Ausgangsfall
Will Mona ihre Ansprüche auf Nachlieferung und Kostenersatz klageweise geltend machen, muss sie zunächst das nachfolgende Prüfungsschema zur Zulässigkeit „abarbeiten“, damit das Gericht überhaupt in die Prüfung der materiellen Rechtslage einsteigt.
Zulässigkeit der Klage
I.Ordnungsgemäße Klageerhebung
1.Bezeichnung Parteien, Gericht, Klagegrund
2.bestimmter Antrag
3.Unterschrift
4.Postulationsfähigkeit
II.Gerichtsstandsbezogene Sachurteilsvoraussetzungen
1.Internationale Zuständigkeit
2.Zivilrechtsweg
3.sachliche Zuständigkeit
4.örtliche Zuständigkeit
III.Parteibezogene Sachurteilsvoraussetzungen
1.Parteifähigkeit
2.Prozessfähigkeit
3.Prozessführungsbefugnis
gewillkürte ProzessstandschaftRn. 130 ff.
IV.Streitgegenstandsbezogene Sachurteilsvoraussetzungen
1.Schlichtungsversuch vor Klageerhebung
2.Rechtsschutzbedürfnis
3.keine anderweitige Rechtshängigkeit
4.keine entgegenstehende Rechtskraft
JURIQ-Klausurtipp
Das Gericht muss stets zuerst die Zulässigkeit und dann die Begründetheit prüfen. Dies gilt grundsätzlich auch für die Examensklausur. In der Klausur kann nur bei entsprechender Fragestellung von dieser Reihenfolge abgewichen werden. Soll zur Zulässigkeit der Klage Stellung genommen werden, sind nur diejenigen Prozessvoraussetzungen im Gutachtenstil ausführlicher zu behandeln, die im Text problematisiert werden. Die übrigen Prozessvoraussetzungen können im Urteilsstil in einem Satz „abgehandelt werden“.
2. Teil Erkenntnisverfahren › C. Die Zulässigkeit der Klage › II. Ordnungsgemäße Klageerhebung
II. Ordnungsgemäße Klageerhebung
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Ein Zivilprozess setzt eine Initiative des Klägers voraus (Dispositionsgrundsatz). Der Prozess wird durch die Erhebung der Klage in Gang gesetzt (§ 253 ZPO). Die Klage wird bei Gericht eingereicht; damit wird sie anhängig. Das Gericht stellt die Klage dann dem Beklagten zu; damit wird sie rechtshängig (§§ 261 Abs. 1, 253 Abs. 1 ZPO). Ab diesem Zeitpunkt existiert ein Prozessrechtsverhältnis. Bei der Ausarbeitung einer Klageschrift sind Kreativität und handwerkliches Können der Anwälte gefragt. Da es keine Vordrucke gibt, kann die Klage lang oder kurz, schnörkelig oder sachlich, ironisch oder zynisch, mit oder ohne Rechtschreibfehler formuliert sein. Für jede Klage gibt es aber gesetzliche Mindestbedingungen. Jede Klage muss den Anforderungen des § 253 Abs. 2 ZPO genügen. Hierzu gehören die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts, die Angabe des Klagegegenstands und des Klagegrunds, ein bestimmter Antrag sowie die Unterschrift der Partei bzw. des Rechtsanwalts. Sind die Angaben nach § 253 Abs. 2 ZPO lückenhaft und wird auch nicht nachgebessert, ist die zugestellte Klage als unzulässig abzuweisen.[4] Außerdem sollte die Klageschrift nach § 253 Abs. 3 ZPO weitere Angaben enthalten. Diese Förmlichkeiten dienen dazu, dass sich der Beklagte gegen die klägerische Forderung verteidigen kann.[5] Der Richter/die Richterin prüft nun anhand der Klageschrift, ob die Förmlichkeiten eingehalten wurden.
1. Parteien
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Kläger und Beklagter sind in der Klageschrift zu bezeichnen (§ 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Vorschrift wird durch die Sollbestimmung des § 130 Nr. 1 ZPO konkretisiert, wonach die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter nach Namen, Stand, Gewerbe, Wohnort und Parteistellung bezeichnet werden sollen. In jedem Fall muss eine ladungsfähige Anschrift angegeben werden.[6] Wird diese Mitteilung verweigert, ist die Klage unzulässig. Kleinere Mängel bei der Parteibezeichnung (z.B. falscher Vorname) können später noch im Wege der Parteiberichtigung (§ 319 ZPO) korrigiert werden. Ausreichend ist jedenfalls eine Individualisierung der Parteien derart, dass es nicht zu Verwechslungen kommt.
2. Gericht
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Des Weiteren muss der Kläger das Gericht angeben (§ 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), das nach seiner Meinung örtlich und sachlich für den Fall zuständig ist. Dieses Gericht hat den „Erstzugriff“ auf die Klage und ist zunächst verpflichtet, seine Zuständigkeit und die ordnungsgemäße Klageerhebung zu prüfen.
3. Angabe des Klagegegenstandes und des Klagegrundes
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Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sind der Gegenstand und der Grund des erhobenen Anspruchs anzugeben. Der Begriff „Anspruch“ ist hier nicht im Sinne des § 194 BGB zu verstehen. Vielmehr geht es um die Festlegung des Streitgegenstands, so dass der zugrunde liegende Lebenssachverhalt (das tatsächliche Geschehen) anzugeben ist.[7]
4. Bestimmter Antrag
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Die Klageschrift muss nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 a.E. ZPO einen bestimmten Antrag enthalten. Der Kläger muss dem Gericht deutlich machen, was er will. Je nach Streitgegenstand variieren die Anforderungen an die Genauigkeit.[8] Gegebenenfalls ist der Antrag auszulegen und das als gewollt anzusehen, was nach dem Gesetz vernünftig ist und der Interessenlage der Partei entspricht (s. auch Rn. 169).[9] Das Gericht ist an diesen Antrag gebunden (§ 308 ZPO). Der Kläger kann auch mehrere Anträge stellen (§ 260 ZPO) oder seinen Antrag später unter bestimmten Voraussetzungen abändern (§ 263 ZPO). Die Vielfalt von möglichen Anträgen ist groß. In Betracht kommen Anträge auf Leistung, Gestaltung oder Feststellung (= Klagearten).
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