Die letzten Worte hörte die Löwin Imperia, und da zu gleicher Zeit Philipp von Mala verduftete, ohne dass er ihr auch nur einen letzten Blick der Huldigung und Liebe gegönnt, worauf sie so schmerzlich gewartet hatte, da fauchte sie wie ein Uhu, im Innersten ergrimmt über die Verzagtheit des elenden Priesters; denn noch war sie nicht genug Katholikin, um es ihrem Geliebten zu verzeihen, nicht kaltblütig in den Tod zu rennen, wenn es ihr zufällig ein Vergnügen machte. Der giftige und verächtliche Blick, den sie ihm nachwarf, hatte keine geringere Bedeutung als die eines Todesurteils.
Der Kardinal rieb sich die Hände. Dieser italienische Wüstling und Strohsackpurzler zweifelte keinen Augenblick, dass die Abtei in kürzester Frist wieder in seinen Händen sein werde. Der Tourainer aber, unbekümmert um das alles, drückte sich in aller Stille, ließ die Ohren hängen und zog den Schwanz ein wie ein nasser Pudel, den die Magd aus der Küche jagt.
Die Buhlerin seufzte tief, sie hätte in diesem Augenblick die ganze Menschheit misshandeln mögen, wenn sie sie unter den Händen gehabt hätte; das Feuer, das ihr in den Eingeweiden brannte, war ihr zu Kopf gestiegen, die ganze Luft um sie herum knisterte von Funken. Das war der erste Priester, der ihr das zu bieten wagte. Der Kardinal aber lächelte von neuem, er hoffte aus ihrer Wut Münze zu schlagen.
War das nicht ein geriebener Gesell? Wahrlich, er trug nicht umsonst den roten Hut.
»Ah, guter Gevatter«, sagte er zu dem Bischof, »ich freue mich Eurer Gesellschaft und schmeichle mir, dass es mir gelungen ist, den ruppigen Küster zu vertreiben, der wahrhaftig unsrer schönen Frau nicht würdig war; auch Ihr müsst mir das danken, meine leckere, weiße Maus, Ihr hättet durch seine Berührung eines Euch unwürdigen und gar schimpflichen Todes sterben müssen.« »Wie? Wieso?«
»Er ist der Schreiber des Herrn Erzbischofs von Bordeaux ... Der gute Greis aber ist heute morgen von der schwarzen Pest ...« Bei diesen Worten sperrte der Bischof den Mund auf, wie wenn er ganz und gar einen Parmesaner Käse hätte verschlucken wollen.
»Teufel, woher wisst Ihr das?« fragte er.
»Woher?« antwortete der Kardinal, indem er die Hand des guten Deutschen ergriff; »ich habe ihm vorhin die letzte Ölung gebracht. In diesem Augenblick befindet er sich mit vollen Segeln auf der Reise nach dem Paradies.«
Bei dieser Gelegenheit zeigte der Bischof von Chur, wie die Dicken leicht sein können, weil die Dickbäuche durch die Gnade Gottes und zur Ausgleichung ihrer schweren Last allem Anschein nach eine Art Luftballon in sich tragen. Und so sah man den Bischof zurückschnellen wie eine Sprungfeder, ganz mit Schweiß überdeckt und schon hüstelnd wie ein Ochse, der in seinem Häcksel eine Daune gefunden hat. Blass wie der Tod taumelte er nach der Treppe, ohne auch nur von der Herrin des Hauses Urlaub zu nehmen; der Kardinal aber, als die Tür hinter dem Bischof geschlossen war, der bereits auf die Straße hinauswankte, brach in ein schallendes Lachen aus. »Nun, meine Kleine«, höhnte er, »bin ich nicht würdig, Papst zu werden? Oder, was mir lieber ist, für heute Nacht dein Geliebter?« Da die schöne Imperia aber zögerte, näherte sich ihr der Kardinal, um ihr Zärtlichkeiten zu erweisen, sie mit den Armen zu umschlingen und sie verliebt zu knutschen, ganz nach der Art dieser rotmänteligen Kardinäle, die ungestümer sind als andre Menschenkinder, die Soldaten nicht ausgenommen, weil sie ganz und gar müßiggängerisch leben und die Quintessenz ihres Spiritus nicht mit geistiger Anstrengung verderben.
Die Schöne aber wich ihm jäh aus.
»Du willst meinen Tod!« schrie sie, »du verrückter Metropolit, für Euch ist Euer Vergnügen die Hauptsache, elender Kuppler, was liegt Euch an meiner Haut; wenn du mich tötest, wirst du mich nachher heiligsprechen, gelt? Was, Ihr habt das pestilenzialische Gift im Gedärm und wagt es, mich anzurühren? Pack dich zum Teufel, hirnloser Pfaff ... Rühr mich nicht mehr an«, schrie sie, da er sich ihr von neuem nähern wollte, »oder ich werde dich mit dem Dolch da kitzeln!«
Bei diesen Worten zog das liebe Wesen aus seiner Gretchentasche ein hübsches kleines Stilett, mit dem sie, wenn Not am Mann war, wunderbar umzugehen wusste.
»Aber mein Liebchen, mein kleines Paradiesgärtchen«, sagte er lachend, »siehst du denn nicht die List? Musste ich nicht diesen Ochsen von Chur in die Flucht jagen?«
»Gut denn«, sagte sie, »wenn Ihr mich liebt, so wird es sich jetzt zeigen... Ich will, dass Ihr für heute abzieht... Wenn Ihr von der Krankheit gebissen seid, Euch liegt nichts an meinem Tod; ich kenne Euch genugsam, um zu wissen, dass Ihr alles drangeben würdet, um in der Stunde Eures Todes einen letzten Augenblick der Lust zu erhaschen. Ihr würdet dafür die Welt in einer zweiten Sündflut ersäufen. Oh! Ihr selber habt Euch dessen gerühmt im Rausch. Ich aber, ich liebe nichts als mich, meine Schätze und meine Gesundheit... Geht, und wenn Euch die neueste Pestilenz nicht im Gedärme sitzt, besucht mich morgen ... Heut hass ich dich, mein guter Kardinal«, fügte sie lachend hinzu.
»Imperia«, rief der Kardinal und warf sich ihr zu Füßen, »meine heilige Imperia, geh doch, du willst mich zum Narren haben.«
»Nein«, sagte sie, »ich mag einen Narren nicht zum Narren haben.« »Was! Ekelhafte Hure! Ich werde dich exkommunizieren ... Morgen ...«
»Fällt Euch sonst nichts ein in Eurem Kardinalsverstand?«
»Imperia, Satansweib, verteufeltes... was sage ich nur... mein süßes Liebchen, meine Kleine, mein Lustgärtlein...«
»Ihr werdet respektwidrig ... Kniet Euch doch nicht hin wie vor dem Allerheiligsten, schämt Euch.«
»Willst du, dass ich dir Absolution gebe in articulo mortis ...? Willst du mein ganzes Vermögen, oder besser noch, willst du einen Splitter des heiligen Kreuzes ...? Willst du?«
»Keine himmlischen und keine irdischen Reichtümer können heute Abend mein Herz bezahlen. Ich wäre die letzte der Sünderinnen, unwürdig, den Leib unsres Heilands, des Herrn Jesus Christus, zu empfangen, wenn ich nicht meine Launen hätte.«
»Ich werde dir das Haus anzünden... Du bist eine Hexe, du hast einen teuflischen Zauber gegen mich gebraucht... Ich lasse dich auf dem Scheiterhaufen verbrennen... Höre mich, mein Schatz, meine süße kleine Maus, ich verspreche dir den schönsten Platz im Himmel... was sagst du dazu? Du willst nicht...? Zum Teufel also... auf den Scheiterhaufen mit der Hexe...«
»Wenn ich Euch aber vorher umbringen lasse, Herr Kardinal?«
Der Kardinal schäumte vor Wut.
»Ihr werdet ja rasend«, sagte sie. »Geht doch endlich. Ihr macht Euch krank, wenn Ihr's nicht schon seid.«
»Du sollst mir den Streich bezahlen, wenn ich Papst werde.«
»Die Tiara wird Euch nicht von dem Gehorsam entbinden, den Ihr mir schuldig seid.«
»Sagt, was muss ich tun, um Euch diesen Abend zu gefallen?« »Euch zum Henker scheren.« Sie hüpfte vor ihm im Zimmer herum wie eine Bachstelze, streckte und dehnte sich wie eine Schlange und ließ den Kardinal fluchen und toben, dem nichts übrigblieb, als endlich das Feld zu räumen.
Als sich die schöne Imperia allein sah – im Kamin brannte ein schönes Feuer, die Tafel war noch wohl versehen, es fehlte nichts als das junge Pfäfflein –, da übermannte sie der Zorn.
»Bei dem Dreigehörn des Teufels«, rief sie aus, indem sie in der Wut ihre goldenen Ketten zerriss, »wenn der Kleine schuld ist an diesem Auftritt mit dem Kardinal und mich der Gefahr einer Vergiftung ausgesetzt hat, ohne dass ich meine Absichten mit ihm erreiche und ganz zu meiner Zufriedenheit, so will ich ihn lebendig schinden sehen vor meinen Augen, ehe ich sterbe.«
»O Gott!« rief sie aus, und diesmal flossen ihr echte Tränen über die Wangen, »was für eine unglückliche Kreatur bin ich; das bisschen Glück, das ich von Zeit zu Zeit erlebe, ist mit einem solchen Hundeleben – und dem Verlust der ewigen Seligkeit obendrein – wahrhaftig zu teuer bezahlt.«
Nachdem sie sich unter Verrenkungen und Konvulsionen wie eine angeschossene Turteltaube so weit ausgetobt hatte, dass sie nicht mehr konnte, sah sie