Al Capone Staffel 1 – Kriminalroman. Al Cann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Al Cann
Издательство: Bookwire
Серия: Al Capone Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783863775209
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Phil Costers mit der großen Brille und den verschwommenen Augen wie eine Vision vor ihr auf. Sie hörte die weiche Stimme und die Bitte des Mannes, sie doch in das kleine Café zu begleiten. Sie hatte abgelehnt und war auf den Park zugegangen. Wie oft hatte sie diesen Park passiert, war sommers und winters, im Frühling und im Herbst den Weg hier gegangen – und niemals hatte sie auch nur im entferntesten daran gedacht, daß es ein Mensch wagen könnte, sich hier in der schmalen Passage zu dem breiten Gehsteig zu verstecken, um ihr aufzulauern.

      Es waren furchtbare Minuten, die letzten Augenblicke der unglücklichen Frau! Doch war sie sich über ihren Zustand gar nicht im klaren – und das schwache Herz, von dem Aufprall und den Würgegriffen überfordert, setzte ganz plötzlich aus.

      Nach neun und einer halben Minute starb Ireen Moreland.

      *

      Die Menschen auf dem Trottoir verhielten den Schritt, als sie plötzlich einen Mann aus den Büschen kommen sahen, der eine Frau auf den Armen hielt, sie bis an den Rand des Gehsteigs schleppte und da niederließ. Sofort war er von einem Ring Neugieriger umgeben.

      »Was ist geschehen?«

      »Ich weiß es nicht. Die Frau hat so dagelegen. Ich habe sie gefunden…«

      Es war ein mittelgroßer Mensch mit einer etwas fülligen Figur, einer grauen Kappe und einer gleichfarbigen Uniformjacke mit silbernen Kragenkreuzen.

      Es war der Omnibusfahrer Joseph Buster.

      »Man muß die Polizei rufen!« riet eine ältere Frau, während sie mit Schauern auf das im diffusen Lichtschein furchtbar entstellt wirkende Gesicht der Toten sah.

      »Sofort die Polizei…«

      Der Streifenwagen war viel schneller zur Stelle, als die Umstehenden es für möglich gehalten hatten. Zwei Cops sprangen heraus und liefen auf das Menschenknäuel zu. Während der eine sich zu der Frau niederbückte, blieb der andere vor Buster stehen.

      »Sie haben sie also gefunden?«

      »Ja.«

      »Wann?«

      »Vor ein paar Minuten. Ich kam über den Weg dort, und da sah ich sie.«

      »Wo hat sie gelegen?«

      »Da drüben in den Büschen.«

      »Zeigen Sie es mir.«

      Der langaufgeschossene Polizist Frank Hattaway begleitete den Busfahrer über den Grünstreifen durch eine Lücke in den Büschen auf dem sandigen Parkweg.

      »Da drüben ist es gewesen.«

      »Wo? Zeigen Sie mir das genau.«

      »Hier – warten Sie, nein, da muß es gewesen sein.«

      Der Polizist blieb plötzlich vor Buster stehen.

      »Können Sie sich nicht genauer daran erinnern?« drang seine monotone Frage an das Ohr des Busfahrers.

      »Warten Sie, es ist hier gewesen.«

      »Eben sagten Sie, dort. Das ist eine andere Stelle.«

      »Ja, das habe ich gesagt, aber warten Sie, es ist jetzt auch wirklich schwer. Wenn man Licht hätte, dann müßte man es sehen.«

      »Es ist hell genug hier.«

      »Nein, das kann ich nicht finden; es ist sogar ziemlich dunkel.«

      »Und weshalb sind Sie dann hier gegangen?« schlug da die Frage des Polizisten schneidend an das Ohr des Busfahrers.

      Der hob den Kopf und blickte den Hüter des Gesetzes mit offenem Mund und aus schmalen Augen an.

      »Wie soll ich das verstehen?« Seine Stimme klang plötzlich heiser, und ein leises Beben war darin.

      »Kommen Sie wieder mit auf die Straße«, sagte Hattaway.

      Der Polizist blieb vorn neben dem Streifenwagen bei Buster stehen, während sein Kollege mit den beiden anderen Polizisten, die inzwischen herangekommen waren, die Leute aufforderte, weiterzugehen. Ein Krankenwagen kam mit heulender Sirene herangebraust und blieb mit kreischenden Pneus auf der feuchten Straße hinter dem ersten Streifenwagen stehen.

      Die Frau wurde eingeladen.

      Einer der Umstehenden, der sich nicht hatte vertreiben lassen wollen, fragte den Polizisten Hattaway:

      »Ist sie tot?«

      »Gehen Sie weiter!« wurde er schroff aufgefordert.

      Dann, nach Minuten, kam ein größerer Polizeiwagen, aus dem mehrere Beamte ausstiegen, die Hattaway kurz grüßten und Buster keines Blickes würdigten. Sie überquerten den breiten Gehsteig, und dann sah Buster es drüben zwischen den Büschen aufleuchten. Sie hatten Taschenlampen bei sich und außerdem größere hellere Leuchten. Blitzlicht flammte dazwischen auf und zuckte durch den milchigen Nebel.

      Dann kamen zwei von ihnen zurück. Hattaway und ein mittelgroßer, untersetzter Mann im Trenchcoat und mit schrägsitzendem, hartgekniffenem Hut. Er hatte ein eckiges Gesicht und scharfe Augen.

      »Ich bin Kommissar Barger.« Dann blickte er Hattaway an. »Ist das der Mann?«

      »Ja.«

      Barger ließ seinen Blick forschend über den Busfahrer gleiten und fragte:

      »Sie haben sie also gefunden?«

      »Ja. Da drüben, wo sie eben fotografiert haben.«

      »Woher wissen Sie, daß wir fotografiert haben?«

      »Ich habe die Blitzlampen gesehen.«

      »Es waren keine Blitzlampen.«

      Buster rieb sich mit dem Handrücken das Kinn und spürte ein unbehagliches Gefühl in sich aufsteigen.

      »Dann steigen Sie mal ein«, sagte der Kommissar da und deutete auf den großen Wagen, mit dem er gekommen war.

      Buster nickte und stieg ein. Ein langer, harter, bitterer Weg lag vor ihm.

      *

      Auf der Polizeistation löcherte der Kommissar den Busfahrer Buster eine Stunde lang mit Fragen. Dann kam ein Gehilfe des Kommissars, ein gewisser Rattler, der das Verhör fortsetzte; ein Mann namens Hings assistierte ihm dabei. Als die beiden eine weitere Stunde in den Busfahrer gedrungen waren, wurden sie von einem Mann namens Godefrey abgelöst; einem hemdsärmeligen Menschen mit den Manieren eines Gangsters. Hinter ihm stand Bill Luchtens, der aussah wie ein Totengräber. Als Godefrey seine immer gleichen Fragen gestellt hatte, kam der Kommissar wieder herein. So ging es bis Mitternacht.

      »Abführen«, hörte Buster den Kommissar plötzlich in scharfem Ton sagen.

      Mit gesenktem Kopf trottete der Busfahrer hinaus. Er wurde von zwei Beamten durch einen schmalen, kühlen Gang bis zu einer Gittertür geführt, hinter der wieder ein Korridor lag, von dem mehrere Türen abführten. Eine der Türen wurde rasselnd geöffnet, und der Polizist deutete mit dem Schlüsselbund in den dunklen Zellenraum.

      »Da sind wir…«

      Buster machte drei Schritte vorwärts, und hinter ihm fiel die schwere Tür ins Schloß. Schlüssel rasselten, und über die knarrenden Dielen entfernten sich die Schritte der beiden Beamten.

      Es war eine kleine Zelle, fünf Yards lang, vier Yards breit. Rechts stand eine primitive Pritsche, links war ein Klapptisch und davor ein Hocker. An der Wand, die der Tür gegenüberlag, war ein kleines vergittertes Fenster. Die Zelle war schlecht geheizt. Nebenan hustete jemand erbärmlich.

      Buster schüttelte sich, trat an den kleinen Tisch heran und legte seine schmale alte Aktentasche darauf. Dann ließ er sich auf den Hocker nieder, stützte die Hände auf die Knie und senkte den Kopf.

      Gegen ein Uhr waren auf dem Korridor wieder Schritte zu hören.

      Buster hielt den Atem an, als sie vor seiner Tür verstummten. Der Schlüssel wurde ins Schloß geschoben und rasselnd mehrmals umgedreht. Quietschend sprang die