Butler Parker Paket 1 – Kriminalroman. Günter Dönges. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Günter Dönges
Издательство: Bookwire
Серия: Butler Parker
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740943073
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Sie mich bitte nicht! Sie müssen sich ganz allein und frei entscheiden!«

      Parker wurde von Mike Rander unterbrochen. Er stand in der halb geöffneten Tür und winkte den Butler zu sich heran. Er drückte ihm dann wortlos eine Liste in die Hand. Aus ihr ging hervor, in welchen Hotels Joan Shadow unter ihrem richtigen Namen bereits gearbeitet hatte.

      Die Namen dieser Hotels waren identisch mit den Häusern, in denen Hotel-Gäste mit Chloroform betäubt und dann ausgeraubt worden waren. Diese an sich unscheinbare Liste gab den letzten Anstoß. Parker ging nämlich zu der jungen schwarzhaarigen Frau zurück und drückte ihr den Bogen in die Hand.

      Zuerst sah Miss Shadow erstaunt hoch, dann überflog sie die Namen der Hotels. Ihre Hände zitterten plötzlich. Sie senkte den Kopf und begann hemmungslos zu weinen. Sie gab auf, das war klar zu erkennen. Sie besaß nicht mehr die Kraft, den Chef des Gangs zu verteidigen.

      Parker gönnte ihr einige Minuten Zeit. Dann wurde er aber sehr genau und stellte seine Fragen. Er erhielt Antworten, mit denen er nicht gerechnet hatte. Joan Shadow sagte rückhaltlos die Wahrheit …!

      *

      »Der Versuch, Mrs. Powder auszurauben, war eine Kurzschlußhandlung«, sagte Anwalt Mike Rander zu Leutnant Stan Traggle von der Mordkommission Manhattan West. »Sie wollte sich von ihrem Chef lösen und mit dem gestohlenen Geld verschwinden. Unser Glück, daß sie an Agatha Powder geriet!«

      »Sie kommen reichlich spät mit Ihren Tips«, meinte Leutnant Traggle. »Wenn Sie Pech haben, wird es Ärger für Sie geben.«

      »Ich habe keine Angst«, antwortete Anwalt Rander und lächelte. »Wir legen Ihnen doch den fast gelösten Fall auf den Tisch. Hätten Sie die beiden Morde an Clive und Sammy so schnell aufklären können? Doch wohl kaum! Von Miss Shadow aber wissen wir jetzt, daß sie auf das Konto des ›Blasrohr-Mörders‹ gehen!«

      »Nun ja, das stimmt.« Leutnant Traggle grinste und winkte ab. Er wußte nur zu gut, was Mike Rander und Josuah Parker bisher geleistet hatten. Er wog das Tonband in der Hand. Er hatte es sich vor wenigen Minuten erst Vorspielen lassen. Wort für Wort kannte der Detektivleutnant nun die tödlichen Drohungen, die der »Blasrohr-Mörder« ausgestoßen hatte. Auch Leutnant Traggle spürte sofort, daß es keine leeren Drohungen waren.

      »Von Joan Shadow wissen wir weiter, daß der Mörder einen unbändigen Haß auf seine Mitmenschen haben muß«, berichtete Mike Rander weiter. »Er arbeitete noch vor wenigen Jahren als Techniker in einem Elektrobetrieb. Er fühlte sich verkannt und glaubte, um die Früchte einiger seiner Erfindungen betrogen worden zu sein. Damals muß er auf den Gedanken gekommen sein, sich zu rächen und sich Geld zu beschaffen. Laut Joan plant er, weitere Erfindungen zu machen. Er will nur unabhängig sein und sich nicht mehr herumstoßen lassen.«

      »Demnach ist sein Name also bekannt?«

      »Joan kennt ihn unter dem Namen Ben Camster. Er dürfte seinerzeit in Davenswort gearbeitet haben. Sie werden schnell herausfinden, ob diese Angaben stimmen, Leutnant. Was noch wichtiger ist, Sie werden bestimmt ein Foto dieses Mörders auftreiben können. So etwas muß ja in allen früheren Personalakten vorhanden sein.«

      »Ich werde mich sofort darum kümmern. Und wo steckt er jetzt hier in Manhattan? Das wird diese Shadow Ihnen doch auch verraten haben, ja?«

      »Sie kennt das Apartment, in dem er wohnt. Es liegt an der Westseite von Manhattan, in der Nähe der Kaianlagen. Es ist die 50. Straße, Ecke Westend-Avenue.«

      »Dann kann’s ja losgehen«, gab Leutnant Traggle zurück. »Ich werde den Bau sofort ausräuchern lassen.«

      »Hoffentlich haben wir Glück und erwischen Camster. An Ihrer Stelle, Leutnant, wäre ich sehr vorsichtig. Joan sagt, Camster sei krankhaft mißtrauisch.«

      »Dagegen läßt sich etwas unternehmen, Rander. Warten Sie, ich werde schnell meine Leute informieren.«

      Rander nickte, zündete sich eine Zigarette an und trat ans Fenster. Er war froh, sich an die Polizei gewendet zu haben. Hoffentlich hatten die Beamten Glück und konnten den »Blasrohr-Mörder« auf Anhieb festnehmen. Merkte dieser Mann aber, daß er verfolgt wurde, konnte er endgültig durchdrehen und zu einem reißenden Tier werden. Nach Joans Schilderung war er ganz der Typ dafür.

      »So, das wäre erledigt«, sagte Traggle, der seine knappen Befehle durchgegeben hatte. »Wir beschränken uns erst mal darauf, das Haus zu überwachen.«

      »Vielleicht führt er uns dann in seine Giftküche«, erwiderte Mike Rander. »Joan weiß nicht, wo der Mörder sein Gift braut und die Preßluftflaschen füllt.«

      »Ich werde mich gleich mit ihr befassen, Rander. Vielleicht ist sie mir gegenüber redseliger. Zur Zeit ist mit ihr nichts zu machen. Sie scheint so etwas wie einen Nervenzusammenbruch zu haben. Sie weint ununterbrochen.«

      »Das wird die Erleichterung darüber sein, daß sie von Camster losgekommen ist. Sie hat die ganze Zeit über Angst gehabt, er könnte auch sie umbringen.«

      »Ich verstehe nicht, wie sie sich an diesen Mann anschließen konnte.«

      »Zuerst war’s wohl echte Liebe, doch dann spannte er sie in seine Dienste ein und machte sie zu seiner Mitwisserin. Vor lauter Angst getraute sie sich nicht, ihn zu verlassen. Sie allein weiß ja, wie unberechenbar und gefährlich dieser Camster ist.«

      »Er dürfte inzwischen einen ausgewachsenen Tick bekommen haben, wie?«

      »Richtig, selbst Joan Shadow glaubt inzwischen daran. Sie meint, er habe jede Selbstkontrolle über sich verloren.«

      »Dann wird’s höchste Zeit, daß er hinter Schloß und Riegel landet. Was werden Sie jetzt tun, Rander? Ihre Arbeit ist doch eigentlich getan.«

      »Ich möchte mich lieber nicht festlegen, Traggle.«

      »Sagen Sie, Rander, wer ist eigentlich dieser Parker? Gewiß, er ist Butler, aber der Bursche scheint es doch faustdick hinter den Ohren zu haben.«

      »Sie liegen richtig.«

      »Wo steckt er denn eigentlich?«

      »Bestimmt draußen auf dem Korridor. Sie haben keine Ahnung, Traggle, wie diskret er ist.«

      »Ein tolles Exemplar, Rander. Und er ist wirklich so ein Gangsterjäger?«

      »Er stellt mich glatt in den Schatten, Traggle. Er hat’s in den Fingerspitzen. In Wirklichkeit bin ich nichts anderes als sein Assistent.«

      »Ich möchte mich auf jeden Fall auch bei Ihnen bedanken«, meinte der Detektivleutnant. Zusammen mit Mike Rander verließ er sein Dienstzimmer. Draußen auf dem Korridor sah er sich nach dem Butler um, doch Josuah Parker war weit und breit nicht zu sehen.

      »Ihm scheint die Zeit zu lang geworden zu sein«, sagte Traggle und lächelte arglos. Mike Rander aber lächelte nicht. Ihm war aufgegangen, daß Josuah Parker sich abgesetzt hatte …

      »Ich fürchte«, meinte er nervös, »daß mein Butler sich den Fall des ›Blasrohr-Mörders‹ nicht aus den Händen nehmen läßt.«

      »Was soll das heißen?«

      »Parker ist noch immer auf dem Kriegspfad«, erklärte Mike Rander lakonisch. »Er startet wieder mal zu einem seiner berühmten Alleingänge. Ich glaube, Traggle, wir können uns wieder auf etwas gefaßt machen. Ich kenne doch meinen Butler …!«

      *

      Ben Camster, der »Blasrohr-Mörder«, hatte die Geduld verloren. Joan Shadow hatte sich selbst nach Stunden nicht gemeldet. Er spielte mehrfach mit dem Gedanken, im Hotel anzurufen und nach ihr zu fragen. Doch aus Vorsicht unterließ er diesen Anruf. Es graute bereits, als er sein schäbiges, einfaches Apartment an der 50. Straße verließ. Er hielt es für angebracht, seine Wohnung aufzugeben. Mißtrauisch, wie er nun einmal war, glaubte er sich von Joan verraten.

      In seiner ersten, jähen Aufwallung dachte er daran, Joan zu ermorden. Doch dazu mußte er zumindest in das Hotel, in dem sie arbeitete. Dieses Risiko erschien ihm zu groß. Er nahm die Bügeltasche mit der