Butler Parker Paket 1 – Kriminalroman. Günter Dönges. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Günter Dönges
Издательство: Bookwire
Серия: Butler Parker
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740943073
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»Im Interesse der Sicherheit Ihrer Gäste müßte eine Art Notfonds gebildet werden, aus dem die einzelnen Erpressergelder gezahlt werden.«

      »Aber das ist doch gleichbedeutend mit einer Bankrotterklärung«, resignierte der Manager. »Sie haben recht, Mister Rander, wir brauchen eine Notkasse. Ich fürchte, wir werden nicht nur einmal zahlen müssen.«

      »Malen Sie nicht den Teufel an die Wand«, beschloß Mike Rander die Unterhaltung. »Und was die Polizei angeht, so werde ich mit ihr reden. Allein kann ich die Verantwortung nun nicht mehr tragen.«

      »Glauben Sie, daß dieser Blasrohr-Mörder« sich in das Hotel einschleicht?«

      »Natürlich, denn nur so kann er seine Drohung wahr machen.«

      »Ob er denn nur mein Hotel angerufen hat?«

      »Das werden Ihnen die Kollegen der anderen Hotels sagen können. Es würde mich nicht wundern, wenn ähnliche Anrufe in anderen Hotels registriert worden sind. Gut, daß Sie dieses Gespräch sofort auf Tonband festgehalten haben. Das kann später sehr wichtig werden. Übergeben Sie das Band der Polizei.«

      »Vielleicht könnte man jeden ankommenden Hotelgast diskret überwachen und sein Gepäck durchsuchen«, schlug der Manager in seiner Verzweiflung vor.

      »Wie wollen Sie das bewerkstelligen?« gab Mike Rander kopfschüttelnd zurück. »Denken Sie an die Zahl der täglich eintreffenden Gäste! Wollen Sie künstlich Unruhe schaffen?«

      »Demnach sind wir diesem Gangster also wehrlos ausgeliefert?« Wiederholte der Manager noch mal.

      »Augenblicklich ja, machen wir uns nichts vor! Seine Drohung, einen x-beliebigen Hotelgast umzubringen, bindet uns die Hände. Tut mir leid, Ihnen das sagen zu müssen.«

      Josuah Parker hielt sich erstaunlich zurück. Er beteiligte sich kaum an der Unterhaltung. Er fixierte die gegenüberliegende Wand und schien seinen meist krausen Gedanken nachzuhängen. Seinem Gesicht war nicht zu entnehmen, ob ihm nun der rettende Einfall gekommen war …!

      *

      Der »Blasrohr-Mörder« hatte bereits sechs Hotels auf Manhattan angerufen und in panische Angst versetzt. – Ihm kam es darauf an, breit zu streuen und Grauen zu verbreiten. Er zweifelte zwar nicht am Erfolg, doch er wollte die Hoteldirektionen zusätzlich zur schnellen Zahlung antreiben. Dazu wollte er ein Exempel statuieren. Mit anderen Worten, er plante einen ersten Mord!

      Zwei Möglichkeiten boten sich ihm an. Entweder gab er seinem Rachegedanken nach und ermordete Rander und Parker. Damit entledigte er sich ja gleichzeitig zweier gefährlicher Gegner, die ihn etwas nervös machten. Oder er ließ einen völlig Unbeteiligten sterben, was für ihn zumindest gefahrloser war.

      Noch hatte er sich nicht entschieden. Er wollte einen Anruf Joan Shadows abwarten. Falls sie genau angeben konnte, wo die beiden Männer Rander und Parker wohnten, war die Sache für ihn so gut wie entschieden. Noch hatte sie sich nicht gemeldet. Er hatte also Zeit, die ohnehin notwendigen Vorbereitungen zu treffen.

      Der Mörder setzte sich in seinen Wagen und fuhr hinüber zur Westseite von Manhattan. Hier in unmittelbarer Nähe der riesigen und weiträumigen Kaianlagen hatte er sich eine kleine Werkstatt gemietet. Nach außen hin zeigte er sich hier, wo ohnehin kaum Fragen gestellt wurden, als Techniker für Kühlaggregate. Ein entsprechendes Firmenschild am Eingang zur Werkstatt wies darauf hin.

      In dem kleinen, verwahrlosten Steinbau, der in einem engen und dunklen Hinterhof stand, befanden sich tatsächlich einige ausgeschlachtete Kühlschränke und -truhen. Prospekte führender Firmen bedeckten die kahlen Wände. Das Werkzeug auf der langen Werkbank war neu und reichhaltig.

      Der »Blasrohr-Mörder« brauchte solch eine Werkstatt. Es genügte nicht, ein stark wirksames Gift zu besitzen. Er mußte auch in der Lage sein, es in Stahlzylinder abfüllen zu können. Da das Giftgas unter Druck ausströmen sollte, mußte er es komprimieren.

      Mit viel Improvisation und geschickten Händen hatte er sich einen kleinen Kompressor zusammengebastelt und dabei die Teile aus den ausgeschlachteten Eisschränken benutzt. Für einen erfahrenen Techniker bedeutete das keine Schwierigkeit. Er war in der Lage, bis zu vier Atmosphären Druck zu erzeugen. Mehr brauchte er nicht.

      Der Mörder hatte vier Stahlflaschen gefüllt und vorbereitet. Er brauchte sie nur noch in die Hotels einzuschmuggeln. Sinnreiche Ventile, die mit einfachen Uhrwerken gekoppelt waren, ließen es zu, den Austritt der komprimierten Gase auf die Genauigkeit von etwa einer Minute zu regulieren.

      Der mittelgroße Mann, der jetzt ohne Sonnenbrille zu erkennen war, besaß eine hohe Stirn und ein etwas fliehendes Kinn. Seine Augen lagen tief in den Höhlen. In ihnen brannte ein gefährliches Feuer. Er sah aus wie ein Fanatiker aus dem Mittelalter. Seine Art, Selbstgespräche zu führen, deutete weiter darauf hin, daß er die Selbstkontrolle über sich verloren hatte.

      Er blieb vor dem Regal stehen, auf dem die vier Stahlzylinder standen. Er maß sie mit fast liebevollen Blicken. Jede Flasche war ein Vermögen wert, wenigstens in seinen Augen. Er rechnete fest damit, daß die Hoteldirektionen kapitulierten und prompt zahlten.

      Wegen der Übergabe der Erpressungsgelder machte der Mann sich keine Sorgen. Er wollte einfach und sicher arbeiten. In den Straßenschluchten gab es genug junge Burschen, die für ein gutes Trinkgeld bereit waren, einen kleinen Auftrag auszuführen. Sie sollten die Päckchen mit den Banknoten abholen und ihm in die Hände spielen. Der Mann dachte nicht im Traum daran, daß die Hoteldirektionen sich an die Polizei wenden würden. Taten sie es doch, so wollte er sie mit einem seiner Stahlzylinder beehren. Es gab noch zehn weitere davon, die allerdings leer waren. Der Mörder hatte sich diese druckfesten Zylinder in New Jersey besorgt, und das selbstverständlich unter falschem Namen. Er war nach allen Seiten hin abgesichert.

      Nachdem er die beiden Mitarbeiter Clive und Sammy ermordet hatte, gab es keine faule Stelle mehr in seinem System. Die Killer, die er Lactons und diesem Parker auf den Hals geschickt hatte, wußten von nichts. Blieb also nur Joan Shadow.

      Sie hatte Angst gezeigt. Er fragte sich, ob sie auch weiterhin zu ihm halten würde. Besaß sie noch die Nerven, um gerade jetzt mitzumachen? Sie selbst hatte ja zugegeben, daß sie mit Mord nichts zu tun haben wollte.

      Ich werde sie nicht aus den Augen lassen, sagte sich der Gangster. Sobald ich feststelle, daß sie weich wird, werde ich sie mir vom Halse schaffen! Gerade jetzt, wo ich großes Geld machen kann, werde ich doch nicht aufhören! Was sind schon die 20.000 Dollar, die ich bisher einnahm? Doch nur ein Taschengeld gegen die Summe, die ich ab sofort zugespielt bekomme.

      Der Mörder nahm eine elegante Ledertasche vom Regal und packte einen Druckzylinder ein. In seinem Apartment wollte er auf Joans Anruf warten. In gehässiger Vorfreude dachte er an die beiden Männer Mike Rander und Josuah Parker. Sie hatten es gewagt, sich gegen ihn zu stellen. Dafür sollten und mußten sie bezahlen!

      *

      Mrs. Agatha Powder lag schnarchend im Bett und sah selbst jetzt noch furchteinflößend aus. Sie trug ein altertümliches Nachthemd mit sehr vielen Rüschen und hatte sich eine Schlafhaube über den Kopf gezogen. Leise und rhythmisch klirrten die Scheiben des Doppelfensters.

      Stunden nach Mitternacht – es ging auf 3.00 Uhr zu – wachte sie plötzlich auf. Ein feines Schnarren unter dem Kopfkissen hatte sie aufgeschreckt. Mrs. Agatha Powder öffnete fast ohne Übergang die Augen, blieb aber unbeweglich liegen. Selbst ihr Schnarchen unterbrach die stattliche, alte Dame nicht.

      An der inneren Tür der Doppeltür tat sich etwas, was nicht normal war. Das seltsame Schnarren unter dem Kopfkissen meldete ihr das. Ein feiner Draht, der unter dem Kopfkissen hervorkam, führte vom Bett hinüber zur Tür. Mrs. Agatha Powder, alias Rosy Ballden, die von Josuah Parker engagiert worden war, hatte ihre Vorkehrungen getroffen. Sie wunderte sich allerdings, daß ihr Alarmgerät bereits in der ersten Hotelnacht ansprach.

      Um besser hören zu können, durfte sie nicht mehr schnarchen. Sie motivierte diese Unterbrechung ungemein eindrucksvoll. Mrs. Powder, um bei diesem Namen zu bleiben, wälzte sich im Bett herum. Die malträtierten Federn ächzten und quietschten. Dann fand der schwere Körper seine Lage.