Beispiele
Formulierungen für einen Klageantrag auf Leistung
„Der Beklagte wird verurteilt, 30 Fliesen der Marke XY an den Kläger zu übereignen.“
„Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2400 € zu zahlen.“
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Eine Klage auf Zahlung muss grundsätzlich exakt beziffert werden. Der Kläger muss den Umfang seines Begehrens genau festlegen. Ausnahmsweise ist allerdings auch ein unbezifferter Antrag erlaubt. Die nötige Bestimmtheit wird im Ergebnis dadurch erreicht, dass der Kläger die Schätzungsgrundlagen im Einzelnen darlegt.[10] Ob der Kläger zumindest eine Größenanordnung vorgeben muss (zwischen 100 000 € und 150 000 €), ist streitig. Der BGH verlangt jedenfalls dann einen Schätzwert, wenn der Kläger ein Rechtsmittel gegen die richterliche Entscheidung einlegen möchte.[11] Denn die Einlegung eines Rechtsmittels ist nur möglich, wenn das Urteil von den (geäußerten) Vorstellungen des Klägers negativ abweicht. Unbezifferte Zahlungsanträge sind vor allem bei Schmerzensgeldklagen erlaubt, in denen das Gericht bei der Festsetzung der „billigen Entschädigung“ (§ 253 Abs. 2 BGB) einen Spielraum hat. Außerdem wird der unbezifferte Klageantrag in den Fällen für zulässig erachtet, in denen das Gericht einen eingetretenen Schaden schätzen darf (§ 287 ZPO), wie beispielsweise bei Entschädigungsklagen nach dem AGG.[12] Auch bei der sog. Stufenklage (§ 254 ZPO) darf der Kläger einen Auskunftsantrag mit einem unbezifferten Leistungsantrag verbinden. Eine besondere Fallgruppe bilden Klagen, die auf eine zukünftige Leistung lauten. Unter bestimmten Voraussetzungen sind derartige Klagen zulässig (§§ 257–259 ZPO). Dies ist beispielsweise bei Unterhaltsansprüchen der Fall (§ 258 ZPO).
b) Feststellungsklage
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Grundsätzlich gilt der Vorrang der Leistungsklage.[13] Eine Feststellungsklage kann daher nur erhoben werden, wenn eine Leistungsklage mangels Bezifferung noch nicht möglich ist. Wurde beispielsweise Mona von einem Auto angefahren und steht noch nicht fest, welche Operationen nach dem Unfall nötig sind, kann Feststellungsklage erhoben werden.
Beispiel
Formulierung eines Feststellungsantrags
„Es wird festgestellt, dass der Beklagte gegenüber der Klägerin für alle Folgeschäden aus dem Unfall vom 1.2.2018 haftbar ist.“
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Mit der Feststellungsklage begehrt der Kläger lediglich die Klärung der Rechtslage. Festgestellt werden kann nach § 256 ZPO das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses (positive und negative Feststellungsklage). Rechtsverhältnis ist jede rechtliche Beziehung zwischen Personen oder Personen und Sachen (z.B. Eigentum an einer Sache oder Vertragsschluss zwischen zwei Personen).[14] Bloße Tatsachen (z.B. die Mangelhaftigkeit der von Mona gekauften Fliesen) oder abstrakte Rechtsfragen sind kein „Rechtsverhältnis“. Im Gegensatz zur Leistungsklage enthält die Feststellungsklage keinen Leistungsbefehl an den Beklagten. Dementsprechend hat das Feststellungsurteil keinen vollstreckungsfähigen Inhalt. Die ZPO geht daher vom Vorrang der Leistungsklage aus. Um die Gerichte vor überflüssigen Feststellungsklagen zu schützen, bedarf es für deren Zulässigkeit eines besonderen Feststellungsinteresses.
c) Gestaltungsklage
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Mit der Gestaltungsklage wird die Umgestaltung eines zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses durch richterliches Urteil angestrebt. Eine Gestaltungsklage kann nur in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen erhoben werden. Das materielle Recht erlaubt es vor allem in bestimmten handelsrechtlichen und familienrechtlichen Konstellationen nicht, dass das Rechtsverhältnis durch einseitige Willenserklärung aufgelöst wird. Vielmehr ist hierzu ein richterlicher Gestaltungsakt erforderlich.
Beispiele
Handelsrechtliche Gestaltungsklagen sind:
die Klage auf Ausschließung eines Gesellschafters (§ 140 HGB), die Klage auf Entziehung der Vertretungsmacht (§ 127 HGB) sowie die Nichtigerklärung eines Gesellschafterbeschlusses (§ 241 Nr. 5 AktG). Beispiele für familienrechtliche Gestaltungsklagen sind der Ehescheidungsantrag (§ 1564 BGB) oder der Antrag auf Vaterschaftsfeststellung (§ 1600d BGB). Beispiele für prozessuale Gestaltungsklagen sind die Abänderungsklage (§ 323 ZPO), die Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) oder die Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO).
5. Unterschrift
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Die Klageschrift muss eigenhändig unterschrieben sein (§§ 253 Abs. 4, 130 Nr. 6 ZPO). Obwohl § 130 Nr. 6 ZPO lediglich eine Soll-Vorschrift enthält, verlangt die ganz h.M. für bestimmende Schriftsätze (Klage, Berufungseinlegung) zwingend die Unterschrift. Die Unterschrift beweist dem Gericht, dass es einen bestimmten Urheber gibt, der die Verantwortung für den Prozess übernehmen wird.[15] In Prozessen mit Anwaltszwang (§ 78 ZPO) muss daher der Anwalt die Klage unterschreiben, da nur er berechtigt (= postulationsfähig) ist, vor dem Gericht Prozesshandlungen vorzunehmen. Andernfalls ist die Klage nicht wirksam erhoben (siehe sogleich unter Postulationsfähigkeit). Aber selbst dann ist Unterschrift nicht gleich Unterschrift. Die Gerichte lassen beispielsweise eine unleserliche Unterschrift nicht genügen![16] Die Technik stellt die Gerichte vor neue Herausforderungen. Bei Telefax und Computerfax wird im Interesse moderner Kommunikationsmittel auf das Erfordernis der Originalunterschrift verzichtet.[17]
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Eine weitere Erleichterung ist die elektronische Kommunikation mit den Gerichten. So besteht mittlerweile die Möglichkeit, die Klage (bzw. andere Dokumente etc.) als elektronisches Dokument (§ 130a ZPO) einzureichen. Die Norm wurde zum 1.1.2018 neu gefasst (Rn. 14). Um eine Authentifizierung des Absenders zu gewährleisten, kann das elektronische Dokument entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen werden oder signiert und über einen sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden (§ 130a Abs. 3 ZPO). Als sicherer Weg gilt nach § 130a Abs. 4 Nr. 2 ZPO insbesondere das beA (besondere elektronische Anwaltspostfach gem. § 31a BRAO). Die jeweiligen Dateien sind in einem zulässigen Format (PDF) einzureichen (§ 130a Abs. 2 S. 2 i.V.m. ERV-VO).[18] Falls das elektronische Dokument für die gerichtliche Bearbeitung nicht geeignet ist, wird der Absender darüber informiert und die „Nachreichung auf normalem Weg“ gestattet (§ 130a Abs. 6 ZPO). Spätestens ab 2022 besteht für Anwälte die Pflicht zur elektronischen Einreichung (§ 130d n.F.).[19] Der Begriff „Schriftsatz“ (körperliches Papierdokument) ist damit am Aussterben.
6. Postulationsfähigkeit
a) Parteiprozesse und Anwaltsprozesse
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Postulationsfähigkeit bedeutet die Fähigkeit, vor Gericht wirksame Prozesshandlungen vornehmen