich, was steht im Wege daß die Formen auch da verschieden sind, wo die Individuen ohne Verschiedenheit sind? Wenn es denn überhaupt