Ausgangsfall
Die Klage von Mona wird vor dem Amtsgericht erhoben. Hier könnte Mona ihre Klage auch ohne anwaltliche Vertretung erheben. Vor den Amtsgerichten besteht – außer in Familiensachen – kein Anwaltszwang (§ 78 Abs. 1 ZPO). Mona ist daher postulationsfähig und kann die Klage selbst unterschreiben. In der Praxis lassen sich die Parteien allerdings häufig auch bei den Amtsgerichten anwaltlich vertreten. Denn es ist nicht gerade einfach, als Laie einen „guten Antrag“ zu formulieren. Mona sieht das genauso, auch wenn die Einschaltung eines Anwalts mit Kosten verbunden ist. Bestellt Mona einen Anwalt, muss das Gericht alle Zustellungen an ihn bewirken (§ 172 ZPO).[22] Zustellen kann das Gericht ab 1.1.2018 an das beA des Anwalts (§ 174 Abs. 3 ZPO). Eine ganz andere Frage ist, welcher Anwalt für den jeweiligen Streitfall geeignet ist. Mittlerweile gibt es 23 Fachanwaltschaften (vgl. § 43c BRAO), die eine werbewirksame Spezialisierung für bestimmte Rechtsgebiete erlauben. Da es keinen „Fachanwalt für Kaufrecht“ gibt, wird Mona durch eine „normale“ Anwältin vertreten.
b) Anwaltsgesellschaften
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Eine Gesellschaft ist nur dann postulationsfähig, wenn das Gesetz diese Befugnis ausdrücklich verleiht. Bei der Partnerschaftsgesellschaft, der PartmbB (§ 8 Abs. 4 PartGG) und der Rechtsanwalts-GmbH wird verlangt, dass die Gesellschaft selbst durch einen postulationsfähigen Rechtsanwalt handelt.[23] Die Existenz der EU bringt es mit sich, dass auch in Deutschland zunehmend ausländische Anwälte bzw. Anwaltsgesellschaften auftreten. Der BGH musste folgenden Fall entscheiden.[24] Eine Partei hatte eine englische LLP (Limited Liability Partnership) mit Niederlassung in Deutschland bevollmächtigt, Berufung für sie einzulegen. Ein Anwalt der LLP unterschrieb die Berufungsschrift unter Hinweis auf seine Stellung als Partner, Rechtsanwalt und Solicitor. Der BGH ließ offen, ob eine englische LLP selbst postulationsfähig ist. Die Unterzeichnung durch den deutschen Anwalt der LLP sei jedenfalls so auszulegen, dass er nicht nur im Namen der LLP, sondern zugleich im eigenen Namen handelt. Dass die Vollmacht des Klägers nur auf die LLP lautete, war ohne Belang. Denn die fehlende Vollmachterteilung könne nachträglich geheilt werden.
7. Weiterer (Soll-)Inhalt
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Die Sollangaben finden sich in § 253 Abs. 3 ZPO. Die Vorschrift wurde durch das Mediationsgesetz (Rn. 12) neu gefasst. Nunmehr soll die Klageschrift die Angabe enthalten, ob zwischen den Parteien bereits ein Mediationsverfahren oder ein anderes Verfahren zur außergerichtlichen Konfliktlösung stattgefunden hat (§ 253 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Zudem soll die Klagepartei erklären, ob einem solchen gütlichen Verfahren Gründe entgegenstehen (§ 253 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Damit wird bezweckt, den Kläger (und die Anwaltschaft) frühzeitig für gütliche Lösungen zu sensibilisieren. Des Weiteren soll die Klage die Angabe des Wertes des Streitgegenstands enthalten (§ 253 Abs. 3 Nr. 2 ZPO). Das ist wichtig, weil hiervon die sachliche Zuständigkeit des Gerichts abhängt und sie Grundlage für den Gerichtskostenvorschuss ist. Die Klage soll außerdem eine Äußerung enthalten, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter (§ 348 ZPO) Gründe entgegenstehen (§ 253 Abs. 3 Nr. 3 ZPO).[25] Das Fehlen dieser Angaben macht die Klage aber nicht unzulässig. Der Kläger muss keinen Antrag zur Kostentragung und zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stellen, da das Gericht hierüber von Amts wegen entscheidet. In der Praxis werden derartige Anträge dennoch regelmäßig gestellt. Der Kläger braucht auch nicht vorzutragen, auf welche materiellen Anspruchsgrundlagen er seine Klage stützt. Es gilt der Grundsatz „iura novit curia“, d.h. das Gericht kennt das Recht. Dennoch ist es üblich, eine rechtliche Würdigung des Falls bereits in der Klage vorzutragen, um das Gericht von der eigenen Rechtsauffassung zu überzeugen. Auf die eigene rechtliche Beurteilung sollte man daher keinesfalls verzichten.[26] Das Gericht muss sich mit den vorgetragenen Standpunkten auseinandersetzen und gegebenenfalls rechtliche Hinweise (§ 139 ZPO) geben.
8. Beispiel für eine Klageschrift
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Mona fertigt zusammen mit ihrer Rechtsanwältin Roslinde Huber anhand der Vorgaben des § 253 Abs. 2, 3 ZPO folgenden Klageentwurf:
Huber & Kollegen Rechtsanwälte | |
Amtsgericht Köln – Zivilkammer – 50939 Köln | Roslinde Huber Klaus Meier Mühlstr. 1 5000 Köln Telefon: 0815-2 E-Mail:[email protected] |
Unser Zeichen: 112233/RH Datum: 28.2.2017 | |
KLAGE in dem Rechtsstreit | |
Mona Moos, Burgstr. 1, 5000 Köln – Klägerin – Prozessbevollmächtigte: Huber & Kollegen, Rechtsanwälte, Mühlstr. 1, 5000 Köln | |
Gegen | |
VORORT Fliesen GmbH, gesetzlich vertreten durch den Geschäftsführer Gerald Grün, Kirchenweg 1, 5000 Köln – Beklagte – | |
wegen Forderung | |
Streitwert EUR 3000 | |
Wir zahlen Gerichtskosten in Höhe von EUR 267,00 per Verrechnungsscheck ein. Wir zeigen an, dass die Klägerin uns zu ihren Prozessbevollmächtigten bestellt hat. In ihrem Namen und Auftrag erheben wir Klage zum Amtsgericht Köln mit dem | |
Antrag | |
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 30 Fliesen (Vario Premium weiß, Typ XY) zu übereignen sowie 2400 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen. II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. | |
Wir regen die Anberaumung eines frühen ersten Termins zur mündlichen Verhandlung an. Für den Fall des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen stellen wir hiermit ausdrücklich Antrag auf Erlass eines Anerkenntnis- bzw. Versäumnisurteils. Ein außergerichtliches Konfliktbeilegungsverfahren haben die Parteien nicht durchgeführt; aus Sicht der Klägerin stehen einem solchen Verfahren keine Gründe entgegen. | |
Begründung: | |
A. Sachverhalt Am 2.1.2017 kaufte die Klägerin bei der Beklagten 30 Fliesen der Marke „Vario Premium weiß Typ XY“ zum Kaufpreis von insgesamt EUR 600. Beweis: Vorlage des Kaufvertrags vom 2.1.2017 – Anlage K 1 – | |
Bei der Auswahl der Fliesen sicherte der Verkäufer gegenüber der Klägerin die herausragende Qualität der streitgegenständlichen Fliesen zu.
Beweis: Volker Vossen, Verkäufer der
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