OLG Zweibrücken BtPrax 2000, 109.
Dodegge/Roth A Rn. 158.
B. Das gerichtliche Verfahren bis zur Bestellung eines Betreuers › VII. Das Sachverständigengutachten › 13. Unterbringung zur Begutachtung
13. Unterbringung zur Begutachtung
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Ist eine Vorführung zur Untersuchung des Betroffenen nicht durchführbar, besteht für den Richter nach Art. 104 GG, § 5 RPflG die Möglichkeit, den Betroffenen gem. § 284 FamFG zum Zwecke der Vorbereitung des Gutachtens geschlossen unterzubringen. Folgende Voraussetzungen müssen gegeben sein:
– | Vorherige Anhörung eines qualifizierten Sachverständigen (s.o.). Der Sachverständige soll zumindest einen persönlichen Eindruck Eindruck von dem Betroffenen haben; |
– | Bestellung eines Verfahrenspflegers, § 276 FamFG; |
– | vorherige Androhung der Unterbringung gegenüber dem Betroffenen; |
– | persönliche Anhörung des Betroffenen zum Ergebnis der Sachverständigenanhörung; |
– | Prüfung der Erforderlichkeit der Unterbringung. Das BetrG muss prüfen, ob die Vorlage eines ärztlichen Attests ausreicht. |
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Die Unterbringung darf nicht länger als sechs Wochen dauern, § 284 Abs. 2 S. 1 FamFG. Der Betroffene ist nicht verpflichtet, im Rahmen von Untersuchungsmaßnahmen zu kooperieren.[1] Zwangsbehandlungen sind ausnahmslos unzulässig.[2] Der Betroffene kann sich in Schweigen hüllen und braucht an der Exploration nicht mitzuwirken. Die Unterbringung kann durch mehrere Anordnungen bis auf insgesamt drei Monate verlängert werden, § 284 Abs. 2 S. 2 FamFG. Die Anordnung zur Unterbringung rechtfertigt nicht per se die zwangsweise Vorführung. Für Letztere ist eine Ermächtigung der Betreuungsbehörde nach § 283 FamFG erforderlich. Im Unterbringungsgenehmigungsverfahren sind die vorgenannten Bestimmungen nach § 322 FamFG ebenfalls anzuwenden.
Anmerkungen
BayObLG FGPrax 2001, 78.
Umkehrschluss aus BGH BtPrax 2006, 145; OLG BrandenburgFamRZ 1997, 1019.
B. Das gerichtliche Verfahren bis zur Bestellung eines Betreuers › VII. Das Sachverständigengutachten › 14. Rechtsmittel
14. Rechtsmittel
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Der Betroffene kann wegen Verfahrensfehlern (z.B. Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz) das Rechtsmittel der Beschwerde einlegen.[1] Erledigte sich die Unterbringung durch Zeitablauf, ist die Beschwerde auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit umzustellen.[2] Werden dem Betroffenen durch Beschluss Mitwirkungspflichten auferlegt bzw. der Sachverständige ermächtigt, invasive Eingriffe vorzunehmen, besteht eine Beschwerdeberechtigung des Betroffenen gem. § 59 FamFG.
Die Auswahl eines Sachverständigen, die Formulierung eines Beweisbeschlusses oder die Anordnung einer Begutachtung legt dem Betroffenen jedoch keine Handungspflichten auf. Insoweit liegen unanfechtbare Zwischenverfügungen vor.[3] Der Betroffene ist nicht verpflichtet, sich zum Zwecke der Begutachtung untersuchen zu lassen.[4] Das Gutachten zur Betreuungsbedürftigkeit ist dem Betroffenen grundsätzlich vollständig, schriftlich und rechtzeitig vor der persönlichen Anhörung mitzuteilen.[5] Hiervon darf nur abgewichen werden für den Fall einer ernsthaft möglichen Gesundheitsschädigung des Betroffenen. In einem solchen Fall ist dem Betroffenen zur Wahrung seiner Rechte ein Verfahrenspfleger zu bestellen. Bei Nichtbeachtung der Verfahrensrechte des Betroffenen besteht die Möglichkeit der Beschwerde.
Anmerkungen
OLG Hamm FamRZ 2000, 494.
BayObLG FamRZ 2001, 1559; 2002, 419; 2003, 60; KG FamRZ 2001, 172; 2002, 338.
BayObLG FamRZ 2001, 707; 2003, 189; 2005, 390; OLG München BtPrax 2006, 150; OLG Köln FamRZ 2001, 311; OLG Zweibrücken BtPrax 2000, 224; a.A. KG FG Prax 2002, 63; FamRZ 2001, 311.
BGH FamRZ 2008, 774, 775.
OLG München BtPrax 2005, 231.
B. Das gerichtliche Verfahren bis zur Bestellung eines Betreuers › VIII. Der Verfahrenspfleger
B. Das gerichtliche Verfahren bis zur Bestellung eines Betreuers › VIII. Der Verfahrenspfleger › 1. Stellung und Aufgaben des Verfahrenspflegers im anhängigen Betreuungsverfahren
1. Stellung und Aufgaben des Verfahrenspflegers im anhängigen Betreuungsverfahren
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Nach § 276 FamFG ist dem Betroffenen im Rahmen des anhängigen Betreuungsverfahrens ein Verfahrenspfleger zu bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist. Die § 297 Abs. 4 und § 298 Abs. 3 FamFG treffen weitere Regelungen für Genehmigungen nach § 1904 oder § 1905 BGB und § 317 FamFG für Unterbringungsverfahren. Seit 26.2.2013 ist für Genehmigungen stationärer ärztlicher Zwangsmaßnahmen ebenfalls stets eine Verfahrenspflegerbestellung nötig, § 312 S. 3 FamFG. 2014 wurden 137.114 mal Verfahrenspfleger in Betreuungs- und Unterbringungsverfahren bestellt (davon 88.414 mal Anwälte, 49.257 mal andere Personen).[1] Das heißt, dass zu rund 2/3 Anwälte als Verfahrenspfleger bestellt werden.
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Im Folgenden wird kurz auf die Vorgeschichte des § 276 FamFG (vor dem 1.9.2009 § 67 FGG) eingegangen. Wichtige Zielsetzung des Reformgesetzgebers des BtG war es, die Rechtsstellung der Betroffenen im Betreuungsverfahren zu verbessern und modernen, grundgesetzlichen Anforderungen anzupassen. Dem Betroffenen sollte nach dem Willen des Reformgesetzgebers ein faires Verfahren garantiert werden, um ihn nicht, wie nach altem Recht, zum bloßen Verfahrensobjekt zu machen.[2]
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