Schriften in deutscher Übersetzung. Plotin. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Plotin
Издательство: Bookwire
Серия: Philosophische Bibliothek
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783787339341
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Teil-Raum; das All aber ist ein Ganzes und gewissermaßen selbst der Raum; so steht seiner Bewegung nichts im Wege denn es ist ja selbst alles. Und die Menschen? Soweit er vom All her bedingt ist, ist der Mensch Teil, soweit er Selbst ist, ist er ein eigenes Ganzes.)

      Wenn der Weltleib überall, wo er auch sein mag, die Seele besitzt, warum muß er sich dann drehen? Nun, weil die Seele nicht nur in der oberen Welt ist. Wenn aber die Kraft der Seele in ihrer Mitte liegt, dann wird sich auch die Seele im Kreis bewegen. Der Begriff ‘Mitte’ ist dabei für die Wesensart des Körpers und der Seele nicht in gleichem Sinne zu fassen, sondern für die Seele ist das Mitte, woher die übrige Seele stammt, für den Körper aber die Mitte im räumlichen Sinne. Man muß nun aber Mitte analog verstehen; wie bei der Seele, so muß es auch beim Körper eine entsprechende Mitte geben, welche einzig und allein die wirkliche Mitte der Weltkugel ist; denn so wie die Seele um diese Mitte kreist, so auch der Körper. Wenn es nun die Mitte der Seele ist, dann umläuft die Seele den Gott und umfaßt ihn mit Liebe und ist um ihn soweit es ihr möglich; denn von ihm ist alles abhängig. Sie ist also, da sie nicht zu ihm kommen kann, um ihn.

      (Warum bewegen sich nun nicht alle Seelen so? Jede tut es an dem Ort wo sie ist. Und warum nicht auch unsere Leiber? Weil ihnen die geradlinige Bewegung anhaftet, und weil unsere Triebe auf andere Dinge gerichtet sind; ferner läuft unser kugelförmiger Bestandteil nicht leicht im Kreise, denn er ist erdig, während dies Element dort oben, fein und leichtbeweglich wie es ist, der Bewegung folgt; so hat es keinen Anlaß stillezustehen welche Bewegung die Seele auch macht. Vielleicht tut das aber auch bei uns der Hauch der um die Seele ist.)

      Wenn nämlich Gott in allen Dingen ist, so muß die Seele, die mit ihm sein will, sich um ihn bewegen, da er an keinem bestimmten Ort ist. Plato gibt den Sternen nicht nur die Kreisbewegung mit dem Umschwung des Alls, sondern auch jedem einzelnen eine Umdrehung um sein eigenes Zentrum. Denn mit Prangen umfassen sie jeglicher an seinem Ort den Gott, nicht aus Überlegung sondern nach den Zwängen der Natur.

      [3]Es mag aber folgendermaßen damit stehen. Die eine Kraft der Seele, die unterste, geht von der Erde aus und ist ganz in die Welt ‘verflochten’; der andre Teil ihrer Kraft aber, welcher mit Wahrnehmung versehen und mit meinendem Verstand begabt ist, hält sich oberwärts, in den Sphären, auf welchen sie mit umfährt, sie gibt jener andern von sich aus noch Kraft, so daß sie ihre Lebenskraft noch erhöht. Die untere wird also von dieser oberen bewegt, welche sie rings umgibt und welche aufruht auf alle dem was von der unteren bis zu den Sphären hinaufgestiegen ist. Während die obere sie nun rings umgibt, neigt und dreht die untere sich zu ihr, und diese Drehung führt den Körper herum in den sie verflochten ist. Denn wenn ein einzelner Teil einer Kugel irgendwie sich bewegt, so stößt er, wenn er während der Bewegung drinnen bleibt, das an worin er ist und es entsteht eine Bewegung der ganzen Kugel. Entsteht doch auch in unserm Leibe, wenn die Seele sich unräumlich bewegt z. B. in der Freude oder der Vorstellung eines Gutes, eine Körperbewegung welche räumlich ist. Dort oben aber ist die Seele im Guten und erhält erhöhte Wahrnehmungskraft; so bewegt sie sich zum Guten und bringt den Körper in eine Bewegung die räumlich ist in dem Sinne wie es der oberen Natur entspricht. Die wahrnehmende Seelenkraft aber empfängt ebenfalls von oben her das Gute und freut sich an ihren eignen Freuden; sie jagt ihm, das überall ist, nach, und wird dabei überallhin mitgetragen. Ebenso bewegt sich der Geist; er steht still und bewegt sich doch, nämlich um sich selbst. So bewegt sich also auch das All und steht doch zugleich still.

       15

      Der Daimon der uns erloste

      Die oberen Prinzipien beharren in sich, wenn aus ihnen die Hypostasen hervorgehen, von der Seele aber wurde schon ausgeführt, daß sie sich bewegt, wenn sie die hypostasierte Wahrnehmungskraft (die Tierseele) und die Wachstumskraft bis herab zur Pflanzenwelt hervorbringt. Die Seele hat nämlich diese Wachstumskraft auch schon wenn sie in uns weilt; aber hier ist sie nur ein Teil der Seele und hat nicht die Herrschaft; wenn die Seele aber in die Pflanzen eintritt, dann hat diese Wachstumskraft die Herrschaft in ihr, da sie ja hier die einzige geworden ist. Diese Wachstumskraft nun, erzeugt sie nichts mehr? Sie erzeugt etwas das von ihr gänzlich verschieden ist. Denn nach ihr gibt es kein Leben mehr, sondern das was sie erzeugt ist leblos. Was ist es denn? Nun, so wie alles was vor diesem erzeugt wurde, als Gestaltloses erzeugt wurde, Gestalt aber erst dadurch erhielt daß es durch seine Hinwendung zu seinem Erzeuger gewissermaßen großgezogen wurde, so muß auch in diesem Falle das Erzeugte nun nicht mehr eine Art der Seele, denn es hat ja nicht mehr Leben, sondern völlige Unbestimmtheit sein. Denn wenn es auch auf den früheren Stufen Unbestimmtheit gab, so war sie doch geformt; denn das Erzeugte war ja nicht völlig unbestimmt, sondern nur im Vergleich zu seiner Vollendung; dies letzte aber ist es völlig. Wenn es vollendet wird, so wird es Körper, nachdem es die Form empfangen hat welche seinem Vermögen entspricht, es ist das aufnehmende Gefäß dieser Kraft, die es zeugt und großzieht. Dies ist das einzige Obere im Körper, der unterste Ableger der oberen Welt im untersten [2]Bereich der Tiefe. Auf diese Art Seele vor allem bezieht sich auch das Wort ‘Jede Seele bekümmert sich um das Unbeseelte’; die anderen verfahren anders. ‘Sie umwandelt den ganzen Kosmos, bald in dieser bald in jener Gestalt’ – nämlich in der Gestalt der Wahrnehmungskraft, der Vernunft oder eben der Wachstumskraft; denn der Seelenteil der die Oberhand hat, bewirkt das ihm Entsprechende, während die andern Teile keine Wirkung haben, denn sie bleiben außerhalb.

      Beim Menschen allerdings haben die niederen Seelenteile nicht die Oberhand, sind aber mit dabei; anderseits herrscht aber auch der höhere Seelenteil nicht immer, denn die niederen nehmen auch einen gewissen Raum ein. Deshalb haben wir die Funktionen der wahrnehmenden Wesen (Tiere), denn wir haben ja Wahrnehmungsorgane, und in vielem die der Pflanzen, denn wir haben ja einen Körper der wächst und zeugt. So wirken alle Seelenkräfte mit, vermöge des Überwiegenden aber ist das ganze Wesen Mensch. Wenn aber die Seele aus dem Körper austritt, so wird sie zu dem was in ihr das Überwiegende war. Wir müssen also ‘hinfliehen’ nach oben, damit wir nicht hinabsinken in den wahrnehmenden Teil indem wir den Sinnenbildern nachgehen, und nicht in die Wachstumskraft, indem wir dem Zeugungstrieb Folge geben und dem ‘Gelüst nach leckeren Speisen’, sondern zum Geistigen gelangen, zum Geist und zu Gott. Die nun also den ‘Menschen’ hochgehalten haben, die werden wieder zu Menschen, die aber nur mit der Wahrnehmung gelebt haben, zu Tieren. Lebten sie in bloßer Wahrnehmung die mit Heftigkeit gepaart war, so werden sie zu wilden Tieren, und die speziellen Verschiedenheiten in ihren Seelen haben die verschiedenen Arten dieser Tiere zur Folge. Die aber in Wahrnehmung lebten gepaart mit Begierde und Lüsternheit des begehrenden Seelenteils, das werden die wollüstigen und gefräßigen Tiere. Paarte sich aber mit Leidenschaft und Begierde nicht einmal mehr Wahrnehmung, sondern nur Stumpfheit des Wahrnehmungssinnes, dann werden sie sogar zu Pflanzen; denn das Vegetative war allein oder vorwiegend in ihnen wirksam, und ihr Leben war eine Vorübung im – Baum-Werden. Die sich der Musik hingaben und im übrigen ein reines Leben führten, werden zu Singvögeln, muß man annehmen; und die ohne Vernunft Könige waren, zu Adlern, wenn sie sonst ohne Schlechtigkeit waren; und die Astronomen die ohne tiefere Einsicht sich immer zum Himmel erhoben, zu Vögeln welche in hohe Regionen fliegen. Wer aber die Bürgertugend hochhielt, wird wieder zum Menschen; wer es in geringerm Grade tat, zu einem staatenbildenden Tier, einer Biene oder dergleichen.

      [3]Und was ist das für ein ‘Daimon’? Derselbe wie hienieden. Und was für ein ‘Gott’? Nun, derselbe wie hienieden; denn was im Menschen gewirkt hat, das leitet einen jeden nach dem Tode, wie es auch im Leben ihn führte. Ist nun dies der ‘Daimon’ der den Menschen ‘bei seinen Lebzeiten erloste’? Nein, sondern das was vor diesem Wirkenden ist; denn das herrscht über den Menschen ohne zu handeln, und das Wirkende steht unter ihm. Wenn das Wirkende die Seelenstufe ist, durch welche wir wahrnehmen, dann ist die Vernunftseele der Daimon; wenn wir aber nach der Vernunftseele leben, dann ist das über ihr der Daimon, der herrscht ohne selbst zu handeln und das Wirkende nur gewähren läßt. So heißt es denn mit Recht, daß ‘wir wählen werden’; denn wir wählen den Daimon der während des Lebens über uns thront. Aber warum heißt es denn daß dieser selbst uns ‘führt’? Nun, der im Leben wirksame konnte uns nicht weiter führen, sondern nur zuvor als der Mensch lebte, als er aber zu leben aufhörte,