Die §§ 434 ff. sind auch dann nicht anwendbar, wenn die Parteien nicht über die Brauchbarkeit der Kaufsache, sondern darüber streiten, was denn nun ge- und verkauft sei[197].
Auch der gemeinsame Irrtum beider Parteien über die Größe des verkauften Grundstücks oder eine andere Beschaffenheit der Kaufsache ist kein Sachmangel, sondern stört nach § 313 die Geschäftsgrundlage[198].
4.2 Die Vereinbarung einer bestimmten Beschaffenheit der Kaufsache
84
Die Vereinbarung einer bestimmten Beschaffenheit der Kaufsache ist Bestandteil des Kaufvertrags. Bedarf der Kaufvertrag einer besonderen Form, muss auch die Beschaffenheitsabrede diese Form wahren.
Die vereinbarte Beschaffenheit, eines Grundstücks muss deshalb nach § 311b I 1 im notariellen Kaufvertrag geschrieben stehen; die mündliche Abrede ist nach § 125 nichtig und vernichtet nach § 139 im Zweifel den ganzen Kaufvertrag[199]. Die Heilung des Formfehlers nach § 311b I 2 durch Auflassung und Eintragung ist kein vollwertiger Ersatz[200]. Deshalb ist eine Beschreibung des Grundstücks, die nicht in die notarielle Kaufurkunde aufgenommen ist, noch keine Beschaffenheitsvereinbarung[201]. Diese Auslegung vermeidet die Nichtigkeit des Kaufvertrags und rettet die Auflassungsvormerkung[202].
85
Wo das Gesetz keine besondere Form vorschreibt, kann die Beschaffenheit der Kaufsache auch stillschweigend durch schlüssiges Verhalten vereinbart werden[203]. Die Vorstellung des Käufers, die Kaufsache habe eine bestimmte Beschaffenheit, genügt auch dann nicht, wenn der Verkäufer sie zwar kennt, aber nicht irgendwie akzeptiert[204]. Ob und was vereinbart ist, muss die Vertragsauslegung nach § 157 herausfinden[205]. Die Grenze zur vertraglich vorausgesetzten Tauglichkeit nach § 434 I 2 Nr. 1 verschwimmt zwar, aber die Rechtsfolgen sind die gleichen. In beiden Fällen hat ab Lieferung der Käufer den schwarzen Peter. Der Nachweis einer vertraglich vorausgesetzten Brauchbarkeit ist genauso schwer zu führen wie der Nachweis einer stillschweigend vereinbarten Beschaffenheit.
Die Vereinbarung einer bestimmten Beschaffenheit der Kaufsache lässt sich oft schon aus den Begleitumständen des Kaufs, aus Inserat, Verkaufsschild oder Kaufzweck ablesen[206]. Der Fachhändler wird schneller beim Wort genommen als der Privatmann[207]. Beim Verkauf neuer Ware liegt eine Vereinbarung über die Beschaffenheit näher als beim Verkauf gebrauchter Ware[208].
Beispiele
Grundstücke:
- | Der Kaufvertrag nennt die „ca-Größe“ der Teilfläche eines Grundstücks, die erst noch wegvermessen werden soll (BGH 96, 283), aber der Lageplan geht vor (BGH NJW 2012, 373). |
- | Die Parteien nehmen nach eingehenden Verhandlungen die Mieterträge in den Grundstückskaufvertrag auf (BGH NJW 93, 1385; 2002, 208); zugleich ist die Gesetzmäßigkeit der Miethöhe vereinbart (BGH NJW 89, 1795; 98, 445). |
- | Erklärt der Verkäufer eines Hausgrundstücks im Kaufvertrag, die aufstehenden Gebäude seien behördlich genehmigt und abgenommen, ist die Genehmigung des aktuellen Ausbaus vereinbart (BGH NJW 98, 535; 2013, 2182). |
- | Das Internetangebot eines alten Bauernhofs mit Feuchtigkeitsschäden als „Luxusimmobilie nach neuestem Stand renoviert“ ist keine Beschaffenheitsvereinbarung, hat aber Mängel (BGH NJW 2018, 1954). |
Kraftfahrzeuge:
- | Wer Neuwagen verkauft, verspricht stillschweigend, der Wagen sei fabrikneu, nicht älter als 1 Jahr, bis auf die Überführung noch nicht gefahren und gehöre zum laufenden Modell (BGH NJW 2000, 2018; 2003, 2824; 2004, 160; 2016, 3015: nicht Gebrauchtwagen). Der Verkauf als „Vorführwagen“ enthält noch keine Vereinbarung eines bestimmten Alters (BGH NJW 2010, 3710). |
- | Bietet der Neuwagenverkäufer dem Käufer, der ein Auto mit ABS wünscht, ein bestimmtes Auto an, so sichert er zu, dass es mit ABS ausgestattet sei (BGH NJW 95, 518). |
- | Die Bezeichnung eines Gebrauchtwagens nach Marke und Typ enthält die Vereinbarung, der Wagen sei mit dem vom Hersteller vorgesehenen typgerechten Motor ausgestattet (BGH NJW 83, 217; 85, 967; 91, 1880), aber nicht, dass alle Typmerkmale vorhanden seien, welche die allgemeine Betriebserlaubnis des Herstellers verlangt (BGH NJW 91, 1880: „Porsche 928 S“). |
- | Der Hinweis des Verkäufers auf den Tachostand des Gebrauchtwagens enthält die stillschweigende Vereinbarung, die tatsächliche Fahrleistung entspreche dem Tachostand (BGH NJW 96, 1205: Tachostand 37 000 km, Fahrleistung aber 53 000 km; NJW 2007, 1346: Angaben des Verkäufers zur Laufleistung). |
- | Der Verkauf mit „neuer Oldtimerzulassung nach § 21c StVZO“ enthält die Vereinbarung, dass der Zustand des Kfz die angeblich erteilte positive Begutachtung rechtfertige (BGH NJW 2013, 2749: grobe Karosserieschäden rechtfertigen diese Zusage nicht). |
- | Vereinbart ist alles, was der Gebrauchtwagenhändler angibt über Laufleistung des Motors, frühere Art der Benutzung, Zahl der Vorbesitzer, Datum der Erstzulassung (OLG Karlsruhe NJW 2004, 2456) oder Einbau eines Austauschmotors (BGH 74, 391; NJW 96, 1205; 98, 2207), ebenso die Angaben: „werkstattgeprüft“ (BGH 87, 302); „technisch einwandfrei“ (BGH NJW 78, 2241); „unfallfrei“ (BGH NJW 2008, 1517); „TÜV-abgenommen“ (BGH NJW 2015, 1669) oder „generalüberholt“ (OLG Köln MDR 66, 673). Schon Beschaffenheitsangaben in Zeitungsinseraten und Verkaufsschildern werden Vertragsinhalt (BGH 87, 302; NJW 75, 1693; 81, 1268; OLG Frankfurt NJW 89, 1095). Dagegen schließt die individuelle Abrede: „keine Zusicherungen“ jede abweichende Vertragsauslegung aus (BGH NJW 92, 170). |
- | Der Verkauf eines gebrauchten Wohnmobils mit Feinstaubplakette unbekannter Herkunft bedeutet noch nicht, das Fahrzeug dürfe auch in Umweltzonen fahren (BGH NJW 2013, 2107). |
Andere Sachen:
- | Empfiehlt der Verkäufer Ware, die er selbst herstellt, für einen bestimmten Zweck, ist ihre Brauchbarkeit vereinbart: Kleber für Deckenplatten (BGH 50, 200); Kunstharzlack für Holzfenster (BGH 59, 158). |
- | Eine besondere Beschaffenheit verspricht der Verkäufer auch mit dem Hinweis auf eine besondere Qualitätskontrolle (BGH 48, 118: Trevira ). |
Der Verkäufer kann nicht nur bestimmte Eigenschaften, sondern auch die totale Mängelfreiheit der Kaufsache versprechen.
Die Vereinbarung ist schwächer als die Zusicherung einer Eigenschaft nach früherem Recht. Man hat darin die vertragliche Garantie des Verkäufers gesehen, für das Fehlen der zugesicherten Eigenschaft bedingungslos einzustehen[209]. Für das Fehlen einer vereinbarten