Handbuch des Strafrechts. Jan C. Joerden. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jan C. Joerden
Издательство: Bookwire
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Жанр произведения:
Год издания: 0
isbn: 9783811449442
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späteren Filter passieren darf und soll“.[102]

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      Sollen nun die objektiven Handlungsunrechtskomponenten beim Vorsatzdelikt näher umschrieben werden, so scheint sich bereits mit der Benennung einer „pflichtwidrigen Risikoschaffung“ als Voraussetzung eines auch „objektiven“ Handlungsunrechts, aber auch auf Grund der vorangegangenen Ausführungen schon terminologisch die Frage aufzudrängen, ob hier nicht letztlich aus der Fahrlässigkeitsstrafbarkeit bekannte Elemente auch zur Konturierung der Vorsatzstrafbarkeit herangezogen werden können bzw. sogar müssen oder aber ob die Anforderungen an die objektive Pflichtwidrigkeit des Verhaltens – da beim Vorsatzdelikt eben nur einen Teil des Handlungsunrechts ausmachend – niedriger anzusetzen sind:

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Variante a: Ohne dass B dies merken kann, hat Passant P die Absperrung überwunden und geht am Abrisshaus entlang, um einige Meter Weg zu sparen. Gerade, als er unten am Ende der Röhre vorbeikommt, kommt eine Ladung Schutt unten an; ein Ziegelstein trifft P und verletzt ihn.
Variante b: B ärgert sich, dass immer wieder Passanten den Weg abkürzen; als er P unten am Haus vorbeilaufen sieht, passt er ihn genau ab, wirft eine Schaufel Schutt in die Röhre und tritt – wie erhofft und berechnet – den unten vorbeilaufenden P.

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      Während man in Variante a kaum überzeugend eine Fahrlässigkeit (§ 229 StGB) des B annehmen kann, erschiene es in Variante b ebenso befremdlich, den Tatbestand des § 223 StGB zu verneinen, und zumindest äußerst gekünstelt, diese erst mittels Hilfskonstruktionen wie der actio illicita in causa, einer mittelbaren Täterschaft o.ä. zu begründen. Zwar mag man auf den ersten Blick gegen dieses Beispiel einwenden, dass B, der ursprünglich die Kenntnisse aus Variante b hatte (d.h. den P gesehen hatte), aber konkret nicht mehr an die Gefährlichkeit dachte oder auf einen guten Ausgang vertraute (und z.B. P nur erschrecken wollte), natürlich doch wieder fahrlässig handeln würde. Bei dieser Blickweise, welche die (sonst fehlenden) Voraussetzungen des Vorsatzdelikts in das Fahrlässigkeitsdelikt implementiert, würde aber nicht nur die Aussage, dass in jedem Vorsatz- zugleich ein Fahrlässigkeitsdelikt steckt, ihre informative Substanz weitgehend verlieren. Vielmehr würde dann auch eine Voraussetzung des subjektiven Tatbestandes benötigt, um (über den Hebel der dann bejahbaren Fahrlässigkeit) über die objektive Tatbestandsmäßigkeit zu entscheiden.

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