»Wann es der Frau Natur gefallen wird«, antwortete er in spaßhaftem Ton.
»Was kann man aber dazu tun?« fragte sie wieder.
»Ach Gott, dazu ist eine kabbalistische und alchimistische Operation erforderlich, die sehr gefährlich werden kann.«
»Ah«, erwiderte sie nachdenklich, »das ist also der Grund, warum meine Mutter so weinte beim Gedanken an diese Verwandlung; aber Berthe de Preuilly, die so glücklich ist über ihren neuen Stand, hat mir gesagt, dass es auf der Welt nichts Leichteres gebe.«
»Je nach dem Alter«, antwortete der alte Ritter; »aber habt Ihr im Stall den schönen weißen Zelter gesehen, von dem man spricht im ganzen Tourainer Land?«
»Gewiss, er ist so sanft und schön.«
»Nun denn, ich schenke ihn Euch, und Ihr könnt ihn besteigen, wann und sooft Euch nur die Lust ankommt.«
»Ihr seid wahrhaftig die Güte selber, man hat mich nicht belogen.«
»Alles ist hier Euer Eigentum, mein Liebchen: der Kellermeister, der Kaplan, der Schatzverwalter, der Stallmeister, der Koch, der Amtmann, sogar der Herr von Montsoreau, dieser junge Walter, mein Bannerträger, zusamt seinen Kriegsknechten, Hauptleuten, Menschen und Tieren; sie alle gehören Euch, und ein Wink von Euch wird ihnen Befehl sein unter Strafe des Stranges.«
»Aber«, erwiderte sie, »diese alchimistische und kabbalistische Operation, kann sie nicht gleich jetzt vorgenommen werden?«
»O nein«, antwortete der Seneschall, »dazu ist es nötig, dass wir beide im vollkommenen Zustand der Gnade seien. Andernfalls würden wir uns versündigen gegen das kanonische Gesetz, und unser Kind käme zur Welt, beladen mit dem Fluch Gottes. Aus diesem Grunde gibt es so viele böse und unverbesserliche Menschen auf der Welt. Ihre Erzeuger waren nicht im Zustand der Reinheit, darum sind ihre Kinder verworfene Wesen. Die Schönen und Tugendhaften kommen von Eltern, die rein und ohne Sünde waren. Darum lassen wir Edeln unser Bett weihen und einsegnen mit Kerzen und Weihrauch, wie der Abt von Marmoustiers mit diesem hier getan hat ... Wisst Ihr Euch auch keiner Sünde schuldig wider ein Gebot der heiligen Kirche?«
»Gewiss nicht!« rief sie lebhaft. »Ich habe vor der Messe die Absolution erhalten von allen meinen Sünden. Und seither hab ich nicht einmal ein Dreiviertelsündchen begangen.«
»Ja, Ihr seid die Tugend selbst«, beteuerte der listige Ehemann, »und ich bin glücklich, Euch zur Frau zu haben. Aber ich, bei Gott, ich habe geflucht wie ein Türke.«
»Oh, warum denn?«
»Weil der Tanz nicht enden wollte, während ich vor Ungeduld brannte, Euch hier allein zu haben und zu küssen.«
Er ergriff ihre Hand bei diesen Worten, streichelte sie zärtlich, und mit einigen nichtssagenden Liebkosungen drückte er die Frau an seine Brust, dass sie ganz glücklich und zufrieden war. Sie fühlte sich übrigens müde vom vielen Tanzen und all den Zeremonien.
»Morgen werde ich über Euch wachen, dass Ihr nicht wieder sündigt«, sagte sie und legte sich auf die Kissen zurück.
Mit Entzücken betrachtete sie der Greis in ihrer weißen Schönheit, voll Bewunderung für ihre zarte Natur, aber dann kratzte er sich verzweifelt hinter den Ohren. Es schien ihm ebenso schwer, sie in ihrer entzückenden Unwissenheit zu erhalten, als sich zu erklären, warum der Ochs sein Futter sozusagen zweimal frisst. Obgleich ihm aber nichts Gutes ahnte, geriet er immer mehr in Ekstase vor den seltenen Vollkommenheiten der schlummernden Blancheflor und fasste den Vorsatz, dieses Kleinod der Liebe zu bewahren und zu verteidigen bis in den Tod ... Mit Tränen in den Augen küsste er ihr das goldene Haar, die gesenkten Augenlider, den roten frischen Mund, aber sanft und vorsichtig, damit sie nicht erwache ...
Das war die einzige Frucht dieser Brautnacht, die ihm das Herz verbrannte, indes die ahnungslose Blancheflor den Schlaf eines Kindes schlief. Der arme Greis aber raufte sich verzweiflungsvoll das ergraute Haar, er hätte hohnlachen mögen, dass ihm Gott die schönste Nuss gerade so lange hatte aufheben wollen, bis er just keine Zähne mehr hatte, um sie aufzubeißen.
Wie sich der zahnlose Seneschall mit der Jungfernschaft seiner Frau herumbiss
In den ersten Tagen seiner Heirat erfand unser Ritter von der traurigen Gestalt tausend plumpe Lügen, um die kostbare Unwissenheit seiner Frau damit zu füttern und am Leben zu erhalten. Sein Richteramt musste ihm zum Vorwand dienen, wenn er sie allein ließ. Er bot ihr alle Vergnügungen des Landlebens, um sie zu entschädigen und zu zerstreuen, und suchte mit albernen Spaßen ihren Geist abzulenken und einzuschläfern.
Die hohen Herren und vornehmen Leute, sagte er ihr, betragen sich auch in der Ehe nicht wie das gemeine Volk, und die Kinder der Grafen dürften nur bei gewissen Konstellationen der Gestirne gepflanzt werden, Tag und Stunde hätten allein die Astrologen zu bestimmen. Verboten sei die Sache, als eine schwere Arbeit, an allen Sonn- und Festtagen. Er aber wolle als guter Christ sich einer so schlimmen Sünde nicht schuldig machen. Die im Stand der Ungnade erzeugten Kinder, behauptete er ein andermal, würden blind, wenn sie am Tag von Sankt Klara gepflanzt wären, die von Sankt Vitus bekämen den Veitstanz, die von Sankt Wolfgang würden vom Wolf gefressen, die von Sankt Rochus bekämen Pest und Aussatz. Die Kinder vom Februar, erklärte er ihr, wären dem Fieber unterworfen, die vom März würden unbändige Wildfänge, die vom April reine Taugenichtse, die vom Mai unverbesserliche Wüstlinge. Er seinerseits aber wolle ein vollkommenes Kind, ein Kind ohne Fehl und Makel, ein Kind, das ein Ausbund sei aller Tugenden, da handle es sich drum, den glücklichsten Augenblick abzuwarten.
Dann wieder sagte er zu Blancheflor, dass es das Recht des Mannes sei, seiner Frau ein Kind zu schenken oder zu verweigern, ganz nach seinem Willen, und dass eine tugendhafte Ehefrau niemals murre wider den Willen ihres Herrn. Und jedenfalls müsse man abwarten, bis die Frau Schwiegermama aus dem Morgenlande zurückkäme, damit sie der Niederkunft beiwohnen könne.
Aus all dem glaubte Blancheflor herauszuhören, dass ihr Fragen und Drängen dem Grafen lästig falle und dass er seine guten Gründe haben möge, da er ja alt und wohlerfahren sei. Sie gab sich darum zufrieden und dachte an das ersehnte Kind nur noch, wenn sie ganz allein war, das heißt, sie dachte Tag und Nacht daran wie eine Frau, die sich etwas in den Kopf gesetzt hat und nicht bedenkt, dass sie mit ihrem ewigen Schielen nach der verbotenen Frucht schon eine halbe Ehebrecherin ist.
Bruyn selber ging dem Gespräch über Kinder so ängstlich aus dem Weg wie die Katze dem Wasser; aber eines Abends verfiel er dennoch unvorsichtigerweise auf das verhasste Thema. Er hatte an dem Tag über einen Knaben wegen einer Übeltat schwere Strafe verhängt und konnte die Bemerkung nicht unterdrücken, dass das so ein Früchtchen wäre, wie sie im Stand der Todsünde erzeugt werden.
»Ach«, sagte Blancheflor, »ich wollte, Ihr beschertet mir eines; und wenn Ihr auch noch so schwere Sünden auf Euch hättet, ich wollte es schon zum Guten erziehen, Ihr solltet gewiss zufrieden sein ...«
Da erkannte der Graf, dass die Phantasie der Frau den Kopf erhitze und dass es höchste Zeit wäre, den Kampf aufzunehmen mit der verdammten Jungfernschaft, deren er Herr werden müsse, koste es, was es wolle, die er entweder vernichten und zerstören oder einschläfern und abtöten müsse.
»Du möchtest also Mutter werden, mein Liebchen«, sprach er; »aber noch ist dir der Beruf der Frau zu neu, und du hast dich noch gar nicht so recht dran gewöhnt, die Gräfin und große Dame richtig vorzustellen.«
»Oho!« sagte sie, »um eine vollkommene Gräfin zu sein und einen kleinen Grafen in meinem Schoß zu tragen, wäre es nötig, dass ich die Miene der Herrscherin aufsetze? Nun, ich werde sie aufsetzen, gebt acht!«
Und also hoffte sie ein Kind zu bekommen, wenn sie recht als große Dame lebte. Sie ließ es nicht fehlen. Sie jagte den Hirsch und die Hindin, sie durchpirschte mit den Rüden Dickicht und Gebüsch, sie sprengte auf ihrem Zelter über Berg und Tal, über Hecken und Gräben, sie entkappte den Falken auf ihrer Faust und ließ ihn zur Jagd aufsteigen im Galopp ihres Pferdes. Und der Seneschall lachte sich ins Fäustchen. Das war,