26
Die dritte Alternative der Auslösung von Sorgfaltspflichten außerhalb bestehender Geschäftsbeziehungen besteht in der Durchführung „sonstiger“ Transaktionen i.H.v. min. 15 000 EUR. Hierunter fallen insbesondere die Ein- und Auszahlung von Bargeld, der An- und Verkauf von Reiseschecks sowie die Annahme und Abgabe von Wertpapieren und Edelmetallen.[24]
dd) Smurfing
27
Wichtig ist im Kontext der drei vorstehenden Konstellationen, dass mehrere einzelne Transaktionen, die jeweils unterhalb der Schwelle bleiben, nicht isoliert, sondern gesamthaft betrachtet werden, wenn zwischen ihnen eine Verbindung zu bestehen scheint (sog. Smurfing oder Structuring).[25] Eine Verbindung wird i.d.R. zu bejahen sein, wenn sich der Verdacht der künstlichen Aufsplittung eines großen Betrags aufdrängt und die Einzeltransaktionen innerhalb eines begrenzten Zeitraums erfolgen sowie große Ähnlichkeiten in Bezug auf den Geschäftsgegenstand und die Art der Geschäftsabwicklung aufweisen. Die Beurteilung im Einzelfall hat auf Basis aller relevanten Umstände zu erfolgen, dabei steht dem Kreditinstitut ein gewisser Beurteilungsspielraum zu. In jedem Falle sollten die Abwägungsgründe sowie die Entscheidung dokumentiert werden.[26]
c) Verdacht der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung, § 10 Abs. 3 Nr. 3 GwG
28
Das GwG bestimmt, dass Kreditinstitute allgemeine Sorgfaltspflichten zu erfüllen haben,[27] wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass „es sich bei Vermögensgegenständen, die mit einer Transaktion oder Geschäftsbeziehung im Zusammenhang stehen, um den Gegenstand von Geldwäsche handelt“, oder „die Vermögensgegenstände im Zusammenhang mit Terrorismusfinanzierung stehen“.[28] Bei der Beurteilung dieser Frage sind die einschlägigen Typologien- bzw. Anhaltspunktepapiere zu beachten.[29] Die verdachtsbegründenden Tatsachen müssen vom Kreditinstitut als solche erkannt werden und erfordern einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der konkret angetragenen Transaktion und der potentiellen Geldwäsche bzw. Terrorismusfinanzierung.[30]
d) Zweifel an Angaben zur Identität des Vertragspartners, § 10 Abs. 3 Nr. 4 GwG
29
Wenn Kreditinstitute im Rahmen einer bestehenden Geschäftsbeziehung oder der Durchführung einer Gelegenheitstransaktion Zweifel dran bekommen, dass die erhobenen Angaben zur Identität des Vertragspartners, der für den Vertragspartner auftretenden Person bzw. des wirtschaftlich Berechtigten (noch) zutreffend sind, sind allgemeine Sorgfaltspflichten zu erfüllen.[31]
30
Zweifel können z.B. entstehen, wenn Post an der vom Vertragspartner angegebenen Adresse nicht mehr zugestellt werden kann oder aufgrund äußerer, dem Kreditinstitut erkennbarer Umstände Hinweise auftreten, die darauf hindeuten, dass der Vertragspartner nicht für eigene, sondern für Rechnung Dritter handelt.
aa) Art und Umfang der Nachforschungspflicht
31
Art und Umfang der zu ergreifenden Maßnahmen richten sich nach der Intensität und Bedeutung der Geschäftsbeziehung bzw. Transaktion, bei deren Abwicklung Zweifel aufgekommen sind.[32] Grundsätzlich ist die Identifizierung und Identitätsüberprüfung jener Person bzw. Personen erneut durchzuführen, die Anlass zu Zweifeln gaben.[33] In diesem Rahmen sollte der Vertragspartner auch mit den bestehenden Zweifeln konfrontiert und um Klärung der offenen Fragen gebeten werden.[34] Lassen sich Zweifel auch dadurch nicht ausräumen, haben Kreditinstitute im Rahmen der ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten eine Nachforschungspflicht. So können Informationen ggf. im eigenen Unternehmen, extern oder bei Drittbanken beschafft werden, bei der eine weitere Kontobeziehung besteht. Handelt es sich beim Vertragspartner um eine juristische Person oder eingetragene Personengesellschaft nach § 20 GwG bzw. Rechtsgestaltung nach § 21 GwG kann zudem Einblick in das Transparenzregister nach §§ 18 ff. GwG genommen werden, um auf diese Weise weitere Informationen zu den wirtschaftlich Berechtigten zu erlangen.
bb) Beendigungsverpflichtung und Verdachtsmeldung
32
Weigert sich der Vertragspartner, Fragen zu sich selbst oder nach dem wirtschaftlich Berechtigten ausreichend zu beantworten, oder bleiben trotz angemessener Nachforschung Zweifel an der Identität des Vertragspartners, der für den Vertragspartner auftretenden Person bzw. des wirtschaftlich Berechtigten, greift die Beendigungsverpflichtung nach § 10 Abs. 9 S. 2 GwG. Diese wird durch ordentliche bzw. außerordentliche Kündigung der Geschäftsbeziehung erfüllt, ggf. unter Hinweis auf die bestehenden Mitwirkungspflichten des Vertragspartners nach § 11 Abs. 6 GwG und die gesetzliche Beendigungspflicht.[35]
33
Liegen Anhaltspunkte für Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung vor, ist zudem eine Verdachtsmeldung nach § 43 GwG zu erstatten.[36]
e) Risikobasierte Wiederholung der Sorgfaltspflichten bei Bestandskunden, § 10 Abs. 3a GwG
34
Neben den vorstehend genannten Auslösern bestimmt das GwG, dass Kreditinstitute die allgemeinen Sorgfaltspflichten nicht nur bei allen Neukunden, sondern auch bei Bestandskunden zu geeigneter Zeit auf risikobasierter Grundlage erneut zu erfüllen haben.[37] Die Wiederholung der allgemeinen Sorgfaltspflichten geht im Einzelfall über die Aktualisierungsverpflichtung nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 GwG hinaus.[38]
aa) Änderung maßgeblicher Umstände beim Kunden, § 10 Abs. 3a S. 2 Nr. 1 GwG
35
Kreditinstitute haben die allgemeinen Sorgfaltspflichten bei Bestandskunden zu erfüllen, wenn sich maßgebliche Umstände beim Kunden ändern. Die Änderung maßgeblicher Umstände beim Kunden kann unterschiedlicher Natur sein, z.B. bei juristischen Personen die Änderung der Gesellschaftsform, eine Unternehmensverschmelzung oder die Änderung der Eigentums- und Kontrollstruktur des Kunden. Entscheidend ist eine gewisse Materialität der betreffenden Änderung, denn nur wesentliche Neuerungen rechtfertigen den nicht unerheblichen Aufwand der erneuten Identifizierung und Identitätsüberprüfung des Vertragspartners und der für den Vertragspartner auftretenden Person sowie die Abklärung des wirtschaftlich Berechtigten. Die Bestimmung der Materialität hängt von institutsspezifischen Kriterien wie z.B. Kundenstruktur und Geschäftsmodell ab und liegt weitgehend im Ermessen der Kreditinstitute. Vor dem Hintergrund, dass die Kundenidentifizierung und die Aktualität der Kundeninformationen Gegenstand der Jahresabschlussprüfung von Kreditinstituten sind, sollten die Kriterien jedoch nicht zu streng sein. Dies könnte ggf. zu Beanstandungen durch den Prüfer führen, der sich im Rahmen von Stichproben auch für die Datenqualität einzelner Kundenakten zu interessieren hat.[39]
bb) Verpflichtung zum Kundenkontakt, § 10 Abs. 3a S. 2 Nr. 2 und 3 GwG
36
Kreditinstitute haben die allgemeinen Sorgfaltspflichten bei Bestandskunden außerdem zu erfüllen, wenn sie verpflichtet sind, den Kunden im Laufe des betreffenden Kalenderjahres zu kontaktieren, um etwaige einschlägige Informationen über den wirtschaftlich Berechtigten zu überprüfen, oder wenn sie dazu auf Basis der Richtlinie EU 2011/16 vom 15. Februar 2011 verpflichtet sind.
cc)