Der gute Graf erschrak; aus dem Ei seiner falschen Klugheit war ein fürchterlicher Drache ausgekrochen, und das Ruhebett seines Alters hatte sich in einen glühenden Rost verwandelt. Er sah jetzt ein, dass er die Natur des Tieres, mit dem er sich eingelassen, verkannt hatte; er wusste seinem Hunger keine Weide, und es schlug um so wilder aus, je freier er es laufenließ. Wehe dem, der in dem Kampf unterlag, in dem Wunden geschlagen wurden, unheilbare, giftige Wunden, die sich der gute Ritter so nah vor seinem Tode mit Gottes Hilfe gern erspart hätte.
Schon auf der Jagd konnte der alte Seneschall seiner Frau nicht mehr folgen, er schwitzte unter seinem Harnisch, keuchte, schnappte nach Luft, kam der Ohnmacht nahe, während die Seneschallin sich immer toller berauschte und sich ein zehnfaches Leben trank aus dem Becher der wilden Hatz. Am Abend nach dem Vesperbrot wollte sie dann tanzen. Wenn nun der unglückliche Mann, in einen ganzen Pack von dicken Stoffen eingewickelt, ihr den Partner machen musste, als etwa ihr die Hand geben, wenn sie den Schüttertanz der Mohrin versuchte, oder ihr die Leuchter halten zum Fackeltanz, denn sie hatte die tollsten Einfälle, da meinte er oft, zusammenbrechen zu müssen vor Abspannung und Müdigkeit; aber es half alles nichts, er musste die Zähne aufeinanderbeißen und den charmanten Schwerenöter machen, trotz Gicht, Zipperlein und Rheumatismus, und musste den Entzückten spielen bei ihrem Schmiegen und Biegen, ihrem Wirbeln und Balancieren, ihren Pantomimen und tausenderlei Possen, bei denen sie kein Ende finden konnte. Er liebte sie trotzdem über alles; wenn sie die Glocken von Saint-Martin als Berlocken verlangt hätte, er hätte sie ihr geholt in hellem Lauf.
Eines schönen Tages aber sah er doch ein, dass seine Lenden zu lahm und seine Glieder zu steif geworden, um es länger mit der strotzenden Gesundheit seiner Frau aufnehmen zu können. Er beschloss darum in demütiger Zerknirschung, der Sache ihren Lauf zu lassen und alles dem lieben Gott und der Schamhaftigkeit und Ehrbarkeit seiner Frau anheimzustellen. Dennoch schlief er nur mit einem Auge, denn er konnte den Gedanken nicht abweisen, dass Gott die Jungfernschaften gemacht habe, um entjungfert, die Rebhühner, um aufgespießt und gebraten zu werden.
An einem feuchtgrauen Morgen, während es draußen fein regnete und nur Schnecken mit Behagen spazierengingen, an einem solchen wahrhaft trübseligen Morgen, der den Geist träumerisch und melancholisch macht, saß Blancheflor auf einem Stuhl am Fenster und sinnierte vor sich hin; denn ihr müsst wissen, dass nichts so sehr die substantiellen weiblichen Essenzen in Wallung und Gärung bringt, dass kein Rezept, Spezifikum oder Filter eindringlicher, durchdringlicher, beißender, kribbeliger, kitzeliger ist als die subtile Wärme, die sich erzeugt zwischen dem Haarpolster eines Sessels und dem einer Jungfrau, die lange darauf sitzt. Die arme Gräfin juckte es aller Ecken und Enden; ihre Jungfernschaft fing an, ihr unerträglich zu werden, ohne dass sie wusste, was das alles zu bedeuten habe.
Mit Kummer sah der Ehemann den Zustand seiner Frau; denn er erriet das heimliche Spiel ihrer Gedanken als den feinen geistigen Anfang von sehr ungeistigen groben Dingen.
»Was ist es, das Euch Sorge macht, mein Herz?« fragte er.
»Ich schäme mich, darum bin ich bekümmert.«
»Hat Euch jemand einen Schimpf angetan?«
»Ein Schimpf liegt darin, dass mich Gott als Frau verworfen hat und dass ich Euch keine Nachkommenschaft geben kann. Ist man überhaupt eine Frau, wenn man nicht Mutter werden kann? Sicherlich nicht. Seht nur, alle meine Nachbarinnen haben Kinder; um Kinder zu haben, habe ich mich verheiratet, nur in dieser Absicht habt Ihr mich genommen. Die Edelleute von Touraine sind alle reichlich mit Kindern versehen. Die Frauen schenken ihnen ganze Nester voll. Ihr allein habt keine. Wahrlich, man wird über Euch lachen. Was soll da aus Eurem Namen werden und aus Eurem Lehen und aus Eurer Herrschaft? Ein Kind ist uns Frauen die liebste Gesellschaft. Wir kennen keine größere Freude, als es ein- oder auszupacken, zu putzen und zu waschen, anzuziehen und wieder auszuziehen; als es zu schaukeln, zu herzen, zu küssen, zu wiegen; als es zu päppeln bei Tag und bei Nacht. Oh! wenn ich nur einen Bürzel von einem Kind hätte, wie wollt ich es drücken und schmücken, wie wollt ich es schlecken und necken; wie sollt es hüpfen und springen um mich, wie sollt es lachen und tollen, ich glaube, ich würde närrisch werden vor Glück.«
»Ihr bedenkt nicht, dass so viele Frauen sterben bei der Niederkunft; um ohne Gefahr ein Kind zu haben, seid Ihr noch zu jung und niedlich. Ihr seid noch zu eng verschlossen, es würde Euch töten. Aber wollt Ihr ein fertiges kaufen? Ihr würdet davon weder Mühe noch Schmerzen haben.«
»Ich will aber Mühen und Schmerzen davon haben!« rief sie. »Nur so wird es das meinige. Ich weiß, dass es von mir kommen muss, da es im Ave-Maria heißt: Benedictus est fructus ventris tui ... Gebenedeit ist die Frucht deines Leibes.«
»So lasset uns zu Gott beten«, sprach der Seneschall, »dass er es also füge, und eine Wallfahrt geloben zur Mutter Gottes von Amorbach. Manche Dame hat dort empfangen, indem sie die neuntägige Andacht nach Vorschrift gehalten; es wird Euch gewiss auch nicht fehlen.«
Und noch an demselben Tage machte sich Blancheflor mit großem Gefolge auf, um zu Notre-Dame von Esgrignolles zu wallen. Sie war umgeben wie eine Königin von all ihrem Volk, ritt auf einem weißen Zelter und trug ein Kleid von grünem Samt mit goldenen Schnüren, das die Brust frei ließ und dessen weite Schleppärmel gefüttert waren mit karminroter Seide. An den Füßen trug sie golddurchwirkte Schuhe und auf dem Haupte eine spitze Haube, die von Edelsteinen funkelte. Ein goldener Gürtel blitzte um ihre geschmeidigen Lenden.
Die junge Frau war so schlank und biegsam wie eine Weide, sie hatte sich so kostbar geschmückt, weil sie ihre ganze Ausrüstung der Heiligen Jungfrau vermachen wollte. Am Tage ihres ersten Kirchgangs wollte sie ihr alles übergeben.
Der Junker von Montsoreau ritt voran, sein Auge blitzte wie das eines Bussards; mit seinen Reitern drängte er das Volk beiseite und wachte über die Sicherheit der Reise. Bei Marmoustiers war der gute Seneschall bereits eingeschlafen; denn es war zur Zeit der Ernte und eine große Hitze. So wacklig saß er auf seinem Streitross wie eine Königskrone zwischen den Hörnern einer Kuh. Alles verwunderte sich, ein so jungheiteres Ding von Dame neben dem alten Kahlkopf zu sehen, und ein junges Bauernweib, das am Fuße eines Baumes kauerte und aus einem Steinkrug Wasser trank, rief einer zahnlosen alten Vettel zu, die in der Nähe Ähren auflas: »Ist es nicht«, lachte sie, »als ob die schöne Prinzessin dort mit dem Tode zur Hochzeit reite?«
»Nein«, antwortete die Alte, »das ist unsre Herrin von La Roche-Corbon, die Seneschallin von Touraine und Poitou, die um ein Kind wallfahrten geht.« »Oh, oh!« rief die Bauerndirne und lachte wie eine Mücke, die eben der Mückerich verlassen hat. »Aber der dort«, fügte sie hinzu, indem sie mit einer Kopfbewegung den kecken Junker an der Spitze des Zuges bezeichnete, »der dort könnte ihr wohl zu einem verhelfen, und sie könnte Kerzen und Gelübde sparen.«
»Mich wundert's nur«, erwiderte die Ährenleserin, »dass sie zur Mutter Gottes nach Esgrignolles geht, wo man seit Menschenalter kein hübsches junges Pfäfflein mehr gesehen hat. Sie täte besser, sich ein Viertelstündchen im Schatten des Kirchturms von Marmoustiers auszuruhen. Die Herren Patres dort sind groß im Urbarmachen und Fruchtbarmachen.«
»Zum Teufel die Mönche!« rief eine dritte, die sich aus dem Graben erhob, wo sie geschlafen hatte, »seht doch den Junker von Montsoreau, wie sein Auge flammt und blitzt; er wäre der rechte Mann, ihr das Herz aufzuschließen, das ja ohnedies schon gespalten ist.«
So wechselten