III. Freiwilligkeit des Abschlusses
Der Abschluss einer Dienstvereinbarung setzt schließlich voraus, dass sich die Dienststellenpartner über einen bestimmten Inhalt einig werden. Bei den kirchlichen Dienstvereinbarungen handelt es sich im Regelfall immer um sogenannte freiwillige Dienstvereinbarungen. Das Mitarbeitervertretungsrecht hält weder für die Mitarbeitervertretung noch für die Dienststellenleitung eine Möglichkeit bereit, den Abschluss einer Dienstvereinbarung zu erzwingen.248 Wird das Kirchengericht wegen des Abschlusses einer Dienstvereinbarung angerufen, so kann es gemäß § 60 Abs. 3 MVG-EKD den Dienststellenpartnern nur einen Vermittlungsvorschlag unterbreiten;249 Mitarbeitervertretung und Dienststellenleitung können sich insoweit nur im Voraus darauf einigen, dass sie den Vermittlungsvorschlag für sich als bindend auffassen und ihn im Anschluss durch eine Dienstvereinbarung umsetzen.250
Das Kirchengericht hat selbst in den mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten der §§ 39 f. MVG-EKD nicht die Befugnis, einem (vermittelnden) Regelungsvorschlag der Mitarbeitervertretung oder der Dienststellenleitung stattzugeben. Es ist vielmehr in den mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten gemäß § 60 Abs. 6 MVG-EKD darauf beschränkt, die von der Dienststellenleitung beantragte Zustimmungsersetzung vorzunehmen oder den Ersetzungsantrag abzuweisen. Aus § 60 Abs. 6 S. 2 MVG-EKD, wonach sich die Entscheidung der Kirchengerichte im Rahmen der geltenden Rechtsvorschriften und im Rahmen der Anträge von Mitarbeitervertretung und Dienststellenleitung halten muss, lässt sich nichts Gegenteiliges ableiten. Insbesondere kann die Befugnis des Kirchengerichts nicht durch einen Antrag ausgeweitet werden, mit dem die Mitarbeitervertretung oder die Dienststellenleitung den Erlass einer vermittelnden Regelung begehrt; ein solcher Antrag kann im Verfahren nach §§ 38 Abs. 4, 60 Abs. 6 MVG-EKD nicht gestellt werden und müsste als unzulässig abgewiesen werden.
Gemäß § 36a MVG-EKD können die Mitarbeitervertretung und die Dienststellenleitung allerdings in einer freiwilligen Dienstvereinbarung die Einrichtung einer Einigungsstelle vereinbaren, die für Regelungsstreitigkeiten der Dienststellenpartner in den organisatorischen und sozialen Angelegenheiten des § 40 MVG-EKD zuständig ist. Wurde eine solche Einigungsstelle gebildet, so ersetzt ihr Spruch gemäß § 36a Abs. 2 S. 2 MVG-EKD ausnahmsweise die Einigung von Dienststellenleitung und Mitarbeitervertretung. Nur in diesem äußerst begrenzten Umfang kann ein Dienststellenpartner die Regelung einer mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit erzwingen.
C. Geltungsbereich der Dienstvereinbarung
Der kirchliche Gesetzgeber hat den potentiellen Geltungsbereich für das mitarbeitervertretungsrechtliche Rechtsinstitut der Dienstvereinbarung nicht explizit festgelegt. Grundsätzlich steht es den Dienstvereinbarungsparteien daher frei, den Geltungsbereich ihrer Vereinbarung selbst zu bestimmen. Aufgrund dessen ist der Geltungsbereich einer Dienstvereinbarung vom Rechtsanwender stets zunächst im Wege der Auslegung zu ermitteln. Die Dienstvereinbarungsparteien unterliegen jedoch bei der Festlegung des Geltungsbereichs gewissen äußeren Beschränkungen. So kann der Geltungsbereich eines mitarbeitervertretungsrechtlichen Rechtsinstituts nicht weiter reichen als der Geltungsbereich des Mitarbeitervertretungsgesetzes.
Der räumliche Geltungsbereich einer Dienstvereinbarung ist deshalb durch die begrenzte räumliche Zuständigkeit der Mitarbeitervertretung begrenzt; die Mitarbeitervertretung kann gemeinsam mit der Dienststellenleitung eine Dienstvereinbarung nur für diejenige Dienststelle abschließen, für die sie gewählt wurde.251 Die Dienstvereinbarungsparteien können allerdings beim Vorliegen sachlicher Gründe den räumlichen Geltungsbereich auf bestimmte Dienststellenteile beschränken.252
Als Adressaten einer Dienstvereinbarung kommen nur diejenigen Mitarbeiter einer Dienststelle in Betracht, für die das Mitarbeitervertretungsgesetz gemäß § 2 MVG-EKD einen Geltungsanspruch erhebt.253 Die Begrenzung des persönlichen Geltungsbereichs auf bestimmte Teile der Mitarbeiterschaft ist den Dienststellenpartnern erlaubt, soweit ein entsprechender sachlicher Grund die Einschränkung rechtfertigen kann.254
Den zeitlichen Geltungsbereich einer Dienstvereinbarung können die Dienststellenpartner festlegen.255 Ihnen ist es daher grundsätzlich auch möglich, eine Dienstvereinbarung rückwirkend in Kraft setzen. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass eine rückwirkende Regelung zulasten der Mitarbeiter jedenfalls aus Gründen des Vertrauensschutzes nur in engen Grenzen möglich ist.256 Wird das Ende des Geltungszeitraums einer Dienstvereinbarung erreicht, so entfallen auch die durch § 36 Abs. 3 MVG-EKD vorgesehen Rechtswirkungen. § 36 Abs. 4 MVG-EKD stellt zudem ergänzend klar, dass eine Nachwirkung der Dienstvereinbarung nur in Betracht kommen soll, wenn eine solche zuvor von den Dienstvereinbarungsparteien vereinbart wurde.257
D. Beendigung der Dienstvereinbarung
Für die Dienstvereinbarung kommen verschiedene Beendigungstatbestände in Betracht. Zunächst lässt sich an die Erwägungen über den zeitlichen Geltungsbereich der Dienstvereinbarung anknüpfen. So können die Dienststellenpartner eine Dienstvereinbarung zeitlich befristen.258 Fehlt es an einer Befristungsvereinbarung, so kann die Dienstvereinbarung auch einseitig durch eine Kündigung beendet werden.259 Für die ordentliche Kündigung sieht § 36 Abs. 5 MVG-EKD eine Frist von drei Monaten zum Ende eines Monats vor, soweit nichts anderes vereinbart ist. Einen Kündigungsgrund bedarf es für die ordentliche Kündigung nicht.260 Daneben bleibt eine außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund nach den allgemeinen Regeln (vgl. § 314 BGB261) möglich.262 Die Kündigungserklärung ist an keine bestimmte Form gebunden.263
Als ein weiterer Beendigungstatbestand kommt der Bedingungseintritt bei einer Zweckbefristung in Betracht;264 schließen die Dienststellenpartner beispielsweise eine Dienstvereinbarung ab, um hiermit die ihnen durch eine Arbeitsrechtsregelung eröffneten Regelungskompetenzen wahrzunehmen, so kann der Wegfall der Öffnungsklausel auch die Beendigung der Dienstvereinbarung mit sich bringen.265
Den Dienstvereinbarungsparteien steht es schließlich frei, eine frühere Dienstvereinbarung durch eine entsprechende Vereinbarung aufzuheben.266 Eine solche Aufhebung muss nicht ausdrücklich, sondern kann auch konkludent vereinbart werden. Wird daher über denselben Regelungsgegenstand eine neue Dienstvereinbarung abgeschlossen, so endet die ältere Dienstvereinbarung (Ablöseprinzip);