Ritter oder Dame (Historischer Roman - Zeitalter der Aufklärung). Oskar Meding. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oskar Meding
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027237432
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stützte, — »daß ich — sein Nachfolger werden will, — der Name Richelieu ist groß genug,« fuhr er, stolz den Kopf emporwerfend, fort, »um Frankreich zum zweiten Male zu retten und zu Ruhm und Glanz zu führen.«

      »Dann sind wir Alliirte,« sagte die Herzogin, — »ich mache vor Niemand ein Hehl aus meinem Haß gegen diesen Choiseuil, der die Kirche verachtet, der die Philosophen beschützt, der Frankreich zu Grunde richtet.«

      Sie reichte dem Herzog die Hand, die dieser an seine Lippen führte.

      »Unserer Allianz, Herzogin, wird er nicht widerstehen, — ich kenne die Welt und,« sagte er mit leisem Anflug von Spott, »Sie haben den Himmel für sich, — was bleibt ihm?«

      »Sie sind immer der Alte,« sprach die Herzogin unwillig, — »Sie müssen über die ernstesten Dinge scherzen, denn Choiseuil zu stürzen, ist ein ernstes Ding, — wie oft ist es schon versucht und stets ist jeder Versuch gescheitert —«

      »Weil man,« fiel Richelieu ein, »die mächtige Stütze seines Einflusses nicht hat brechen können; Choiseuil's Stellung ruht auf der Marquise von Pompadour und so lange die Marquise den König beherrscht, wird Choiseuil allmächtiger Minister bleiben.«

      »Sie kennen den Hof noch besser als ich,« erwiederte die Herzogin, »Sie wissen am besten, wie diese Zauberin den Geist des Königs umstrickt hat und wie vergeblich alle Bemühungen gewesen sind, sie zu stürzen —«

      »Eben weil man sie hat stürzen wollen,« sagte Richelieu, — »die Pompadour kann man nicht stürzen, — man muß sie ersetzen.«

      »Ist das möglich?« fragte die Herzogin, — »sie beherrscht den Geist des Königs noch mehr als sein Herz, — und was würde man dabei gewinnen? — man würde das Schicksal Frankreichs dem Zufall, der Laune einer neuen Pompadour preisgeben.«

      »Man müßte eben das Spiel nicht dem Zufall überlassen,« erwiederte Richelieu, der die Herzogin durch den Ernst, mit welchem er diese Unterredung behandelte, in Erstaunen versetzte, — »man muß eine Dame finden, welche das Herz des Königs zu gewinnen versteht, — und das gewinnt sie am besten, wenn sie nicht darauf ausgeht, wenn sie vielleicht Schwierigkeiten macht, — und welche dann im Stande ist, seinen Willen zu beherrschen durch den Geist, den wir ihr geben würden, Herzogin; wir, die wir uns vereinigen würden, um die Macht der Kirche zu stärken und Frankreich wieder groß zu machen, wie es zur Zeit des Kardinals war.«

      Die Herzogin hatte mit blitzenden Augen zugehört, — sie nahm eine Miene frommen Nachdenkens an und sagte:

      »Ich weiß nicht, Herr Herzog, ob ein solcher Weg sich mit der Religion und den Geboten des Gewissens vereinigen ließe, — darüber müßte ich mich mit meinem Beichtvater berathen — «

      »Der Pater Linière,« fiel schnell Richelieu ein, der auf Alles vorbereitet zu sein, jeden Einwand vorher überdacht zu haben schien, — »der Pater Linière und der Pater Desmarets, — sehr fromme Männer, finden den Plan vortrefflich, — der heilige und edle Zweck muß jedes Bedenken über das Mittel verschwinden lassen —«

      »Aber wo,« fragte die Herzogin, deren Gewissensbedenken sich schnell zu beruhigen schienen, — »wo findet man eine solche Dame, — und wenn man sie fände, wo ist die Bürgschaft dafür, daß sie sich leiten, — von uns leiten ließe?«

      »Bei jedem guten Werk, Herzogin,« sprach Richelieu, die Hände faltend, »kommt der Himmel zu Hülfe, — die Dame ist gefunden!«

      »Sie ist gefunden? — und wo?«

      Richelieu blickte im Zimmer umher, dämpfte die Stimme noch mehr als bisher und sagte:

      »Soeben als ich Sie erwartete, Herzogin, habe ich von Neuem Gelegenheit gehabt, die wirklich bezaubernde Schönheit und die frische, anmuthige Natürlichkeit des Fräuleins von Beaumont zu bewundern —«

      »Meine Nichte?« rief die Herzogin in höchstem Erstaunen, — »dieses Kind vom Lande, unerfahren in Allem, was die große Welt betrifft, — an sie könnten Sie denken? — das ist unmöglich!«

      »Es ist so wenig unmöglich, Herzogin,« sagte Richelieu, dessen feiner Blick unter dem abweisenden Erstaunen der Herzogin das Aufleuchten einer innern Befriedigung wohl bemerkt hatte, — »so wenig unmöglich, daß Seine Majestät mir von Fräulein Louise gesprochen hat, — in so entzückten Ausdrücken, daß ich mich überzeugt habe, es bedürfe nur eines leisen, geschickt auf diese glimmenden Funken geführten Hauches, um sie zu hellen Flammen auflodern zu lassen, — und dieser Hauch, Herzogin, soll meine Sache sein.«

      Er blickte lauernd auf die alte, so fromme und so sittenstrenge Dame, deren Gesicht vor freudiger Erregung zuckte und welche, den in ihr angeregten Gedanken verfolgend, mit unsicherer Stimme sagte:

      »In der That, — Sie überraschen mich, — Seine Majestät hätte —«

      »Seine Majestät,« sprach Richelieu schnell, seinen Vortheil verfolgend, »war entzückt, — bezaubert, — es wird sich ganz von selbst machen.«

      »Aber,« sagte die Herzogin nach einigen Augenblicken tiefen Sinnens, »Sie kennen die Einfalt, die Naivität dieses Kindes nicht, — auf sie wollen Sie so große Pläne bauen? — das Fundament würde zu schwach sein —«

      »Je mehr der Geist dieses Mädchens noch frei und unbefangen ist,« unterbrach sie der unermüdliche Richelieu, »je fremder ihr das ganze Treiben des Hofes und der Politik bis jetzt geblieben, um so weniger wird ihr jemals der Gedanke kommen, eine eigene Rolle spielen zu wollen; hält sie einmal die Herrschaft über das Herz und den Geist des Königs in ihren Händen, so wird es unsere Sache sein, diese Hände zu lenken.«

      Die Herzogin stand auf und ging nachdenkend auf und nieder.

      Richelieu, der sich ebenfalls erhoben, verfolgte sie, auf die Lehne des Fauteuils gestützt, mit spähenden Blicken.

      »Sie haben mich in der That überrascht, Herzog,« sagte sie endlich, vor ihm stehen bleibend, »das Alles kommt mir so unerwartet, — ich habe die Sorge für meine Nichte übernommen, — es ist eine schwere Verantwortung, sie der Politik zu opfern —«

      »Opfern!« rief Richelieu, — »ein Opfer, Herzogin, welches vielen Damen dieses Hofes als das größte Glück erscheinen würde, — und gibt es,« fügte er mit Betonung hinzu, »ein Opfer, das zu groß wäre für die Macht der Kirche, zu groß, um Frankreich von diesem Choiseuil zu befreien?«

      »Ich überlasse Ihnen die Ausführung Ihres Gedankens,« sagte die Herzogin entschlossen, — »und auch die Verantwortung dafür, — wenn eine Sünde dabei ist, — meine Absichten sind rein, — doch muß ich mich mit meinem Beichtvater besprechen, denn meine Nichte ist dem Dienste des Himmels, dem Kloster bestimmt.«

      »Der Pater Desmarets,« erwiederte Richelieu, »wird mir beistimmen, daß sie dem Himmel am Hofe größere Dienste leisten kann als im Kloster, und was die Verantwortung betrifft,« sagte er, sich vergessend, in heiter leichtfertigem Ton, »so übernehme ich sie gern, — mein Gewissen ist von einer vortrefflichen Elastizität und Zähigkeit —«

      »Wie, Herzog?« sprach die Herzogin verweisend.

      »Ich habe leider,« sagte Richelieu, wieder seine ernste Miene annehmend, »in meiner Vergangenheit so viel gesündigt, — wenn ich nun meine Schuld sühne, so hat der Himmel so viel zu vergeben, daß es auf eine Sünde mehr nicht ankommt, — also nehme ich Alles auf mich und Ihr Gewissen soll frei von jedem Vorwurf bleiben.«

      »Den Reuigen,« sprach die Herzogin salbungsvoll, »die zum rechten Wege zurückkehren, wird viel vergeben! — Aber es wird nicht leicht sein, Herzog,« fuhr sie dann fort, — »meine Nichte hat sehr schwärmerische, sehr ländliche Ansichten von der Welt und dem Leben, — freilich, — der König, — der Reiz der Macht, — ihr Herz ist noch völlig frei —«

      »Darüber bin ich besser unterrichtet,« dachte Richelieu, — »zum Glück zu rechter Zeit, — dieser graue Musketier läßt sich ja leicht beseitigen —«

      »Sie sind lange nicht bei Hof erschienen,« sagte er,