TIDAL GRAVE - Ihr hättet es nicht wecken dürfen!. H.E. Goodhue. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: H.E. Goodhue
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958350540
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arbeiteten daran? Was in drei Teufels Namen gab es da zu arbeiten? Falls sie die Stelle nicht schnellstmöglich mit Beton versiegelten, durfte sich Glaxco auf eine Umweltkatastrophe und mediale Schlammschlacht gefasst machen.

      Lou schaltete die zusätzlichen Scheinwerfer an den Seiten des Mini-U-Boots an. Plötzlich sah er nur noch Rot auf dem Monitor.

      »Zentrale, es gibt wohl ein technisches Problem mit den Kameras der Sonde; sie zeigen nur noch Rot an, seit ich die Lichter angeschaltet habe.« Lou versuchte, etwas zu ändern, indem er ein paar Tasten betätigte, doch das Bild blieb flächendeckend dunkelrot eingefärbt.

      Schließlich durchbrachen Blasen die rote Wand, die Lou den Blick auf die Stelle verwehrte.

      »Äh, Zentrale, ich bin mir nicht sicher, worauf wir hier gestoßen sind, doch Öl ist es nicht, glaube ich«, meldete Lou.

      Falls seine Mitarbeiter ihm antworteten, konnte Lou es nicht hören, da der ganze Bohrturm wenige Augenblicke nach seinem Funkspruch anfing, heftig zu beben und zu wanken. Fässer, Gerätschaften und Personal wurden an Deck herumgeworfen, als sich die Plattform nach links neigte. Sekunden später richtete sie sich jedoch wieder auf, als sei nichts geschehen, abgesehen vom Durcheinander und den Verletzten, die nun überall verstreut lagen.

      Irgendwie war es Lou gelungen, an der Steuereinheit für die Sonde stehen zu bleiben. Er hörte Hilferufe, sah sich aber gezwungen, weiterhin die Bildübertragung des kleinen U-Boots zu betrachten. Der rote Schleier hatte sich gelichtet, sodass er genug sah, um die Bohrstelle auszumachen.

      Das Gestein rings um das Führungsrohr bewegte sich, als ob irgendetwas von unten dagegen drückte. Die Sonde ließ sich nur mit Mühe an Ort und Stelle halten, während sie von dicken Blasen erschüttert wurde. Als Lou die Kamera herumschwenkte, sah er, was die Turbulenzen verursachte: Ein langer Teil des Führungsrohres hatte sich verbogen und war umgeknickt, wobei es die Sonde fast zerquetscht hätte.

      Lou erschrak. »Um Himmels willen.« Der Fels, in dem der Bohrer steckte, gab unvermittelt nach, und am Meeresgrund tat sich ein gewaltiger Krater auf. Dieser wölbte sich nach außen hin und vibrierte. Blasen traten zwischen den Steinen hervor, sodass Sand- und Erdwolken in die Höhe stoben.

      Nun klaffte ein gähnender Abgrund dort, wo zuvor das Eintrittsloch gewesen war.

      »Zentrale, die Bohrstelle ist vollständig zusammengestürzt«, beschrieb Lou die Situation. »Wegen des Gerölls sehe ich praktisch gar nichts mehr, doch unsere Schraube haben wir verloren. Die gute Nachricht ist, dass ich kein Öl mehr austreten sehe.«

      »Lou, die Leitstelle möchte, dass Sie weitere Untersuchungen mit der Sonde vornehmen. Finden Sie heraus, was zur Hölle mit dem Bohrer passiert ist.«

      Daraufhin lenkte er das U-Boot dichter an den riesigen Krater im Meeresboden heran. Allem Anschein nach hatte die Schraube die Decke einer Unterwasserhöhle durchbrochen. Lou wusste, dass es viele solcher Gewölbe überall im Ozean gab, hatte aber noch nie ein solch großes gesehen.

      »Zentrale, wir müssen auf eine immense Unterwasserhöhle gestoßen sein«, gab er zurück. »Die Sonde befindet sich unmittelbar am Rand, aber ich kann immer noch nichts erkennen. Ich würde sagen, wir … heilige Scheiße!« Mit einem Mal weitete sich das Loch, und im gesamten Sichtfeld der Kamera wurde es wieder schwarz. Jetzt sah Lou nichts weiter als ein dunkles Rauschen.

      »Präzisieren Sie das, Lou. Ich könnte mich irren, aber mit “heilige Scheiße” wird sich die Leitstelle wohl nicht zufriedengeben. Man wartet auf Antworten.«

      »Zentrale, da muss noch etwas eingestürzt sein. Ich bin mir nicht sicher, denn wir haben soeben den Kontakt zur Sonde verloren. Ich glaube, sie ist endgültig verloren – Moment! Ich sehe wieder was, aber die Steuerung reagiert nicht. Warten Sie, Zentrale.«

      Lou sah, wie ein grobkörniges Bild auf dem Monitor erschien. In der Höhle war es dunkel, und das Wenige, was er erkennen konnte, belief sich auf ein zartes helles Rot, das pulsierte. Warum in aller Welt sollte eine Höhle so etwas tun?

      »Zentrale, ich kann nicht genau sagen, was ich gerade sehe. Das Bild ist furchtbar schlecht, aber mir kommt es so vor, als sei das Innere der Höhle … Na ja, es sieht so aus, als sei es lebendig.«

      »Lebendig? Lou, was meinen Sie damit, verdammt?«

      »Würde ich selbst gerne wissen«, entgegnete Lou wahrheitsgemäß.

      Die Ölplattform neigte sich erneut, dieses Mal nach rechts. Metall quietschte protestierend, während sich die Stützstreben, auf welchen sie stand, verbogen und auseinanderrissen. Lou duckte sich, als Gegenstände an seinem Kopf vorbeiflogen. Er hielt sich an der Seite der Steuereinheit der Sonde fest, um einen sicheren Halt zu wahren, bemerkte aber nicht die Werkzeugkiste, die direkt auf ihn zukam.

      Ein dumpfes, metallisches Plock war alles, was er hörte, bevor explosionsartige Schmerzen durch seinen Kopf schossen. Er spürte, wie etwas Warmes an seinem Schädel herunterlief. Dann rutschte er zur Brüstung der Plattform, konnte es aber nicht verhindern.

      Als sich Lou auf den Rücken gewälzt hatte, beobachtete er mit fassungsloser Faszination, wie sich die Höhle, die er über die Kamera des U-Boots gesehen hatte, unter ihm im Wasser auftat. Wie kann sich eine Höhle bewegen?, fragte er sich. Was ist mit der Sonde passiert?

      Die Antwort darauf sollte er bald erhalten.

      5

      »Blöder, kleinstädtischer Leichtmatrose«, schimpfte Alex, als er den Motor des Küstenboots anließ, das er gemietet hatte. Selbstverständlich hatte er beim Verleih angegeben, mit seinen Freunden zum Fischen zu fahren, denn weshalb hätte er sich den Stress machen sollen, diese Bauern hier mit der Wahrheit zu verwirren? Der Kerl erhielt sein Geld, Alex das Boot, und das war alles, was zählte.

      Seine drei Begleiter am Heck litten offensichtlich. Ein Morgen in der Sonne auf offenem Wasser nach einer Nacht Saufen auf Teufel komm raus, war anscheinend keine gute Kombination. Alex’ Mitbewohner Wally beugte sich über die Bordwand und erbrach seinen nach Heidelbeeren duftenden Mageninhalt in den Wind.

      »Wally! Pass auf, dass nichts davon auf dem Deck landet, Mann«, rief Alex. »Mein Dad wird super-angepisst sein, wenn er neben der Mietgebühr noch eine Rechnung für die Säuberung des Boots bekommt. Bleib cool, Alter.«

      »Dein Dad achtet doch nicht einmal darauf, wie teuer es ist«, hielt Wally dagegen, bevor ein weiterer Schwall Erbrochenes mit der Brise verflog.

      »Ach, ist ja auch egal.« Alex strafte seine drei Freunde mit einer wegwerfenden Geste ab. Jo-Jo und Auggie waren bewusstlos, und Wally mit reihern beschäftigt, während er sich vornahm, diesen Tag zu genießen.

      Eines musste er dem hinterwäldlerischen Fährmann lassen: Bezüglich Peach Island hatte er recht gehabt. Alex wünschte sich mutierte Missgeschicke der Regierung, doch was er fand, waren andere Hipster und ein paar im Verfall begriffene Gebäude, die von Schlingpflanzen überwuchert wurden. Er wollte etwas Neues erkunden, über das seinesgleichen staunen würde, und das war Peach Island definitiv nicht. Mit der Ölplattform sah es jedoch ganz anders aus.

      Niemand außer dem Kapitän wusste von Alex’ Plänen, sie zu besichtigen, nicht einmal seine Kumpels, also hatte er diese Drei eingeladen, verkatert, wie sie waren, Peach Island auf Nimmerwiedersehen den Rücken gekehrt und sich wieder aufs offene Meer gewagt, um zum Bohrturm zu fahren.

      »Wo ist der Leuchtturm, zu dem du wolltest?«, ächzte Wally von hinten.

      »Halt einfach die Klappe und trink ein Bier«, rief Alex gegen den Wind. Was er den Kameraden vorenthielt, war seine insgeheime Befürchtung, dass es vielleicht doch keine so tolle Idee gewesen war, dieses Abenteuer zu bestreiten. Hier draußen schlugen die Wellen viel höher und schienen sich aus dem Nichts aufzutun. Andererseits: Scheiß auf die Wellen. Alex würde es bis zur Plattform schaffen, ein paar Fotos machen und dann wieder im Dry Dock aufschlagen, um sie dem Kapitän unter seine triefende Nase zu halten.

      Als Alex es über einen Wellenkamm manövrierte, schlug auf einmal etwas gegen den Rumpf des Küstenboots. Ein zweites Plonk und dann ein drittes folgten