99
Nach § 447 I trägt der Käufer nur die Gefahr, dass der Transport den zufälligen Verlust oder die zufällige Verschlechterung der Ware wenigstens mitverursache.
Beispiele
- | Die Ware wird unterwegs durch Verkehrsunfall beschädigt oder zerstört, geht beim Spediteur (BGH NJW 65, 1324) oder auf dem Transport verloren oder wird einem Nichtberechtigten ausgehändigt (RG 93, 330). |
- | Typisches Transportrisiko ist das Verschulden der Transportperson (BGH NJW 65, 1324). Da der Verkäufer nicht den Transport, sondern nur die Ablieferung an einen geeigneten und zuverlässigen Beförderer schuldet, befördert diese Person die Kaufsache nicht als Erfüllungsgehilfe des Verkäufers nach § 278 (BGH 50, 32; RG 99, 56; 115, 164). |
Das Transportrisiko beginnt erst, nachdem der Verkäufer die Ware vollständig, mängelfrei und richtig verpackt auf den Weg gebracht hat. Fehler vor und bei Auslieferung hat der Verkäufer nach §§ 276, 278 zu vertreten[245]. Für Fehler seiner eigenen Leute muss er selbst dann nach § 278 einstehen, wenn sie Transportpersonen nach § 447 I sind. Er schuldet zwar nicht den Transport, aber eine pflegliche Behandlung der Kaufsache, solange sie in seiner Obhut ist.
3.5 Die Drittschadensliquidation
§ 447 verlagert den Transportschaden vom Verkäufer auf den Käufer. Dies rechtfertigt die Drittschadensliquidation (RN 1263). Der Verkäufer hat gegen seinen Vertragspartner (Spediteur, Frachtführer) zwar dem Grunde nach einen Schadensersatzanspruch, aber keinen Schaden. Der Käufer wiederum hat den Schaden, aber keinen Ersatzanspruch. Den Schädiger soll dies nicht entlasten. Deshalb darf der Verkäufer den Schaden des Käufers geltend machen[246].
3.6 Die Haftung des Verkäufers
Wenn der Verkäufer ohne dringenden Grund von einer besonderen Anweisung des Käufers über Beförderungsart, Verpackung oder Verladung abweicht, ist er dem Käufer nach § 447 II zum Schadensersatz verpflichtet[247].
4. Die Nutzungen und Lasten der Kaufsache
100
Ab Übergabe gebühren dem Käufer nach § 446 S. 2 mit § 100 die Nutzungen und trägt er die Lasten der Kaufsache. Dies ist eine schuldrechtliche Regel, die dem Käufer einen Anspruch gegen den Verkäufer auf die Nutzungen und dem Verkäufer einen Anspruch gegen den Käufer auf Befreiung von den Lasten verschafft. Wem die gezogenen Nutzungen in Gestalt der Sachfrüchte (§ 99) gehören, sagen die §§ 953-957.
§ 436 I verteilt offene Erschließungs- und sonstige Anliegerbeiträge zwischen Verkäufer und Käufer eines Grundstücks nach dem Zeitpunkt des Beginns der Baumaßnahme[248].
5. Die Kosten der Übergabe oder Versendung
Nach § 448 I trägt der Verkäufer die Kosten der Übergabe, der Käufer die Kosten der Abnahme und der Versendung an einen anderen Ort als den Erfüllungsort.
Die Kosten des notariellen Kaufvertrags über ein Grundstück, der Auflassung, der Eintragung im Grundbuch und der dazu erforderlichen Erklärungen trägt nach § 448 II der Käufer[249].
1. Die Verteidigung des Verkäufers
101
Der Verkäufer kann die Sachmängelhaftung auf zweierlei Art und Weise bekämpfen: Er kann die anspruchsbegründenden Behauptungen des Käufers bestreiten und diesen zum Beweis zwingen, und er hat mancherlei anspruchsfeindliche Einwendungen und Einreden, die er freilich auch beweisen muss, wenn der Käufer sie bestreitet.
Gegennormen für derartige Einwendungen und Einreden sind die §§ 275 (RN 58), 442, 444, 438, 439 IV (RN 59), 280 I 2, 323 VI (RN 65). Die einen schließen sämtliche Sachmängelrechte des Käufers aus, andere nur bestimmte einzelne Rechte.
Bild 19: Einwendungen und Einreden des Verkäufers gegen die Sachmängelrechte des Käufers
2. Die vereinbarte Haftungsbeschränkung
2.1 Die Individualvereinbarung
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Nach § 444 können Verkäufer und Käufer die Sachmängelhaftung im voraus durch eine individuelle Vereinbarung beliebig beschränken und auch völlig ausschließen.
Der klar formulierte vollständige Haftungsausschluss erfasst alle, auch die schwersten und verborgensten Sachmängel, für die der Verkäufer nach § 434 I 2, 3 gesetzlich haftet[250]; für das Fehlen einer nach § 434 I 1 vereinbarten Beschaffenheit aber bleibt er haftbar[251].
Beispiele
- | Der im Grundstückskaufvertrag notariell vereinbarte umfassende Haftungsausschluss für Sachmängel erfasst auch Eigenschaften des Grundstücks und Gebäudes, die nach den Erklärungen des Verkäufers zu erwarten oder in einem Exposé angegeben sind (BGH NJW 2017, 150: Baujahr). |
- | Verkauf eines Grundstücks „wie es steht und liegt“ (BGH 74, 210), oder „ohne Gewähr für Güte, Grenzen und Beschaffenheit“ (BGH 34, 32). |
- | Der Ausschluss der Haftung für „sichtbare und unsichtbare Mängel“ des verkauften Hausgrundstücks erfasst nicht Mängel, die erst nach Kaufabschluss, aber noch vor der Übergabe durch einen Wassereinbruch entstehen (BGH NJW 2003, 1316). |
- | „Die Gewährleistung wird ausgeschlossen. Der Verkäufer versichert, dass ihm versteckte Mängel nicht bekannt sind.“. Der zweite Satz der beliebten Klausel ist kein Versprechen der Mängelfreiheit, sondern nur eine Wissenserklärung (BGH NJW 91, 1181; 95, 1549). |
- | Gebrauchtwagen verkauft man „gebraucht wie besichtigt unter Ausschluss jeder Gewährleistung“ (BGH NJW 74, 383; 77, 1055; 78, 260). Wirksam ist diese Klausel aber nur für den Verkauf aus privater Hand, denn der Händler kann sich gegenüber einem Verbraucher nach § 476 I 1 nicht im Voraus freizeichnen (RN 134). |
- | Wer beim Neuwagenkauf seinen Altwagen in Zahlung gibt, schließt stillschweigend seine Haftung für Verschleißmängel aus (BGH 83, 334). |
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Nicht ausgeschlossen ist die Haftung für Mängel, die der Verkäufer bei der Annahme seines Angebots kennt und die
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