49
Zu betonen ist, dass die Mitwirkungs- und Offenlegungspflicht sowohl im Rahmen der Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten bei der Begründung einer Geschäftsbeziehung mit Neukunden als auch im Zusammenhang mit der risikobasierten Wiederholung der Sorgfaltspflichten bei Bestandskunden greift.
50
Der Vertragspartner hat alle Informationen und Unterlagen zur Verfügung zu stellen, die zur Identifizierung erforderlich sind. Diese sind insb. jene Informationen und Unterlagen, die das Kreditinstitut im Rahmen der erstmaligen oder wiederholten Identifizierung anfordert, sofern diese einen begründeten Bezug zu den zu erhebenden Angaben aufweisen oder erforderlich sind, um das Risikoprofil des Vertragspartners nach § 10 Abs. 2 GwG zu bestimmen:
– | alle nach § 11 Abs. 4 Nr. 1 und 2 GwG erforderliche Angaben sowie Dokumente, denen sich diese und vergleichbare Angaben entnehmen lassen; |
– | Informationen zur Eigentümerstruktur; |
– | Angaben zum Geschäftsmodell bzw. zu Produkten und Dienstleistungen; |
– | Angaben zu Niederlassungen und Tochtergesellschaften im Ausland sowie deren Tätigkeitsprofil; |
– | Offenlegung, ob die Geschäftsbeziehung oder Transaktion für einen wirtschaftlich Berechtigten begründet oder fortgesetzt bzw. durchgeführt werden soll, und wenn ja, Angaben zur Identität wirtschaftlich Berechtigter nach § 11 Abs. 5 GwG; und |
– | Angaben zu Verbindungen zu PEPs nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 GwG.[47] |
51
Kreditinstitute werden bemüht sein, nur jene Informationen und Unterlagen beim Vertragspartner einzuholen, die nicht öffentlich verfügbar sind. Eine dahingehende gesetzliche Einschränkung der Mitwirkungs- und Offenlegungspflicht besteht hingegen nicht. Der Vertragspartner hat die angeforderten Informationen bzw. Änderungen unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern zur Verfügung zu stellen.
bb) Pflichtverletzung durch den Vertragspartner
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Kommt der Vertragspartner seiner Mitwirkungs- und Offenlegungspflicht nicht, nicht umfassend oder nicht rechtzeitig nach, ist eine bestehende Geschäftsbeziehung nach § 10 Abs. 9 S. 1 GwG zu kündigen, im Falle der Begründung einer Geschäftsbeziehung ist davon Abstand zu nehmen.
c) Zeitpunkt der Identifizierung, § 11 Abs. 1 GwG: Vor Begründung der Geschäftsbeziehung
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Im Falle von Konto- bzw. Depoteröffnungen fällt die Begründung der Geschäftsbeziehung zeitlich i.d.R. auf den Abschluss, d.h. die Unterzeichnung des zugrundeliegenden Vertrags zwischen Kreditinstitut und Kunde.[48] Gem. § 11 Abs. 1 S. 1 GwG ist die Identifizierung und die Identitätsüberprüfung grundsätzlich vor Begründung der Geschäftsbeziehung durchzuführen und abzuschließen.[49]
aa) Ausnahmetatbestand bei geringem Risiko der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung
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Wenn ein geringes Risiko der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung besteht, erlaubt § 11 Abs. 1 S. 2 GwG den Abschluss der Identifizierung ausnahmsweise auch noch während der Begründung der Geschäftsbeziehung, „soweit dies erforderlich ist, um den normalen Geschäftsablauf nicht zu unterbrechen.“ Die Entscheidung, ob ein Erfordernis im vorgenannten Sinne anzunehmen ist, ist von den Kreditinstituten im Rahmen des risikobasierten Ansatzes selbst zu treffen. Die dafür und dagegen sprechenden Argumente und die Entscheidung sind zu dokumentieren, nicht zuletzt, um Rückfragen der Internen Revision bzw. des Jahresabschlussprüfers in nachvollziehbarer Weise beantworten zu können.
bb) Sonderregelung für Kreditinstitute nach § 25j KWG
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Für Kreditinstitute ist außerdem § 25j KWG heranzuziehen. Dieser gestattet, die „Identitätsüberprüfung des Vertragspartners, einer für diesen auftretenden Person und des wirtschaftlich Berechtigten auch unverzüglich nach der Eröffnung eines Kontos oder Depots abzuschließen.“ Allerdings muss das Konto oder Depot bis zum Abschluss der Überprüfung der Identität einer Sperre unterliegen, es dürfen keine Gelder und sonstige Vermögensgegenstände abverfügt werden.[50] Kontoeingänge oder der Erwerb von Wertpapieren gelten als unproblematisch, solange die Sperre bestehen bleibt und keine Weiterübertragungen möglich sind.[51]
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Die Identitätsüberprüfung ist unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, nach Konto- oder Depoteröffnung abzuschließen. Für den Fall, dass die Identitätsüberprüfung im vorgenannten Fall scheitert oder nicht abgeschlossen wird, trifft § 25j S. 3 KWG Vorsorge: Die Rückzahlung von bereits eingegangenen Geldern darf nur auf das Konto erfolgen, von dem sie übertragen wurden.[52] In der Praxis sollte von beiden Ausnahmetatbeständen nur in einzelnen, begründbaren Fällen Gebrauch gemacht werden. Die Handhabung von § 25j KWG ist zudem Gegenstand der Beurteilung im Rahmen der Jahresabschlussprüfung von Kreditinstituten.[53]
d) Begriff des Vertragspartners
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Vertragspartner ist jede natürliche oder juristische Person, mit der eine auf Dauer angelegte Geschäftsbeziehung eingegangen wird, bzw. im Falle einer Gelegenheitstransaktion die Partei, mit der das der Transaktion zugrundeliegende Auftrags- bzw. Geschäftsbesorgungsverhältnis geschlossen wird.[54]
aa) Abgrenzung zum Boten
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Nicht Vertragspartner i.S.d. GwG ist der Bote eines Vertragspartners, der lediglich eine Willenserklärung (des Vertragspartners) überbringt.[55] Separat zu prüfen ist, ob der Bote ggf. als für den Vertragspartner auftretende Person nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 GwG zu identifizieren ist.[56]
bb) Abgrenzung zum Bevollmächtigten
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Ebenfalls nicht als Vertragspartner zu qualifizieren ist der Bevollmächtigte bzw. Stellvertreter des Vertragspartners i.S.v. § 164 BGB, der eine eigene Willenserklärung im Namen des Vollmachtgebers bzw. vertretenen Vertragspartners abgibt.[57] Auch hier ist separat zu prüfen, ob der Bevollmächtigte ggf. als für den Vertragspartner auftretende Person nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 GwG zu identifizieren ist.[58]
cc) Abgrenzung zum Verfügungsberechtigten nach § 154 Abs. 2 Nr. 1 AO
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