Umwandlungsgesetz. Oliver Schmidt. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oliver Schmidt
Издательство: Bookwire
Серия: Heidelberger Kommentar
Жанр произведения:
Год издания: 0
isbn: 9783811456150
Скачать книгу
vor, da es sich bereits nicht um unterschiedliche Rechtsformen handelt (Henssler/Strohn/Müller UmwG, § 29 Rn 4 mwN).

      15

      Mischverschmelzung können auch Verschmelzungen zwischen PersGes sein (zB OHG auf KG; hM Vollrath in Widmann/Mayer, § 29 Rn 11; Marsch-Barner in Kallmeyer, § 29 Rn 4; Schmitt/Hörtnagl/Stratz § 29 Rn 3). Das Barabfindungsangebot gilt unabhängig von der Möglichkeit, dass dem widersprechenden persönlich haftenden Gesellschafter die Stellung eines Kommanditisten gewährt wird (vgl § 43 Abs 2 S 1 1. HS). Bei der Verschmelzung einer KG auf eine OHG spielt die Barabfindung keine Rolle, weil die Verschmelzung nur mit Zustimmung aller Gesellschafter erfolgen kann (vgl § 40 Abs 2 S 2).

      16

      Soweit an Verschmelzungen AG und KGaA beteiligt sind, handelt es sich gem § 78 S 4 nicht um einen Fall der Mischverschmelzung iSd § 29. Ebenfalls keine Mischverschmelzung liegt im Fall des bloßen Wechsels des Börsensegments oder bei Verschmelzung auf eine in einem anderen Börsensegment gehandelte AG vor (vgl OLG München NZG 2008, 755).

      17

      Zur Mischverschmelzung gehört trotz identischer gesellschaftsrechtlicher Rechtsform als Sonderfall die Verschmelzung einer börsennotierten AG auf eine nicht börsennotierte AG. Aus wirtschaftlicher Sicht führt die Verschmelzung für die Anteilsinhaber des übertragenden börsennotierten Rechtsträgers zu einer Beschränkung der Veräußerungsmöglichkeit ihrer Anteile, was insbes dem der Mischverschmelzung in § 29 Abs 1 S 2 gleichgestellten Fall der rechtlichen Verfügungsbeschränkung vergleichbar ist. Soll eine börsennotierte AG zunächst auf eine nicht börsennotierte Gesellschaft, inbes eine AG, verschmolzen werden und im unmittelbaren Anschluss an das Wirksamwerden der Verschmelzung einer Börsennotierung der aufnehmenden Gesellschaft stattfinden, ohne dass eine zeitliche Lücke in der Börsennotierung des übertragenden und des übernehmenden Rechtsträgers entsteht, so ist eine Ausnahme von der Pflicht zur Abgabe eines Barabfindungsangebots denkbar (vgl Henssler/Strohn/Müller UmwG, § 29 Rn 7). Für die Börsennotierung ist die Legaldefinition in § 3 Abs 2 AktG heranzuziehen. Entsprechend der Legaldefinition in § 3 Abs 2 AktG liegt auch keine Börsennotierung bei Aktien vor, die im Freiverkehr gehandelt werden. Daher ist § 29 Abs1 S 2 nach zutr Auffassung auch auf Fälle der Verschmelzung anwendbar, in den eine börsennotierte AG auf eine AG verschmolzen wird, deren Aktien lediglich im Freiverkehr gehandelt werden (Henssler/Strohn/Müller UmwG, § 29 Rn 6; aA Simon/Burg Der Konzern 2009, 214, 218).

      18

      

      Beim sog kalten Delisting findet § 29 analog Anwendung (OLG Düsseldorf AG 2005, 480; LG Köln ZIP 2004, 220; vgl Grunewald ZIP 2004, 542). Zur Überprüfung des aktienrechtlichen Pflichtangebots beim Delisting im Spruchverfahren (BGH ZIP 2003, 387).

      19

      Die Verpflichtung zur Abgabe eines Barabfindungsangebots beschränkt sich auf die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers, die gegen den Verschmelzungsbeschluss gestimmt haben und Widerspruch zur Niederschrift in das Protokoll über die beschließende Versammlung der Anteilsinhaber erklärt haben. Das bloße Stimmen gegen den Verschmelzungsbeschluss reicht nicht aus (BGH NJW 1989, 2693; Grunewald in Lutter, § 29 Rn 11). Der Anteilsinhaber muss zudem zur Niederschrift im Versammlungsprotokoll angegeben haben, dass er nicht Anteilsinhaber des übernehmenden Rechtsträgers werden will. Obwohl der Wortlaut des § 29 Abs 1 S 1 nicht ausdrücklich voraussetzt, dass der Anteilsinhaber gegen die Verschmelzung stimmt, ist die Barabfindung grds an die Voraussetzung geknüpft, dass der Anteilsinhaber gegen die Verschmelzung stimmt (hM Kalss in Semler/Stengel, § 29 Rn 22; aA Marsch-Barner in Kallmeyer, § 29 Rn 15 mit Verweis auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut). Der Anteilsinhaber fällt nur in den Schutzbereich des § 29, wenn die Verschmelzung gegen seinen Willen beschlossen wird; dulden der Verschmelzung und liquidieren der Barabfindung sind nicht zulässig. Ausnahmen gelten, wenn der Anteilsinhaber aufgrund gesellschaftsrechtlicher Treuepflicht oder einer Vereinbarung (Stimmenpool) an einer Stimmenabgabe gegen die Verschmelzung gehindert ist (differenzierend Grunewald in Lutter, § 29 Rn 10).

      20

      Erforderlich ist, dass der Widerspruch unmittelbar in der Versammlung erklärt wird, in der der Beschl zur Verschmelzung gefasst worden ist. Dies berücksichtigt das Bedürfnis des übernehmenden Rechtsträgers, möglichst schnell den maximalen Umfang einer von ihm zu leistenden Barabfindung zu kennen. Zusätzliche Barabfindungen sind nur noch an Anteilsinhaber zu zahlen, die gem § 29 Abs 2 auch ohne Widerspruch berechtigt sind, gegen Barabfindung aus dem übernehmenden Rechtsträger auszutreten (vgl Rn 53 ff). Eine Begründung des Widerspruchs ist nicht erforderlich; der Widerspruch wahrt nur die Rechtsstellung des überstimmten Anteilsinhabers.

      21

      Ist str, ob der Anteilsinhaber Widerspruch eingelegt hat, beschränkt sich die Darlegungs- und Beweislast auf den Widerspruch. Eine nicht ordnungsgemäße Niederschrift hindert dagegen nicht den Anspruch auf ein Barabfindungsangebot. Die Niederschrift als Formvorschrift dient dem Informationsinteresse des übernehmenden Rechtsträgers (Winter/Grunewald in Lutter, § 29 Rn 16). Auf eine fehlende Niederschrift kann er sich nicht berufen, wenn der Anteilsinhaber den Widerspruch anderweitig beweist (Marsch-Barner in Kallmeyer, § 29 Rn 12; Winter/Grunewald in Lutter, § 29 Rn 12).

      22

      § 29 Abs 1 S 2 stellt der Mischverschmelzung die Verschmelzungsvorgänge gleich, bei denen Rechtsträger gleicher Rechtsform beteiligt sind, und die Anteile am übernehmenden Rechtsträger Verfügungsbeschränkungen unterliegen. Die Verfügungsbeschränkung führt zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Rechtsposition der Anteilsinhaber.

      23

      Inwieweit bereits beim übertragenden Rechtsträger die Verfügbarkeit der Anteile beschränkt ist, spielt aufgrund des eindeutigen Wortlauts grds keine Rolle (hM Vollrath in Widmann/Mayer, § 29 Rn 13; Winter/Grunewald in Lutter, § 29 Rn 5). Etwas anderes soll nach dem Zweck der Vorschrift allerdings gelten, wenn die Verhältnisse bei beiden Rechtsträgern identisch sind, so dass sich die Stellung des Anteilsinhaber weder rechtlich noch tatsächlich durch die Verschmelzung verschlechtert; zB die Verschmelzung auf eine Schwestergesellschaft gleicher Rechtsform mit denselben Anteilsinhabern (hM; Schmitt/Hörtnagl/Stratz § 29 Rn 10; Kalss in Semler/Stengel, § 29 Rn 12 (teleologische Reduktion); Vollrath in Widmann/Mayer, § 29 Rn 13 (gesellschaftsrechtliche Treuepflicht); einschränkend Winter/Grunewald in Lutter, § 29 Rn 5). Abgesehen von diesem Sonderfall erscheint es aber zweifelhaft, wie bzw woran eine rechtliche und tatsächlich identische Rechtsposition eines