In diesen Fristen verjähren nicht nur die Ansprüche auf Nacherfüllung und auf Ersatz der Mangelschäden, sondern auch der Anspruch auf Ersatz der Mangelfolgeschäden, der nach früherem Recht mit positiver Forderungsverletzung begründet wurde und erst nach 30 Jahren verjährte.
In 30 Jahren verjähren nach § 438 I Nr. 1 nur bestimmte Rechtsmängel (RN 123).
6.2 Der Verjährungsbeginn
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Abweichend von § 199 I beginnt die Verjährung nach § 438 II schon mit der Übergabe des gekauften Grundstücks[288] oder der Ablieferung der gekauften beweglichen Sache,[289] auch wenn der Anspruch aus § 281 oder § 284 vor Ablauf der Nachfrist noch gar nicht entstanden ist. Von der Entdeckung des Sachmangels hängt der Verjährungsbeginn nicht ab, auch versteckte Mängel verjähren ab Übergabe oder Ablieferung[290].
6.3 Die Verjährung bei Bauwerken und Baustoffen
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In 5 Jahren verjähren nach § 438 I Nr. 2 die Sachmängelansprüche „bei einem Bauwerk“ und „bei einer Sache, die entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden ist und dessen Mangelhaftigkeit verursacht hat“.
Typisches Beispiel ist der Kauf eines bebauten Grundstücks. Das Bauwerk ist „eine unbewegliche, durch Verwendung von Arbeit und Material in Verbindung mit dem Erdboden hergestellte Sache“[291]. Gemeint sind nicht nur Gebäude, die dazu bestimmt sind, von Menschen betreten zu werden, sondern alle mit dem Grundstück fest verbundenen Bauten[292].
Die Mängel gekaufter Baustoffe verjähren nur dann in 5 Jahren, wenn sie bestimmungsgemäß verbaut werden und auch das Bauwerk mangelhaft machen. Die lange Verjährungsfrist soll den Bauunternehmer und Bauhandwerker davor schützen, dass seine Sachmängelansprüche gegen den Lieferanten früher verjähren als seine eigene Sachmängelhaftung aus § 634 mit § 634a I gegenüber dem Bauherrn.
Dagegen verjähren die Ansprüche wegen mangelhafter Teile einer Photovoltaikanlage, die der Käufer auf seinem Scheunendach installieren will, nicht nach § 438 I Nr. 2b sondern nach § 438 I Nr. 3 schon in zwei Jahren[293].
6.4 Die Arglist des Verkäufers
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Nach § 438 III 1 verjähren die Sachmängelansprüche ausnahmsweise normal, wenn der Verkäufer den Sachmangel arglistig verschwiegen hat (zur Arglist: RN 104). Normal heißt: Die Verjährungsfrist beträgt nach § 195 drei Jahre und beginnt nach § 199 I erst mit dem Ende des Jahres, in dem der Käufer den Mangel entdeckt oder grobfahrlässig übersehen hat.
Damit der arglistige Haus- oder Baustoffverkäufer aus seiner Arglist keinen Vorteil ziehe, verjährt seine Mängelhaftung gemäß § 438 III 2 frühestens nach Ablauf der fünf Jahre des § 438 I Nr. 2.
6.5 Der Ausschluss des Rücktritts und der Minderung durch Verjährung der Nacherfüllung
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Als Gestaltungsrechte können das Rücktritts- und das Minderungsrecht des Käufers zwar nicht verjähren, sind aber nach § 438 IV 1, V mit § 218 I 1 ausgeschlossen, wenn der Nacherfüllungsanspruch verjährt ist und der Verkäufer die Verjährungseinrede erhebt[294].
Dem Käufer bleibt nach § 438 IV 2, V das Recht, den Kaufpreis insoweit zu verweigern, als der Rücktritt oder die Minderung ihn dazu berechtigt hätte. Verweigert er mit Rücksicht auf sein erloschenes Rücktrittsrecht den Kaufpreis, kann der Verkäufer nach § 438 IV 3 vom Kaufvertrag zurücktreten.
Den bezahlten Kaufpreis kann der Käufer nach §§ 218 II, 214 II nicht mehr zurückfordern, denn er hat ihn mit Rechtsgrund bezahlt, es sei denn, der Verkäufer ist nach § 438 IV 3 vom Kaufvertrag zurückgetreten.
1. Die vertragliche Garantie einst und jetzt
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Vertragliche Garantien hat es mannigfach kraft Vertragsfreiheit schon immer gegeben, auch in Gestalt von Verkäufer- und Herstellergarantien; sie dienten vor allem dazu, die kurze Verjährungsfrist des früheren Rechts zu verlängern[295].
Jetzt stehen Verkäufer- und Herstellergarantie im BGB, für den gewöhnlichen Kauf in § 443 und für den Verbrauchsgüterkauf in § 479. Damit nicht genug, erwähnt auch noch § 276 I im allgemeinen Schuldrecht die „Übernahme einer Garantie“. Auch der Verkäufer kann nach § 276 I, über § 443 hinaus, jeden beliebigen Erfolg garantieren oder ein bestimmtes Schadensrisiko übernehmen.
Unter einer Garantie versteht der Jurist seit Menschengedenken das vertragliche Versprechen, für einen bestimmten Erfolg bedingungslos einzustehen oder ein bestimmtes Schadensrisiko bedingungslos zu übernehmen[296].
§ 443 I unternimmt nun den hilflosen Versuch, die moderne kaufrechtliche Garantie zu definieren als die vertragliche Verpflichtung des Verkäufers, des Herstellers oder eines sonstigen Dritten vor oder beim Abschluss des Kaufvertrags, auch in der Werbung, zusätzlich zur gesetzlichen Mängelhaftung, den Kaufpreis zu erstatten, die Kaufsache umzutauschen oder Dienste zu leisten, wenn die Kaufsache Mängel hat oder andere Anforderungen nicht erfüllt[297]. Schwerfälliger kann man ein Gesetz nicht formulieren.
2. Die Rechtsfolge der Beschaffenheits- oder Haltbarkeitsgarantie
§ 443 I ist Anspruchsgrundlage, Rechtsfolge ein Garantieanspruch des Käufers gegen den Verkäufer oder den Dritten (Hersteller, Importeur), der die Garantie übernommen hat. Der Inhalt der Garantie richtet sich nach dem Garantievertrag, wonach sollte er sich auch sonst richten. § 443 I spricht zwar von Beschaffenheits- und Haltbarkeitsgarantie, hat aber keinen fassbaren Inhalt.
§ 443 II vermutet den Eintritt des Garantiefalls, wenn der Sachmangel während der Garantiefrist einer Haltbarkeitsgarantie auftritt. Der Garant muss die gesetzliche Vermutung widerlegen und das Gegenteil beweisen.
Die Herstellergarantie verpflichtet nur den Hersteller, nicht den Verkäufer, der nur aus § 437 haftet.
3. Die Voraussetzungen einer Beschaffenheits- oder Haltbarkeitsgarantie
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§ 443 beschränkt sich auf die Beschaffenheits- oder Haltbarkeitsgarantie des Verkäufers, Herstellers oder eines anderen Dritten[298]. Der Verkäufer garantiert dem Käufer vielleicht eine bestimmte Wohnfläche der verkauften Eigentumswohnung oder die Unfallfreiheit oder Verkehrssicherheit des verkauften Gebrauchtwagens[299], entweder schon im Kaufvertrag oder in einem separaten Garantievertrag[300]. Der Hersteller garantiert dem Käufer etwa die Rostfreiheit des Neuwagens, der Verkäufer eine befristete Fahrtauglichkeit des Gebrauchtwagens[301].
Da der Verkäufer für Sachmängel bereits nach §§ 437 ff. haftet und schon nach § 434 I 1 für die vereinbarte Beschaffenheit einstehen soll, muss die Garantie dem Käufer mehr Rechte geben, als das Gesetz ihm gibt, etwa durch Garantiefristen, die länger sind als die gesetzliche Verjährung, durch Haftung auch für Mängel, die erst nach der Übergabe auftreten[302] oder durch Ausschluss