Wird die Gewährleistung für einen Gebrauchtwagen ausgeschlossen und ausdrücklich die Freiheit von Rechtsmängeln versprochen, ist nur die Haftung für Sachmängel gemäß § 434 ausgeschlossen[254].
Wenn Verkäufer und Käufer zwei Vereinbarungen treffen, die eine über die Beschaffenheit der Kaufsache, die andere über den Ausschluss der Sachmängelhaftung, bleibt die Haftung des Verkäufers für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit nach §§ 133, 157 bestehen. Konkurriert die Vereinbarung dagegen mit der gesetzlichen Haftung des Verkäufers nach § 434 I 2, 3, wird dieser nach §§ 133, 157 meist völlig frei[255].
Unabdingbar ist nach § 444 nur die Haftung des Verkäufers für Arglist (RN 103) und nach § 476 I die Haftung des Unternehmers aus einem Verbrauchsgüterkauf (RN 134).
2.2 Die Arglist des Verkäufers
103
Nach § 444 darf sich der Verkäufer auf eine vertragliche Haftungsbeschränkung insoweit nicht berufen, als er den Mangel arglistig verschwiegen hat. Die Formulierung: „darf sich nicht berufen“ soll verhindern, dass die unwirksame Haftungsbeschränkung nach § 139 den ganzen Kaufvertrag vernichte.
Die Beweislast trägt der Käufer, denn die Arglist des Verkäufers rettet die Mängelrechte[256].
Rechtlich verschweigt der Verkäufer nur, was er offenbaren soll, und offenbaren soll er nicht alles und jedes. Fragen des Käufers hat er zwar vollständig und richtig zu beantworten[257]. Ungefragt muss er Fehler der Kaufsache erst offenbaren, wenn der Käufer nach Treu und Glauben eine Aufklärung erwarten darf. Treu und Glauben gebieten eine Auskunft des Verkäufers über diejenigen Mängel oder Verdachtsgründe, die er selbst kennt, die der Käufer aber weder kennt noch durch eine Besichtigung leicht sehen kann und deren Kenntnis ihn vom Kauf abschrecken kann[258].
Beispiele
- | Das verkaufte Auto hatte einen nicht völlig belanglosen Unfall (BGH 63, 382; 74, 383; NJW 65, 35; 81, 928; 82, 1386). |
- | Der Gebrauchtwagenhändler hat das verkaufte Auto eben erst von einem „fliegenden Zwischenhändler“ erworben, der nicht im Kfz-Brief steht (BGH NJW 2010, 858). |
- | Das verkaufte Wohnhaus hat eine Asbest-Fassade (BGH NJW 2009, 2120) oder ist vom Holzbock befallen (BGH NJW 2015, 468; 2016, 2315). |
- | Das verkaufte Baugrundstück wurde früher als „wilde Müllkippe“ (BGH NJW 91, 2900) oder als Werksdeponie verwendet (BGH NJW 95, 1549; 99, 3777; 2018, 389: Schadstoffe durch Altlast), oder die Bebauung ist durch eine Baulast beschränkt (BGH NJW 2011, 3640). |
- | Die zum Vermieten bestimmte Kellerwohnung ist baurechtlich nicht genehmigt (BGH NJW 87, 2511). |
- | Wenn der Rhein Hochwasser führt, drückt Grundwasser in den Keller, der nicht isoliert ist (BGH NJW 90, 42). |
- | Der verkaufte alte Bauernhof hat feuchte und schimmlige Wände (BGH NJW 2018, 1954). |
104
Arglistig verschweigt der Verkäufer einen Mangel, wenn er drei Dinge weiß oder zumindest billigend in Kauf nimmt[259]: erstens, dass die Kaufsache einen Mangel hat, zweitens, dass der Käufer den Mangel nicht kennt und drittens, dass der Käufer die Sache in Kenntnis des Mangels nicht oder jedenfalls nicht zum vereinbarten Preis kaufen würde[260]. Stets muss der Verkäufer die Tatsachen kennen, die seine Arglist begründen, es genügt nicht, dass er die Augen davor verschließt[261]. Täuschungsabsicht ist nicht nötig, grobe Fahrlässigkeit genügt nicht[262].
Beispiel
Die verkaufte chemische Reinigung darf laut Unfallverhütungsvorschriften in den zu kleinen Mieträumen, die der Verkäufer vermittelt hat, nicht betrieben werden. Weiß der Verkäufer nicht einmal, dass es derartige Vorschriften gibt, obwohl er sie als Hersteller kennen muss, verschweigt er den Fehler allenfalls grobfahrlässig. Weiß er jedoch, dass es derartige Vorschriften gibt, ohne sich darum zu kümmern, ob seine Anlage ihnen genüge, nimmt er den Mangel bewusst in Kauf und verschweigt ihn arglistig (BGH NJW 85, 1769).
Wenn der Verkäufer unabdingbar schon für arglistiges Verschweigen haftet, dann erst recht für arglistiges Leugnen eines Mangels und arglistiges Vorspiegeln einer Eigenschaft[263].
Beispiel
Arglistig leugnet der Autoverkäufer den früheren Unfall, wenn er, ohne nachzuschauen, „ins Blaue hinein“ behauptet, das Auto sei „unfallfrei“ oder habe nur „kleine Blechschäden“ erlitten, statt sich auf den wahren Hinweis zu beschränken, dass er von einem Unfall nichts wisse (BGH NJW 95, 955: falsche Altersangabe „ins Blaue hinein“; NJW 2006, 2839: Zusicherung der Unfallfreiheit „ins Blaue hinein“). Zu einer gründlichen Untersuchung des Gebrauchwagens ist der Händler ohne konkreten Verdacht nicht verpflichtet, wohl aber zu einer fachmännischen Besichtigung (BGH NJW 2015, 1669).
Nach § 166 I wird dem Verkäufer die Arglist seines „Wissensvertreters“ zugerechnet, dem er die Verkaufsverhandlungen überlassen hat (RN 2230)[264], nicht auch die Arglist anderer Hilfspersonen, denn § 278, der nicht fremdes Wissen sondern fremdes Verschulden zurechnet, passt hier nicht[265].
2.3 Die Beschaffenheitsgarantie des Verkäufers
Dass sich der Verkäufer, soweit er eine bestimmte Eigenschaft der Kaufsache garantiert hat, nach § 444 auf eine vertragliche Beschränkung seiner Mängelhaftung nicht berufen darf, versteht sich von selbst[266].
2.4 Der Kauf eines neuen Eigenheims
105
Unwirksam ist nach der Rechtsprechung der „formelhafte“ Ausschluss der Gewährleistung für ein neues oder umgebautes Eigenheim, wenn der Notar ihn nicht ausführlich mit dem Käufer erörtert hat[267]. Gemeint ist nicht etwa der vorformulierte, sondern der individuell vereinbarte Haftungsausschluss.
2.5 Die Beschränkung der Sachmängelhaftung durch allgemeine Geschäftsbedingungen
106
Die individuelle Zusicherung des Verkäufers geht nach § 305b dem vorformulierten Gewährleistungsausschluss stets vor (RN 2108).
Mehrdeutige AGB sind nach § 305c II eng und gegen den Verwender auszulegen (RN 2111).
Die vom Verkäufer neuer Sachen[268] vorformulierte Beschränkung seiner Mängelhaftung ist nach § 309 Nr. 8b unwirksam, wenn sie: